Skagboys 01
hatte auch was zu sagen. Als Fiona in mein Leben trat, wurde mir klar, dass die meisten Mädchen, mit denen ich in Edinburgh ging, schweigsam, formlos und berechnend waren und ich mich durch meine Beziehung zu ihnen ähnlich verhielt. Zwischen Fiona und mir entwickelte sich jedoch nichts.
Ich hatte schon immer Schwierigkeiten damit zu erkennen, ob ein Mädchen auf mich steht oder nicht. Eine Zeit lang hatte ich das Gefühl, dass Fionas Freundin, Joanne Dunsmuir, aus meinem Literaturkurs im Vorjahr, scharf auf mich war. Mein Interesse war aber gleich null. Joanne war eine neunmalkluge Weedgie-Tante – das heißt, eigentlich nicht mal das, sie stammte nur irgendwo aus der Nähe von Glasgow. Im Gegensatz zu vielen Typen aus Edinburgh, für die Mädchen wie Joanne wegen ihres Wohnorts einfach nur Schlampen waren, hatte ich grundsätzlich nichts gegen Soapdodgers . Mein Vater war schließlich selber einer dieser seifen- und wasserscheuen Glasgower. Joanne hatte aber so eine kleinliche, dominante Art, die ich nicht abkonnte. Sie war eins von diesen Mädchen, die zur Uni gehen und sich dort einen Kerl angeln, um ihn bis in alle Ewigkeit herumkommandieren zu können.
Zu Hause war ich stets ein ziemlicher Nichtsnutz gewesen: leichtfertig, abgefuckt und immer auf der Suche nach irgendeiner Art Abenteuer. Oftmals breit wie nichts Gutes und unterwegs auf Diebestour oder Mädchenjagd. An der Uni war es genau andersrum. Warum auch nicht?! Für mich war das nur logisch. Warum sollte ich woanders hingehen und dort den gleichen Scheiß weitermachen, sprich: mich genauso verhalten wie zu Hause? Die Sache war ziemlich klar für mich: Ich war jung, wollte lernen, mich weiterentwickeln. Deshalb war ich an der Uni auch ein anderer Mensch und nahm die Sache verdammt ernst. Mehr noch, ich riss mir den Arsch auf und war äußerst diszipliniert. Dabei ging es mir nicht darum, im Mainstreamsinne voranzukommen oder so. Aus meiner Perspektive war ich nämlich schon ganz vorn dabei.
Einfach in der Literaturabteilung dieser hell erleuchteten Bibliothek zu sitzen, inmitten dieses Bücherozeans, das war das absolut Größte für mich. Nichts in der Welt konnte mir ein besseres Gefühl bescheren. Und so gab ich alles, studierte wie ein Besessener. Ich war nicht nach Aberdeen gekommen, um neue Leute kennenzulernen. Ganz im Gegenteil: Im ersten Studienjahr fuhr ich an den meisten Wochenenden zurück nach Edinburgh, um mich mit meinen Kumpels beim Fußball, auf Konzerten und in Clubs zu amüsieren oder mit meiner On-Off-Freundin Hazel abzuhängen. Irgendwann freundete ich mich trotzdem mit einem Typen aus Aberdeen an. Er hieß Paul Bisset, Spitzname Bisto, und war ein Working-Class-Typ aus dem Aberdeener Stadtteil Torry. Mit seiner kleinen, aber stämmigen Statur und seinen weißblonden Haaren wirkte er wie ein Bauer, war in Wirklichkeit aber durch und durch ein Stadtkind. Bisto hing mit einer rauflustigen Clique Aberdeener Jungs rum, wohnte zu Hause bei seiner Mutter und hatte, genau wie ich, bereits anständig gearbeitet. Uns verband die Tatsache, dass wir beide schon richtige Berufe gehabt hatten (er war Drucker gewesen) und daher wussten, wie scheiße Arbeit sein konnte. Ganz im Gegensatz zu diesen Schnöseln, die direkt aus der Schule oder von irgendeinem beschissenen College zur Uni kamen, wussten wir die Chance eines Hochschulstudiums wirklich zu schätzen.
Bisto und ich hatten schon seit einiger Zeit einen Trip nach Istanbul geplant. Ich war Feuer und Flamme, da ich schon immer reisen wollte. Zuvor war ich erst zweimal im Ausland gewesen: Einmal als Teenager mit den Jungs in Amsterdam, um Party zu machen, und das zweite Mal zu einem Familienurlaub in Spanien. Der war aber richtig genial gewesen: Nur Ma, Dad, Billy und ich waren hingefahren. Spasti Davie hatten wir bei Tante Alice einquartiert. Dad war happy, Ma hingegen sehr besorgt um ihren Jüngsten. Sie gab ein wahres Vermögen für Telefonanrufe in die Heimat aus. Ich genoss die ganze Nummer in vollen Zügen. Es waren die besten Ferien, die wir jemals hatten. Kein Freak, für den Billy und ich uns schämen mussten.
Als Fiona und Joanne von unserem Istanbul-Trip erfuhren, luden sie sich quasi selbst ein. Erst schien es nur ein Witz zu sein, dann wurde die Sache aber irgendwann ernst. Bisto und ich blieben trotzdem skeptisch. Selbst als wir Telefonnummern austauschten und konkrete Pläne mit den Girls zu schmieden begannen, sagten wir uns immer noch: »Ja, ja … wir glauben es erst,
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