Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
beide gleichzeitig zurück in den schützenden Schatten.
»Hast du ihn gesehen?«, erkundigte sich Charles flüsternd.
»Ja. Und ich habe ihn auch wiedererkannt - Cesar, der Anführer der Zigeuner von Beckworth.«
»Wie enttäuschend. Und ich dachte schon, ich würde ein übles Verbrechen aufdecken, dabei ist es nur ein diebischer Zigeuner.«
»Woher wusstest du, dass Cesar heute Nacht hier sein würde?«, fragte Julian scharf.
»Das wusste ich nicht. Ich habe das Haus in der vergangenen Woche nachts von der verfluchten Weißdornhecke dort drüben aus bewacht, und heute ist das erste Mal, dass ich überhaupt etwas gesehen habe.«
Julian schnitt eine Grimasse. »Wie es aussieht, ist keiner von uns beiden sonderlich gut darin - ich habe von dem Fliederbusch dort aus ebenfalls Wache gehalten, und zwar in etwa so lange wie du.«
»Oh, das würde ich so nicht sagen - wir waren gut genug, den anderen nicht auf uns aufmerksam zu machen.«
»Bis heute Nacht … was hat mich verraten?«
Charles zog an seinem Ohr. »Nichts. Ich habe einfach beschlossen, mir einen anderen Beobachtungsposten zu suchen und habe dich nur durch Zufall bemerkt. Und ich kann dir sagen, es hat mich ziemlich erschreckt.«
Julian fühlte sich etwas besser. Wenigstens hatten ihn seine alten Fähigkeiten nicht völlig im Stich gelassen.
»Und was machen wir jetzt?«
»Wir teilen uns auf«, antwortete Julian. »Einer von uns bewacht die Vorderseite, der andere die Rückseite.« Seine Stimme wurde grimmig. »Und wir ergreifen jeden, der das Haus verlässt.«
Ehe sie diesen Plan in die Tat umsetzen konnten, ließ der Anblick von Cesar, wie er wieder aus dem Haus kam, sie beide erstarren. Wie ein Paar Leoparden auf der Jagd gingen sie in die Hocke und schlichen durch das Unterholz, bis sie nah genug waren, um ihn zu packen. Beide stürzten sich
im selben Moment auf ihn, und ihr Opfer ging stöhnend zu Boden.
Nachdem sie ihn mit dem Tuch geknebelt und mit Charles’ Halstuch die Hände gefesselt hatten, zerrten sie ihn an die Stelle, wo sein Pferd angebunden war. Nachdem sie Cesar wie einen Sack Kartoffeln über den Rücken des Tieres geworfen hatten, führten sie es in Julians Ställe, denn der hatte zu Charles gesagt: »Wir brauchen einen Platz, wo wir ungestört sind, um reden zu können, und mir gefällt die Vorstellung nicht, den Kerl in meine Bibliothek zu führen. Onkel hin oder her!«
Nachdem sie in den Stallungen angekommen waren, schoben sie einen sich wehrenden Cesar in den Arbeitsraum mit dem Schreibtisch des Stallmeisters. Julian zündete rasch eine Kerze an, und Cesar konnte zum ersten Mal seine Angreifer sehen.
Julian zerrte ihm den Knebel vom Mund und erklärte: »Ich denke, Sie haben einiges zu erklären - Sie haben doch geschworen, dass ich nichts von Ihnen zu befürchten hätte.«
»Und das stimmt auch - es ist Ihnen vielleicht aufgefallen, dass ich nichts bei mir trug, das Ihnen gehörte, als ich aus dem Haus kam.«
»Was haben Sie denn dort überhaupt zu suchen gehabt?«, erkundigte sich Charles milde. »Einen Abendspaziergang unternommen, hm? Oder nachgesehen, was Sie meinem Cousin sonst noch stehlen könnten?«
»Wenn Sie mich losbinden wollen«, antwortete Cesar ruhig, »können wir das unter Umständen wie vernünftige Männer diskutieren.«
Charles schnaubte abfällig. »Als Nächstes, nehme ich an, schlagen Sie vor, dass wir zusammen ein Glas Wein trinken, was?«
»Ja, das wäre eine ausgezeichnete Idee.« Cesars Blick blieb an dem massiven Eichenschreibtisch hängen, der den Raum beherrschte. »Ich glaube, in der rechten unteren Ecke des Schreibtisches befindet sich eine Flasche mit wirklich ausgezeichnetem Brandy, und ein paar schöne Gläser sind auch dabei.«
Julian musste lachen. Cesar hatte etwas an sich, das ihn stark an Charles erinnerte. Unverfrorenheit? Ganz sicher. Laut sagte er aber nur: »Davon wissen Sie, ja? Ich frage mich, was sonst noch.«
Cesar grinste, und seine weißen Zähne leuchteten hell in seinem dunklen Gesicht. »Wenn Sie mich losbinden und mir ein Glas Brandy einschenken, verrate ich es Ihnen nur zu gerne.«
Julian sah zu Charles, Belustigung in seinem Blick. »An wen, frage ich mich«, bemerkte er zu niemandem im Besonderen, »erinnert mich der Kerl bloß?« Ohne auf eine Antwort zu warten, ging Julian zu Cesar und löste seine Fesseln.
Dann, nachdem er die Schreibtischschublade geöffnet hatte, nahm er den Brandy und drei elegante Schwenker heraus. Oft nach einem langen Tag im
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