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Sind wir nun gluecklich

Sind wir nun gluecklich

Titel: Sind wir nun gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bai Yansong
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gut wie nie gezeigt. Die beiden Ersteren habe ich zuerst auf Video und DVD gesehen, Letzteren immerhin auf einer kleineren Kinoleinwand.
    Jiang Wen trug sich schon länger mit dem Gedanken, diesen Film zu machen; als er noch mit Zhou Xiaowen in Zhuzhou, Provinz Hebei, den Film »Der Schatten des Kaisers« drehte, erzählte er mir in einem Interview von seiner Idee zu diesem Film.
    Kurz darauf begann Jiang Wen mit den Dreharbeiten. Sein Büro lag gleich neben der Verbotenen Stadt, er sah auf rote Mauern und alte Bäume, die einem das Gefühl gaben, die Welt außerhalb dieser Mauern sei nicht real. Auf der Suche nach der passenden Filmmusik wandte er sich noch einmal an mich, und er schien meine Vorschläge sehr ernst zu nehmen.
    Bei der Preview erlebte ich dann einen wahren Schock. Nachdem der Film fertig geschnitten war, wurde ich zu der Vorabvorführung eingeladen. Ich nehme an, Jiang Wen wollte die Wirkung seines Films erst einmal im kleineren Kreis testen. Die Vorführung fand in einem Gästehaus statt, das in einem großen Hutong im Osten der Stadt lag. Ich kam fünf Minuten zu spät; Jiang Wen erwartete mich schon im Hof und schob mich wortlos in den Vorführsaal.
    Das Bemerkenswerte an diesem atemberaubenden Film waren die tiefgreifenden Überlegungen zum Charakter des chinesischen Volks, die der normalerweise sehr wortkarge Jiang Wen über eine besondere Sprache transportierte, die weder aus Predigten noch aus Parolenschreierei bestand. Selbst aus jedem Lachen hörte man sie heraus.
    Als die Vorführung zu Ende war und die Leute ihrer Wege gingen, blieb ich allein mit Jiang Wen im Saal zurück. Ich wollte gerade etwas sagen, als er mich davon abhielt, den Knopf des Vorführgeräts drückte und mich die ersten fünf Minuten des Films, die ich verpasst hatte, noch einmal sehen ließ. Das war typisch Jiang Wen. Als sein Film »In der Hitze der Sonne« von der Zensurbehörde begutachtet wurde, so heißt es, sei Jiang Wen so nervös gewesen, dass er, während man oben den Film ansah, unten im großen Hof herumgerannt sei und eine Runde nach der anderen gedreht habe. Irgendein Schlaumeier fügte noch hinzu, Jiang Wen habe dabei in der Hand eine Axt gehalten. Sein Eifer und sein Perfektionismus sind jedenfalls unübersehbar. Diese ersten fünf Minuten für mich zu wiederholen waren nur ein weiteres Beispiel dafür.
    Ich hätte nur zu gern gewusst, was er wohl mit der Axt gemacht hätte, wenn »In der Hitze der Sonne« das gleiche Schicksal widerfahren wäre wie »Der Teufel auf deiner Türschwelle«.
    Die ersten fünf Minuten Film waren vorbei, das Licht ging an, und Jiang Wen sah mich mit gespannter Miene an.
    Ich weiß nicht mehr, was ich dann sagte. Wahrscheinlich habe ich nichts Großartiges gesagt; nicht alles, was einem auf Anhieb gefällt, lässt sich gleich in Worte fassen. Woran ich mich aber gut erinnere, sind die ununterbrochenen Albträume, in denen mich in der darauffolgenden Nacht Szenen aus »Der Teufel auf deiner Türschwelle« heimsuchten. Es ging darin nun einmal um Chinesen, und so war auch ich Teil dieses Films.
    Einige Jahre später traf ich wiederum auf Jiang Wen, der gerade »In der Hitze der Sonne« fertiggestellt hatte, und ich fragte ihn, was er als Nächstes plane. Er lächelte und sagte leise: »Einen Kommerzfilm.«
    Nun gut, selbst das würde ein typischer Jiang-Wen-Kommerzfilm werden. Selbst wenn Jiang Wen nach »Der Teufel auf der Türschwelle« nur noch Kommerzfilme gedreht hätte, hätte ihn vermutlich nie jemand einen kommerziellen Filmemacher genannt.
    Ob er je zur Ruhe kommen wird?
    »Der achte Tag«
    »Der achte Tag« ist ein weniger bekannter französischer Spielfilm, für mich aber ist es ein außergewöhnlicher Film, und ich fürchte, es gibt wohl keinen, den ich außer Ang Lees »Eat Drink Man Woman« so oft gesehen habe wie »Der achte Tag«. Zumeist habe ich ihn mir später mit Freunden oder der Familie angesehen, denen ich den Film wärmstens empfohlen hatte, und war jedes Mal aufs Neue davon bewegt.
    Die Geschichte ist denkbar einfach: Ein Angestellter mittleren Alters in einer Großstadt gerät in eine umfassende Lebenskrise, Druck in der Arbeit, Scheidung, Depression. Kurz vor dem Kollaps bricht er eines Tages aus seinem Leben aus und begegnet dabei zufällig einem geistig behinderten jungen Mann. Dieser junge Mann ist einfach gestrickt und ehrlich, hat meist ein Lächeln auf dem Gesicht, vermisst seine Mama, verkörpert all die schlichten Gefühle, die das Leben

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