Sinnliche Traeume auf Kyrene
ein.
Er trug einen Morgenrock aus schwarz-rot gemustertem Brokat, und seine Beine und Füße waren nackt.
Sie selbst war auch nicht gerade förmlich gekleidet. Über ihrem Nachthemd trug sie ein Umschlagtuch aus weißem Satin, und das Haar fiel ihr in wirren Locken den Rücken hinab.
Was noch schlimmer war, sie hatte sich leger mit untergeschlagenen Beinen in die Ecke eines Ledersofas gekauert.
Ihr Haar schien Thorne am meisten zu faszinieren, denn er betrachtete es ziemlich lange. Als sich endlich ihre Blicke trafen, spürte Diana, wie es ihr wieder einmal heiß und kalt den Rücken hinunterlief.
Hastig setzte sie sich auf und zog das Tuch enger um sich.
All ihre Sinne waren aufs Höchste angespannt, als Thorne jetzt auf sie zukam und vor ihr stehen blieb. Erst als er auf die Skizze in ihrer Hand blickte, erkannte sie, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Sie hätte den Skizzenblock zuklappen müssen. Seine Augen funkelten nur so vor Neugier, als er bemerkte,
dass sie ihn gezeichnet hatte.
Ohne lange auf Erlaubnis zu warten, setzte er sich neben sie auf die Couch und griff nach dem Skizzenbuch. „Darf ich?“ Einen Augenblick lang umklammerte Diana den Block und wollte ihn nicht hergeben. Er enthielt den Beweis dafür, wie sehr sie von diesem Mann behext war. Doch sie hatte es wirklich nicht nötig, etwas zu verbergen. Schließlich war sie Künstlerin. Und Künstler suchten sich immer solch faszinierende Modelle aus wie Viscount Thorne.
Trotzdem wurde sie puterrot, als sie zögernd den Block losließ.
Lange Zeit betrachtete er schweigend die Skizze. „Unglaublich“, murmelte er endlich, und er schien es ernst zu meinen.
Diana wusste, dass es eine ihrer guten Arbeiten war. Es war, als wäre Thorne auf dem Papier zum Leben erwacht. Nicht nur sein Gesicht, sondern jede Linie seines Körpers drückte Erregung aus. Jede Faser ein Mann, bereit für Abenteuer und Gefahren.
„Sie behaupteten ja, Sie hätten einiges Geschick im Malen“, fügte Thorne hinzu. „Doch ich hätte nicht gedacht, dass Sie solch ein Talent besitzen.“
Sein Lob freute Diana, wenn sie auch versuchte, ihr Können herunterzuspielen. „Glücklicherweise habe ich ein natürliches Talent, jemanden so zu zeichnen, dass man ihn wiedererkennen kann.“
Er blickte von der Skizze auf und sah sie an. „Meine Liebe, Sie sind viel zu bescheiden. Sie sagten, dass Sie ebenfalls gerne Landschaften malen. Sind die genauso gut wie das hier?“ „Vielleicht ein wenig besser“, gab Diana zu. „Ich finde, Landschaften zu malen ist befriedigender als Menschen zu malen. Trotzdem werde ich mich mehr auf Porträts konzentrieren. Ihr Wert wird höher geschätzt. Die Royal Academy bestimmt die Geschmacksrichtung in der Kunst und hält leider an einer starren Hierarchie fest, in der die Landschaftsmalerei nicht weit oben angesiedelt ist.“
„Oh?“ Er sah sie voller Interesse an.
„Historische Themen stehen ganz oben, als Nächstes folgen Porträts, dann Landschaften und zum Schluss Genremalerei -Schilderungen des häuslichen Lebens.“
„Folglich möchten Sie Porträts malen.“
„Ja“, erwiderte sie leise.
„Dass Sie gezwungen sind, Ihre große Begabung zu unterdrücken, nur weil Sie eine Frau sind, muss sehr enttäuschend für Sie sein.“
„Da Sie ein Mann sind, werden Sie es sich kaum vorstellen können. Einer Frau werden so viele Beschränkungen auferlegt, dass es nicht leicht ist, Anerkennung zu fordern, geschweige denn Respekt.“
Thome lächelte verständnisvoll. „Ich denke, ich kann Ihre Enttäuschung schon nachempfinden. Seit ich auf der Welt bin, wehre ich mich gegen die Zwänge der Gesellschaft.“
Seine Worte zauberten ein Lächeln auf Dianas Gesicht. „Das bezweifle ich nicht.“
Er wandte sein Interesse wieder ihrem Skizzenbuch zu und blätterte eine Seite zurück. Lange betrachtete er die Zeichnung, die ihn zeigte, wie er in der heißen Quelle badete. Das Wasser bedeckte seinen Körper zwar bis zur Taille, doch sein Oberkörper war nackt. In seinem Blick lag etwas Verlockendes, Sündiges. Er war tollkühn und besaß sehr viel Charme.
„Ich fühle mich sehr geschmeichelt“. Seiner Stimme war die Zufriedenheit mit seinem Abbild anzuhören.
Diana fühlte, dass ihr die Wangen brannten, doch sie bemühte sich um einen lässigen Tonfall. „Das müssen Sie nicht. Wer ein erfolgreicher Porträtist sein will, tut gut daran, seinem Modell zu schmeicheln. Meint jedenfalls Sir Thomas Lawrence, der für ein
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