Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
wand sich wie ein wildes Tier, kratzte und trat, kämpfte verzweifelt darum, zu entkommen.
Sich bewusst, dass sie immer noch in dem Albtraum gefangen war, nahm er seine Hände von ihr, sagte laut, scharf: »Nell, wach auf! Du hast einen Albtraum. Wach auf!«
Seine Stimme drang durch den Nebel des Entsetzens, der sie einhüllte, und sie erstarrte. Sie blinzelte, ein Schauer durchlief sie, sie wurde wach. »Julian? Bist du das?«
Er verließ das Bett und trat ans Nachttischchen, wo er eine Kerze anzündete. Dann drehte er sich wieder um und setzte sich auf die Bettkante. »Geht es dir gut?«, fragte er leise, musterte ihre bleichen Züge, die Tränenspuren auf ihren Wangen, sah, dass sie immer noch Schauer erbeben ließen.
Mit jeder verstreichenden Sekunde immer wacher werdend, nickte Nell und rieb sich die Wangen. Sich zu einem Lächeln zwingend schaute sie ihn an. »Ja, jetzt schon.« Sich des herrlichen Männerkörpers nur wenige Zoll von ihr entfernt bewusst, wandte sie den Blick ab. »Ich habe Sie aufgeweckt«, sagte sie leise. »Das tut mir sehr leid.«
Julian zuckte die Achseln. »Das war aber ein ziemlich übler Albtraum - zuerst dachte ich, jemand versuchte mindestens, dich umzubringen.«
»Jemand ist gestorben«, antwortete sie mit belegter Stimme. »Es wird immer jemand umgebracht.«
»Was meinst du damit?«, erkundigte er sich mit finster zusammengezogenen Augenbrauen. »Immer? Hast du diese Albträume oft?«
Sie nickte, dann schüttelte sie den Kopf, erklärte: »Nein,
nicht wirklich. Allerdings in letzter Zeit häufiger, aber eine lange Zeit …« Sie starrte blicklos an ihm vorbei.
»Aber eine lange Zeit?«, wiederholte er, wartete.
Sie sah ihn wieder an, und der Atem stockte ihr angesichts seiner männlichen Schönheit. Sein dickes schwarzes Haar fiel ihm wirr in die Stirn, und das Kerzenlicht flackerte leicht, tauchte sein Gesicht in ein unstetes Spiel aus Licht und Schatten. Seine Wange verunzierte ein Kratzer, den sie ihm zugefügt hatte. Seine breiten Schultern und die langen elegant kräftigen Schenkel - sie war sich seiner Nähe überdeutlich bewusst, jedes Atemzugs, den er machte. Mühsam riss sie ihren Blick erneut von ihm los. Aber der Anblick seines Körpers, seines nackten Körpers, wollte sich nicht so einfach aus ihrem Kopf vertreiben lassen. Sie riskierte einen Blick auf seine Wange und murmelte: »Es tut mir leid, dass ich dich gekratzt habe. Das wollte ich nicht - ich dachte …« Sie schluckte. »Ich dachte, du seiest er.«
»Du hast mir nicht wehgetan - ich hab schon viel Schlimmeres erlitten, wenn ich vom Pferd gefallen bin.« Sie nickte, er spürte aber, dass sie in Gedanken weit weg war. Er berührte sie leicht an der Schulter; sie zuckte zusammen, sah ihn an. Er lächelte, aber in seinen grünen Augen stand Sorge. »Der Mann? In deinem Albtraum? Willst du mir davon erzählen?«
Sie biss sich auf die Lippe, schaute auf ihre fest verschränkten Finger. »Früher hatte ich sie nicht«, begann sie. »Aber nach dem Sturz über die Klippe, der mich verkrüppelte, seitdem habe ich sie.« Sie holte zitternd Luft. »Manchmal monatelang nicht, und dann … sie sind immer gleich …« Sie runzelte die Stirn. »Nun ja, im ersten wurde ein Mann ermordet … und nicht in dem Kerker, aber seitdem sind es immer Frauen und immer am selben Ort.«
»Dem Kerker?«, fragte Julian, beugte sich vor und betrachtete sie eindringlich.
Sie nickte. »Ich erkenne darin keinen Ort wieder, an dem ich schon einmal gewesen bin, sondern sehe ihn nur in den Träumen. Die Größe, die Farbe der Steine, die Ketten an der Wand, die Blutflecken …« Sie musste schlucken. »Der Mann, diese Bestie, die diesen armen Frauen wehtut, bleibt immer im Schatten. Aber es ist derselbe Mann, auch wenn ich nie sein Gesicht sehen kann; ich weiß einfach, dass es derselbe ist - es kann nicht zwei so entartete Monster auf der Welt geben.« Tränen liefen ihr über die Wange, und sie schluchzte erstickt. »Es ist unmenschlich, was er ihnen antut an diesem grässlichen Ort. Und egal wie sehr sie um Gnade flehen, weinen und betteln, er hört nicht auf.« Ihre Stimme bebte. »Er genießt es, ihnen wehzutun, liebt die Macht, die es ihm über sie verleiht.«
Sie weinte leise, und einzig aus dem Wunsch heraus, sie zu trösten, zog Julian sie in seine Arme. Er lehnte sich in die Kissen zurück, drückte sie an sich, sodass seine Lippen ihre Schläfe streiften. »Sch«, murmelte er. »Du bist in Sicherheit. Er kann dir nichts
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