Sisters of Misery
nicht das Recht, einfach hierherzukommen und mich und meine Kollegen so anzugreifen. Ich bin ein verdammt guter Polizist. Ich sorge jede Nacht dafür, dass unsere StraÃen sicher sind, und das letzte Mal, dass bei uns ein Verbrechen begangen wurde, ist schon ziemlich lange her. Und um ganz ehrlich zu sein, glauben eine Menge Leute hier, dass das Verschwinden deiner Cousine nicht mit einem Verbrechen in Zusammenhang steht, sondern dass sie einfach mit irgendeinem Typen durchgebrannt ist. Vielleicht hat sie sich auch schwängern lassen und sich so sehr dafür geschämt, dass sie einfach abgehauen ist.«
»Wie kannst du es wagen, so etwas zu sagen?«, schrie Maddie und kämpfte die Tränen zurück. »Sie ist meine Cousine, meine Familie. Sie ist ⦠sie war meine beste Freundin.«
»Manchmal weià man eben nicht alles über seine beste Freundin.«
»Aber ich kenne Cordelia - sie würde nie ⦠sie ⦠sie könnte nie â¦Â«
»Hey, Maddie, ich hab doch nicht gesagt, dass ich das glaube«, versuchte er einzulenken. »Ich sage nur, dass niemand weiÃ, was genau Cordelia zugestoÃen ist. Und weil man nie eine Leiche gefunden hat - und in einer Kleinstadt wie dieser kann man eine Leiche nicht einfach so unbemerkt verschwinden lassen -, glauben eben viele Leute, dass sie nie Opfer eines Verbrechens wurde.«
»Aber sie war ein Opfer von â¦Â« Maddie hielt plötzlich inne und kämpfte gegen den Drang an, ihm alles zu erzählen, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen, die sie dann von den Sisters of Misery zu befürchten hätte. Die Bilder aus ihrem Traum wurden plötzlich wieder lebendig. Cordelia, die auf Misery Island an den Baum festgebunden war. Der entsetzte Ausdruck in ihren Augen. Die unerträgliche Hilflosigkeit, die sie
bei ihrem Anblick empfunden hatte. Auf einmal hatte sie das Gefühl, sich jeden Moment über Officer Sullivans Schuhe übergeben zu müssen.
»Bei jugendlichen AusreiÃern gehen wir in der Regel nicht von einem Verbrechen aus, das solltest du eigentlich wissen, Maddie«, sagte er. »Wir haben auch gar nicht die Zeit und die Leute, um jeden Teenager, der aus einer Laune heraus von zu Hause abhaut, wieder in den Schoà der Familie zurückzuführen.«
»Sully«, erwiderte Maddie, die zwischenzeitlich ihre Fassung zurückgewonnen hatte, »wir alle wissen, dass Cordelia ein bisschen überdreht und wild war, aber so etwas hätte sie uns niemals angetan. Und genau deswegen kann ich auch nicht aufhören, nach ihr zu suchen. Weder jetzt noch sonst irgendwann. Und auch dann nicht, wenn ich noch eine Million Drohbriefe bekomme.«
»Tu, was du nicht lassen kannst, Maddie«, sagte er in einem leicht überheblichen Ton. »Aber an deiner Stelle würde ich versuchen, dabei nicht allzu vielen Leuten hier auf die FüÃe zu treten, wenn du verstehst, was ich meine. Schlafende Hunde sollte man nicht wecken. Und du willst doch bestimmt nicht noch mehr unerwünschte Aufmerksamkeit auf dich und deine Familie ziehen, oder?« Sullys Stimme hatte einen ernsten und formellen Ton angenommen.
»Was soll das sein, eine Warnung, falls ich weiterforsche?«, konterte Maddie.
»Nein, keine Warnung, aber versuch es doch mal so zu sehen: Das hier ist eine Kleinstadt, in der jeder jeden kennt. Wenn die Leute davon Wind bekommen, dass du in ihren eigenen Reihen nach einem Schuldigen suchst - wenn es in diesem Fall überhaupt einen Schuldigen gibt -, dann ⦠na ja, sagen wir mal so, dann wirst du wahrscheinlich mit mehr als nur mit Drohbriefen rechnen müssen.«
Maddie konnte sich nur mit Mühe einen entsprechenden Kommentar verbeiÃen. »Ich pass schon auf, dass ich niemandem auf die FüÃe trete, solange ich weiÃ, dass meine Familie und ich jederzeit die Hilfe der Polizei in Anspruch nehmen können.«
»Ich tue für euch, was ich kann. Wann immer du oder deine Familie euch bedroht fühlen, rufst du mich an, und ich werde sofort da sein, alles klar?«, plusterte er sich auf.
»Ich würde gern die Polizeiberichte zu diesem Fall einsehen, geht das?«
»Kein Problem. Obwohl ich nicht glaube, dass dir das irgendwie weiterhelfen wird.«
»Danke«, sagte Maddie und wandte sich zum Gehen. Kurz bevor sie an der Tür war, drehte sie sich noch einmal um. »Ach, Sully? Woher weiÃt du eigentlich, dass ich mit Reed segeln war?«
Er
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