Sintflut
sich an Jan-Kasimirs Schwanz halten und ihn anflehen, daß er gnädigst geruhe, uns wieder in seinen Dienst zu nehmen; man müßte Sapieha bitten, ein gutes Wort für uns einzulegen!« Janusz' Gesicht wurde blaurot.
»Schon jetzt schreibt er in dem Tone eines Monarchen an seinen Untertan!«
»Er würde anders schreiben, wenn vor seinen Augen sechstausend Säbel erglänzten!«
»Aber –,« und Fürst Janusz hing seinen Gedanken nach. –
»Was aber?«
»Vielleicht könnte man das Vaterland retten, wenn man Sapiehas Rat befolgte?«
»Und dich? Und mich? Und die Radziwills?«
Janusz verbarg sein Gesicht in den Händen.
»Es sei so!« sagte er nach einigen Minuten. »Morgen breche ich nach Podlachien auf, und in einer Woche schon schlage ich auf Sapieha los.«
»Das ist echt radziwillisch gehandelt!« rief Boguslaw und reichte ihm die Hand, um sich zu verabschieden.
Die Lichter erloschen allmählich im Schlosse; nur in Alexandra Billewicz' Gemache war es noch hell. Sie allein schlief nicht. Knieend lag sie vor ihrem Bette und rang ihre Hände in tiefer Verzweiflung:
»Erbarme dich unser! – Erbarme dich unser!«
Zum ersten Male seit Kmicic' Abreise wollte und konnte sie nicht für ihn beten. – –
8. Kapitel.
Pan Kmicic entschloß sich, die Schutzbriefe Radziwills an die schwedischen Kommandanten nicht zu benutzen. Er rechnete damit, daß Boguslaw sicherlich nach allen Richtungen von Pilwiszki aus Boten gesandt hatte, die ihn ergreifen oder jedenfalls die Schweden warnen sollten. – Er schlug seinen Weg über Pultusk nach Warschau ein.
Das Grenzland war schon zum großen Teile von den Schweden besetzt, die jedoch nur die bedeutenderen Städte einnahmen, da sie nicht in die dichten, undurchdringlichen Wälder vorzudringen wagten. Diese Wälder waren von einem tapferen, bewaffneten Volksstamm bewohnt, der fast nie diese Wildnis verlassen hatte und völlig verwildert und unkultiviert war. Die Königin Maria-Luise hatte deshalb schon in Myszyniec Jesuiten ansässig gemacht, die nach Kräften auf die Sitten der Waldbevölkerung einwirken sollten.
Hinter diesen Wäldern lag eine verhältnismäßig dichtbevölkerte Gegend, in der große Bewegung herrschte. Die Straßen waren mit Wagen dicht besät: die Schlachta eilte in die nahen Städte, dem neuen Könige Treue zu schwören. Man hoffte sich dadurch vor Strafen, Verfolgungen oder Plünderungen zu bewahren. Denn auch hier fingen die Schweden wie in Groß-Polen an nach alter Manier zu verfahren. Sie beschuldigten nämlich wohlhabende Leute fälschlich, um ihnen irgend welche ihren Zwecken nützliche Strafen aufzuerlegen.
Pan Andreas, der aufmerksam den Unterhaltungen der Schlachtschitzen zuhörte, kam zu der Erkenntnis, daß sogar die intimsten Freunde sich fürchteten, aufrichtig miteinander zu reden. Man klagte zwar auch über die maßlosen Requisitionen, aber nicht ohne gleich darauf beruhigend hinzuzufügen: »Sobald der Krieg beendet ist, werden die Requisitionen aufhören, sobald der König das ganze Land erobert haben wird, wird er anfangen, sanft und väterlich zu regieren.«
Die Schlachta, die sich von ihrem Herrscher und Vaterlands lossagte, die noch unlängst den gütigen Jan-Kasimir einen Tyrannen nannte und ihn des Strebens zum Absolutismus beschuldigte, ging jetzt in ihrer Sucht nach Abwechselung sogar so weit, daß sie ohne jeden Widerstand den Feind als ihren Herrscher anerkannte, daß sie sogar nicht einmal murrte; befreite Karl-Gustav sie doch von der Herrschaft eines Tyrannen.
»Traurig, sehr traurig ist's, das ist wahr,« sprachen die Schlachtschitzen untereinander, »aber wir müssen stolz sein auf unseren neuen König. Er ist ein herrlicher Monarch und ein großer Feldherr. Er wird den Kosaken die Zähne weisen, die Türken schlagen, die Russen von den Grenzen vertreiben, und das ganze Land wird unter seinem Schütze aufblühen.«
»Ob wir stolz sein können oder nicht, das bleibt sich ja alles gleich, es ist ja auch nichts dagegen zu machen. – Was könnten wir gegen eine solche Macht anfangen!« pflegte ein anderer zu erwidern. »Mit leeren Händen kann man nicht gegen Kanonen losgehen.«
In Przasnysz wurde Pan Andreas angehalten und vor den schwedischen Kommandanten geführt. Kmicic erzählte ihm, daß er aus dem Preußischen komme und alljährlich mit Pferden auf den Jahrmarkt nach Sobota fahre.
Der Kommandant besichtigte die Pferde und sagte: »Ich kaufe sie dir ab. Jedem anderen hätte ich sie einfach abgenommen, aber da du
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