Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
da mit Ihnen tun, da Sie es wagen, dasselbe über die Frau zu sagen, die ich heiraten will, hm?«
Nell konnte nicht denken. Er war zu nahe. Sie war sich seiner Hand unter ihrem Kinn zu deutlich bewusst, seiner breiten Schultern und seiner unverhohlenen Männlichkeit, um mehr zu tun, als ihn anzustarren; ihre Reaktion auf ihn war offenkundig.
Etwas in ihm zog sich krampfhaft zusammen, als er ihr ins Gesicht sah. Dem Drang nachgebend, den er verspürt hat-
te, seit sie sich in der Hütte des Zollwärters getroffen hatten, senkte er seine Lippen auf ihre. Ihr Mund war weich, und sie war überrascht, der Geschmack und die Beschaffenheit köstlicher, als er es sich ausgemalt hatte. Er hatte gewusst, dass es ihm gefallen würde, sie zu küssen, hatte gewusst, dass ihre Lippen süß sein würden und warm, aber er hätte sich nie das heftige, machtvolle Verlangen träumen lassen, das ihn überrollte, sobald sein Mund den ihren berührte.
Nell schnappte nach Luft und klammerte sich an seine Schultern, als er seine Lippen auf ihre drückte. Sein Mund war fest und bewegte sich erfahren über ihrem, die aufwühlenden Gefühle, die das in ihr weckte, waren anders als alles, was sie zuvor erlebt hatte. Ihr Blut raste durch die Adern, und Wärme durchströmte sie, ihr ganzer Körper antwortete auf die Liebkosung seiner Lippen wie eine Blütenknospe auf die Strahlen der Frühlingssonne. Unwillkürlich drängte sie sich näher, wollte den Kuss in die Länge ziehen.
Die Wirkung ihrer Nähe auf Julian war nicht minder dramatisch, aber während er nie zuvor so ein explosives Verlangen verspürt hatte, erkannte er die Zeichen … und die Gefahren. Wenn er die süße Versuchung nicht unverzüglich beendete - innerhalb von Minuten wäre ihr reizendes Kleid bis zur Taille hochgeschlagen und er befände sich zwischen ihren Schenkeln. Mit Mühe löste er seine Lippen von ihren und schob sie ein Stück von sich.
»Das«, sagte er mit belegter Stimme, »war es nicht, wozu uns Ihr Vater allein gelassen hat.«
Sich gegen den Schwindel wehrend, den sein Kuss in ihr bewirkt hatte, fragte sie mit bewundernswerter Beherrschung: »Warum hat er uns allein gelassen?«
»Um mir zu erlauben, formal um Ihre Hand anzuhalten.« Ein leises Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. »Wir dach-
ten beide, dass Sie vielleicht gerne einen richtigen Antrag bekämen.«
Ihr Unmut flutete zurück, und sie kehrte ihm den Rücken. »Mylord, Sie verschwenden Ihre Zeit. Ich werde aufrichtig sein: Ich möchte nicht heiraten - Sie nicht und auch keinen anderen. Und ein formaler Antrag wird nichts an meiner Einstellung ändern.«
Er drehte sie zu sich zurück, sodass sie ihn anschaute. »Sind Sie sich so sicher, dass Sie mich nicht heiraten möchten? Finden Sie mich so abstoßend?«
»Ich könnte eine Reihe von Herren aufzählen, die ich nicht abstoßend finde«, wich sie aus, »aber das heißt nicht, dass ich einen davon heiraten wollte.«
Julian schnitt eine Grimasse. Sich seines Wertes bewusst und daran gewöhnt, umworben und vom anderen Geschlecht gehätschelt zu werden, wusste er nicht, ob er von ihrer Weigerung, sich seinen Wünschen zu fügen, amüsiert sein sollte oder gekränkt. Eines wusste er jetzt: Er wollte sie, und ihre Ablehnung seiner Person weckte den Jäger in ihm. Dass sie ihm widerstand, war eine neuartige Erfahrung für ihn. Er konnte sich an keine Zeit erinnern, zu der eine Frau, wenn er Interesse zeigte, es deutlich gemacht hätte, dass seine Aufmerksamkeiten nicht erwünscht waren. Er lächelte, verspürte Vorfreude. Er wollte hart daran arbeiten, seine zögernde Braut zu umwerben … und er glaubte eigentlich, dass er es genießen würde … unheimlich sogar.
Kapitel 6
D ie Tage nach der Szene in der Bibliothek mit Julian verflogen erschreckend schnell. Die Nachricht von der Verlobung entfachte den von den Anslowes und dem Earl erwarteten Wirbel. In der Zeit vor der Hochzeit wurde Nell bei den wenigen gesellschaftlichen Anlässen, an denen sie teilnahm, angestarrt, man deutete mit dem Finger auf sie, die Braut des Earls of Wyndham. Gespräche verstummten, wenn sie den Raum betrat, und sie war sich des Flüsterns bewusst, das ihr folgte. Natürlich wusste sie, dass über die Gründe für die plötzliche Hochzeit spekuliert wurde, und sie wusste auch, dass der alte Klatsch über sie und Bethune wieder ausgegraben worden war. Mit jedem Moment, der verstrich, wurde Nell bewusster, warum der Earl so auf einer raschen Hochzeit beharrt hatte. Er
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