Skeleton Key: Alex Riders Dritter Fall
sie wissen, wer er ist, bringen sie ihn um.« Sie fauchte die Wörter so anklagend, als sei das alles Alex’ Schuld oder als sei es eine besonders dumme Frage, die er niemals hätte stellen dürfen. Und vielleicht gab das bei Alex den Ausschlag. Bevor er selbst wusste, was er tat, war er aufgesprungen und lief los. Er war wütend. Er würde ihnen schon zeigen, dass er mehr war als das dumme Kind aus England, für das sie ihn offenbar hielten.
»Alex!«, schrie Troy hinter ihm her.
Er achtete nicht darauf. Er hatte bereits den Gehweg erreicht und raste auf die beiden Jugendlichen zu, die er vorhin beobachtet hatte und die noch immer in der Sonne saßen. Sie bemerkten nicht, dass er eines ihrer Skateboards schnappte und darauf sprang. Erst als er mit dem Board schnell über die Holzplanken des Stegs auf die Jacht zuschoss, brüllte einer der beiden Jungen hinter ihm her, aber es war schon zu spät.
Alex stand perfekt auf dem Board. Für ihn war alles gleich: Snowboards, Skateboards, Surfboards. Und dieses Skateboard war ein Superstück, ein Flexdex Downhill Racer mit ABEC-Hochleistungslagern und kryptonischen Rollen. Typisch Miami-Kids: Sie kauften nur das Beste vom Besten. Alex verlagerte leicht sein Gewicht, als ihm klar wurde, dass er weder Helm noch Knieschutz trug. Wenn er jetzt stürzte, würde er wohl einiges abgekommen. Aber das war nicht seine größte Sorge. Die Jacht entfernte sich schnell vom Kai. Gerade als Alex kurz zu dem Schiff hinüberblickte, glitt ihr Heck mit wirbelnden Schrauben am Ende des Kais vorbei. Das Schiff hatte endgültig abgelegt, hatte keine Verbindung mehr mit dem Land. Alex sah, dass der Namenszug am Heck, Mayfair Lady , bereits kleiner wurde, als sich die Jacht entfernte. In wenigen Sekunden würde sie außer Reichweite sein.
Alex fegte auf die Rampe, die die Männer beim Beladen der Jacht benutzt hatten. Er raste hinauf, benutzte sie als Sprungschanze, und plötzlich flog er durch die Luft, spürte, wie sich das Skateboard von seinen Füßen löste, hörte, wie es ins Wasser platschte. Er selbst wurde weiter hinausgeschleudert. Aber er schaffte es nicht! Die Jacht fuhr bereits zu schnell. Jetzt stürzte Alex in einem weitem Bogen, der aber das Heck um ein paar Zentimeter verfehlen würde. Er würde ins Wasser stürze n – und was dann? Die Schiffsschrauben! Sie würden ihn förmlich in Stücke hacken. In panischer Angst streckte Alex die Arme aus und tatsächlich berührten seine wild zappelnden Finger die Reling, die sich rund um das Heck des Schiffes zog. Sein Körper krachte gegen den eisernen Rumpf und seine Füße hingen knapp über den wild rotierenden Schiffsschrauben im Wasser.
Der Aufprall verschlug ihm den Atem. Jemand auf dem Schiff hatte sicherlich etwas gehört. Aber Alex machte sich darüber nicht lange Gedanken, er konnte nur hoffen, dass der Lärm der Turbinen seinen Aufprall übertönt hatte. Mit letzter Kraft zog er sich hoch und kletterte mühsam über die Reling. Und dann endlich sank er auf das Deck, nass bis zu den Knien; an seinem Körper gab es keine Stelle mehr, die nicht schmerzte. Aber er hatte es geschaff t – er war an Bord! Und wie durch ein Wunder hatte ihn noch niemand bemerkt.
Er kauerte neben der Reling und ließ den Blick umherschweifen. Das Hinterdeck war klein und halb umschlossen, wie ein Hufeisen. Vor Alex befand sich die Salonkabine, die ein einziges großes Fenster nach hinten hatte und, ein Stück entfernt, eine Tür an der Seite. Auf dem Hinterdeck hatte man Proviantkisten gestapelt und mit einer Persenning zugdeckt. Daneben standen zwei große Kanister. Alex schraubte einen davon auf und roch daran: Benzin. Der Händler hatte offenbar vor, eine ganze Weile auf See zu bleiben.
Das gesamte Deck wurde sowohl auf der Backbord- als auch auf der Steuerbordseite von Sonnendächern beschattet, die an den Längsseiten der Salonkabine angebracht waren. Über Alex’ Kopf hing ein Rettungsboot aus Holz an zwei Kranarmen. Alex lehnte sich gegen die Reling. Er wusste nun, dass er hier relativ sicher war, jedenfalls solange niemand auf das Hinterdeck kam. Wie groß mochte wohl die Crew der Jacht sein? Der Kapitän stand vermutlich im Augenblick am Ruder, und vielleicht hatte er noch jemand bei sich. Alex warf einen Blick auf die Brücke und sah ein Paar Füße, die eben das Dach der Salonkabine überquerten. Das machte schon mal drei Personen. Angenommen, es befanden sich noch zwei oder drei Personen im Innern der Jacht, dann mussten insgesamt
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