Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
»Nicht nur stundenlang auf der Jagd gewesen, sondern auch noch angetrunken!« In ihren Augen stand ein Zwinkern, das ihm verriet, dass sie nicht wirklich verärgert war. Er lächelte ein langsames, träges Lächeln,
bei dem ihr ganz seltsam ums Herz wurde. »Vielleicht ein ganz klein wenig«, räumte er ein. »Wir hatten es nicht geplant, aber Marcus und ich haben uns, äh, sehr intensiv mit der Brandykaraffe im Arbeitszimmer beschäftigt.« Er küsste sie auf die Nasenspitze. »Deine Sorge rührt mich, meine Liebe, aber hier hast du deinen werten Gatten unversehrt zurück.«
Er sah müde und erschöpft aus, dabei aber auch teuflisch attraktiv mit seinem halb aufgeknöpften Hemd und seinem wirren schwarzen Haar. Bartschatten lagen auf seinen Wangen, und eine Sekunde lang fühlte sich Nell in den Moment zurückversetzt, als sie ihn zum ersten Mal erblickt hatte. Er hatte wie ein Bandit ausgesehen, wenn auch ein überaus anziehender, und so sah er auch jetzt aus - ein Bandit, den sie bewunderte. Zärtlich strich sie ihm mit einem Finger über die Wange, fragte: »Hast du etwas gegessen? Ich habe Dibble einen Imbiss für euch bereitstellen lassen.«
Julian führte sie zu einem Stuhl am Feuer, setzte sich und zog sie auf seinen Schoß. Nell schmiegte sich an ihn, und ihre dunkelblonden Locken kitzelten ihn am Kinn. »Danke, Madame Ehefrau«, sagte er, »das war sehr fürsorglich, aber wir hatten keinen Hunger. Der Brandy war voll und ganz ausreichend.«
Den Blick auf das Feuer gerichtet, seine Nähe genießend, fragte sie: »Julian, was war der wahre Grund, weswegen John Hunter dich geholt hat?« Sie schaute ihn an. »Und bitte versuche nicht, mich zu schonen, indem du nicht ganz bei der Wahrheit bleibst.«
Julian zögerte. Er wollte den Horror des Tages von seinem Heim fernhalten, besonders von ihr, aber ihre Worte machten das unmöglich. Mit ausdrucksloser Stimme sagte er: »Hunter hat den Leichnam der Frau gefunden, deren Ermordung du
in deinem Albtraum gesehen hast. Sie lag auf einer Lichtung am nördlichen Rand meines Landes.«
Nell fuhr auf. »Aber das kann nicht sein! Er lässt die Leiche nie irgendwo, wo sie gefunden werden könnte. Er wirft sie immer …« Sie brach ab, runzelte die Stirn. »Da ist ein Abflussloch in dem Kerker«, erklärte sie nach einer Weile, »und da hinein wirft er die Leichen.«
»Nun, bei ihr hat er das nicht getan«, erwiderte Julian. Müde fügte er hinzu: »Wenn es nicht zwei solche Monster gibt, die hier in der Nachbarschaft ihr Unwesen treiben, was ich nicht glauben kann.« Er schaute Nell in die Augen. »Es gibt keine Verwechslung - nicht nach dem, was du mir letzte Nacht erzählt hast. Sie war zerrissen, zerfetzt«, fuhr er fort, »und wie Unrat einfach irgendwohin geworfen. Ich kann es nicht beweisen, aber ich bin davon überzeugt, dass sie die Frau ist, deren Ermordung du gesehen hast.«
Nell senkte den Blick, ballte die Hände zu Fäusten. »Aber er hat nie …«
»Ich weiß, dass es dir schwer fällt, aber erinnere dich an den Traum gestern«, bat Julian behutsam. »Hast du wirklich gesehen, wie er den Leichnam in das Loch geworfen hat?«
»Die Träume enden immer auf dieselbe Art und Weise, nämlich damit, wie er die Leichen in das Loch versenkt«, erklärte sie geduldig. »Und letzte Nacht war es nicht and…« Sie hielt inne, einen verwunderten Ausdruck auf dem Gesicht. »Ich habe es ihn gestern Nacht nicht tun sehen«, gestand sie. Ihr Blick flog zu Julians Augen. »Was er letzte Nacht getan hat, war so beängstigend und furchtbar, dass ich vorher aufgewacht bin, ehe er …« Sie erschauerte. »Wenn die Frau, die ihr gefunden habt, das Opfer aus meinem Traum ist, warum hat er seine Gewohnheit auf einmal geändert? Er geht seinem entsetzlichen Geschäft seit Jahren im Geheimen
nach, weil nie Leichen gefunden werden. Warum hat er diese an eine Stelle gelegt, wo sie gefunden wird?«
Julians Arme schlossen sich fester um sie, und er zog sie zurück an seine Seite. Seine Lippen streiften ihr Haar, als er sagte: »Zweifle nicht daran, der Leichnam war tatsächlich das Opfer deines letzten Albtraums. Was seine Beweggründe angeht … vielleicht hat sich etwas geändert, und er wollte, dass sie gefunden wird.« Er runzelte die Stirn. »Es könnte auch sein, dass er Hunters Kenntnis des Landes unterschätzt hat und angenommen, dass die Stelle, die er gewählt hatte, nie gefunden würde, oder erst in Monaten. Oder, schlimmer noch, er wusste von Hunters Hingabe an seine
Weitere Kostenlose Bücher