Skagboys 01
sagt Renton mit einem Lächeln und kneift Tommy dabei unterm Tisch ins Knie. — Tut immer so auf unnahbar, wie es viele dieser knallbaren Weiber tun. Im Grunde is das aber nichts weiter als ein Schutzmechanismus, um nich von allen möglichen Typen angemacht zu werden. Wenn du aber erst ma mit ihr quatschst, is sie ganz in Ordnung.
Bis auf Begbie scheinen alle anderen mit dieser Erklärung leben zu können. — Kann sein, aber das bisschen Fluchen bei diesen versnobten Weibern is doch nix als Show. Die fluchen kein bisschen natürlich, so wie es normale Leute machen.
Er weiß nicht, wieso, aber plötzlich empfindet Renton in seinem Herzen eine große Zuneigung für Franco und wirft ihm ein anerkennendes Zwinkern zu. — Da haste nich ganz unrecht, Kumpel.
Begbie rekelt sich mit prahlerischer Visage und schnurrt fast vor Selbstzufriedenheit. Dann verändert sich sein Gesichtsausdruck mit einem Mal so drastisch, dass Renton Panik bekommt und denkt: Mist, hab ich wohl doch falsch eingeschätzt, was im Schädel dieses launischen Wichsers vorgeht!
Zu seiner Erleichterung bemerkt er aber schnell, dass Begbie an ihm vorbeistarrt und etwas oder jemanden hinter ihm fixiert. Renton dreht sich um und erblickt ein schlankes Mädchen mit einem dünnen, kantigen Körper. Sie hat spitz abstehende, an den Seiten kurz geschorene, mattbraun-blonde Haare und müsste so um die achtzehn Jahre alt sein. Sie ignoriert Lesley und geht direkt auf die Gruppe zu. Kurz vor dem Tisch bleibt sie stehen, die Arme vor ihrem schmalen Oberkörper verschränkt. Die Jungs aus der Gang mustern sie neugierig. Nur Begbie lehnt sich mit feindseligem Ausdruck im Gesicht zurück. — Na spuck schon aus, was du willst!
— Ich will reden, antwortet sie.
Renton findet, dass das Mädchen interessant aussieht. Eigentlich mehr mein Typ als Francos. Normalerweise mag er ja lieber Ladys mit etwas Fleisch auf den Knochen.
— Red, so viel du willst, spottet Begbie und zuckt gleichgültig mit den Schultern. — Is n freies Land!
— Nicht hier, erwidert sie und wirft den anderen einen giftigen Blick zu. Daraufhin glotzen alle wieder auf den Bildschirm. Nur Tommy schenkt dem Mädchen ein halbherziges Lächeln, schaut dann Begbie an und nickt mit dem Kopf in Richtung Tür. Franco denkt einen Moment über Tommys Vorschlag nach, steht dann auf und geht mit seinem Pint zu einem benachbarten Tisch rüber. Das Mädchen folgt ihm. Die anderen bemerken natürlich, dass er ihr keinen Drink spendiert, ja noch nicht mal fragt, ob sie etwas trinken möchte.
— Das sieht nich gut aus, brummt Tommy, während die Jukebox Rentons zweiten Song spielt: »White Lines« von Grandmaster Flash & Melle Mel.
— Weil ich weiß, dass es von dir ist!, hören alle plötzlich das Mädchen mit hoher Stimme kreischen, während Platini den Ball über die Latte semmelt. — Ach, hör doch auf. Du kannst mir viel erzählen!, erwidert Begbie. Dann lehnt er sich langsam zurück und sammelt sich. Es sieht aus, als würde er sich mittlerweile gut amüsieren. Der Rest der Gruppe hört gespannt zu.
— Es kann nur von dir sein!
Begbie denkt daran, wie sich ihre Kleidung in jener Nacht anfühlte, an die feinen Bewegungen, mit denen sie aus ihren Schuhen stieg. Daran, wie diese flüchtigen Erinnerungen in seinem Kopf die Bilder ihrer Nacktheit verdrängt hatten. In Klamotten hatte sie ihm gut gefallen. Obwohl es Sommer gewesen war, hatte sich die Luft draußen abgekühlt. Sie hätte sich eine Jacke anziehen sollen, denn unten im Hafen konnte es recht frisch werden. — Ich seh das so: Wenn du ohne Jacke rausgehst, obwohl draußen der Schnee rumfliegt, kannst du dir ne Erkältung holen, nich wahr?
Einen Moment lang starrt sie ihn ungläubig an. Dann keift sie los: — Was zum Teufel quatschst du da von Jacke und von Schnee?
Im Fernsehen fälscht Dominique Rocheteau einen Freistoß ab, der dann knapp am Pfosten vorbeisegelt. Renton wendet sich von der Mattscheibe ab und schaut zu Begbie und dem Mädchen rüber.
Get higher baby!, fordert Grandmaster Flash mittlerweile, und prompt wird Begbie lauter.
— Wenn du ohne Pille losgehst, obwohl draußen die Wichse rumfliegt, dann wirst du halt verdammt noch mal schwanger! Lesley, die so tut, als würde sie Biergläser abwaschen, schaut Renton an und zieht dabei die Augenbrauen hoch. Mickey Aitken wirft ein paar neugierig gewordenen Kneipengästen einen scharfen Blick zu, sodass sie sich zu dem anderen Fernseher umdrehen.
Das Mädchen glotzt weiter
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