Sinnliche Maskerade
Er legte eine Hand unter ihren Ellbogen und drängte sie aus der Taverne hinaus in den lärmenden Schankraum und weiter hinaus auf die ebenso lärmende Piazza an den Kolonnaden vorbei in die Russell Street, wo mehrere Droschken warteten. »Berkeley Square«, rief er zum Kutscher hinauf, während er Alexandra ins Gefährt half.
Perry kletterte nach ihr hinein, machte es sich auf dem Sitz ihr gegenüber bequem und musterte sie mit ernster Miene.
»Ich möchte, dass Sie sich in einer Sache einverstanden erklären, Alexandra.«
Ein ahnungsvoller Schauder kroch ihr über den Rücken.
»Womit?«
»Damit, dass Sie mir keine Lügen mehr auftischen. Denn damit tun Sie weder sich noch mir einen Gefallen. Ich weiß ganz genau, wann Sie lügen. Die Mühe können Sie sich also sparen. Ihre Lügen machen mich furchtbar wütend. Und Wut kann ich nun mal nicht ausstehen. Es ist eine ermüdende und verschwendete Empfindung.«
Gegen das flackernde Licht der Fackeln draußen auf der Straße schloss Alex einen Moment lang die Augen.
»Ich darf Ihnen die Wahrheit nicht sagen«, wehrte sie ab. Selbst in ihren eigenen Ohren klang ihre Stimme wie aus weiter Ferne. »Wenn Sie mich drängen, kann ich Sie nicht Wiedersehen.«
»Und das möchten Sie aber?« Reglos und anscheinend bequem lehnte er sich in den Sitz.
»Ja«, bestätigte sie sanft. In ihrem gegenwärtigen Zustand hätte sie noch nicht einmal lügen können, wenn man ihr erklärt hätte, dass der Henker auf dem Tower Hill auf sie warten würde, falls sie es nicht tat.
Langsam verzog Peregrine die Lippen zu einem Lächeln. Der grimmige Zug um seinen Mund verflüchtigte sich.
»Gut«, sagte er sanft, »weil ich Sie ganz gewiss auch Wiedersehen möchte, Alexandra.« Er lehnte sich vor, ergriff ihre Arme und zog sie zu sich hinüber. Dann pochte er mit der geballten Faust an das Dach der Droschke. Der Kutscher ließ die Pferde langsamer gehen und lehnte sich hinunter, während Perry den Kopf zum Fenster hinausstreckte.
»Bringen Sie uns zur Stratton Street«, befahl er.
»Stratton Street?«, rief Alexandra aus, als der Wagen wieder Fahrt aufnahm. »Wo ist das? Und was gibt es da?«
»Mein Haus«, erwiderte er, »wir fahren an einen Ort, an dem wir uns vollkommen zurückziehen und vielleicht ein paar Regeln für die nächste Stufe unseres Spiels aufstellen können.«
»Aber ich möchte nach Hause.« Rasch schlüpfte sie zurück an ihren früheren Platz.
»Und wo ist Zuhause?«
»Berkeley Square«, sagte sie im Brustton der Überzeugung eines Menschen, der nichts als die Wahrheit sagte. Und vor gar nicht langer Zeit war es ja tatsächlich auch die Wahrheit gewesen.
»Nun, das mag sein. Aber jetzt fahren wir zu mir nach Hause. Dorthin, wo ich garantieren kann, dass wir nicht gestört werden. Wenn wir geredet haben, bringe ich Sie nach Hause.«
»Das heißt, dass Sie mich entführen?«, hakte sie nach.
»Machen Sie sich nicht lächerlich.«
»Niemand würde mich lächerlich finden.«
»Jeder, der Sie kennt, würde mir zustimmen«, entgegnete er, »und niemand, der noch bei Verstand ist, würde Ihnen etwas aufzwingen, Mistress Alexandra. Glauben Sie mir, ich bin noch bei Verstand.«
Dagegen war Alex machtlos. Sie spürte, wie ihr Mund sich verzog und ein kleines Gelächter sich in ihrer Brust formte. Ihre frühere Müdigkeit hatte sich verflüchtigt. Mistress Player war also dabei, mitten in der Nacht ohne Anstandsdame zu einem alleinstehenden Gentleman zu fahren - aber was machte das schon? In der wirklichen Welt existierte diese Mistress schließlich gar nicht. Ein Schauder der Erregung durchfuhr sie, und sie spürte, wie ihr Herz ein wenig schneller klopfte.
»Stratton Street, Euer Ehren«, rief der Kutscher zu ihnen hinunter, als er in eine ruhige Straße einbog.
Perry sprang nach unten und reichte dem Kutscher eine Münze hinauf, bevor er Alexandra auf die Straße half. Neugierig schaute sie sich um. In den meisten vorderen Fenstern der Häuser standen keine Lampen, aber das Sternenlicht war hell genug, um zusammen mit den gepflegten Fensterbänken die polierten Stufen, die glänzenden Messinggeländer und Türklopfer zu registrieren. Eindeutig handelte es sich um eine wohlhabende Straße — aber was hätte sie von ihrem Begleiter, der einen Schlüssel in das Schloss einer der ihr nicht bekannten Türen fummelte, auch erwarten sollen?
»Treten Sie ein, Mistress Player.« Er hielt ihr die Tür auf, legte den Arm um sie und drängte sie ins Innere.
Sie trat in
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