Skeleton Key: Alex Riders Dritter Fall
blätterte in einem Magazin, Turner hatte ein Filmdrehbuch vor sich. Angeblich war er Filmproduzent. Während des Flugs hatte er immer wieder Anmerkungen an den Rand des Skripts gekritzelt, für den Fall, dass jemand zufällig in seine Richtung blickte. Alex spielte auf einem Gameboy Advance. Das Gerät kam ihm sehr seltsam vor, denn Turner hatte es ihm erst kurz vor dem Abflug im Flughafen von Miami geschenkt, ganz beiläufig, während sie vor dem Gate warteten.
»Hier, Alex, das schenke ich dir. Damit es dir im Flugzeug nicht langweilig wird.«
Alex misstraute der Sache. Der Gameboy, den er bei einem seiner früheren Einsätze bekommen hatte, war mit speziellen »Programmen« ausgestattet gewesen, die Smithers erfunden hatte. Doch dieser hier schien völlig normal zu sein. Alex hatte darauf »Rayman« bis zum fünften Level gespielt und war noch nicht explodiert.
Er warf einen Blick aus dem Fenster. Das Flugzeug befand sich jetzt seit ungefähr einer Stunde in der Luft. Sie waren zuerst von Miami nach Kingston, Jamaika, geflogen und hatten dort den Anschlussflug nach Santiago genommen. Man hatte ihnen Snacks serviert, weil die Passagiere bei den Flügen immer Snacks erwarten, obwohl sie ihnen gewöhnlich nicht schmecken: ein fades Sandwich mit einer gummiartigen Käsescheibe, einen kleinen, quadratischen Kuchen und einen Plastikbecher Wasser. Jetzt sammelten die Stewardessen hastig die Tabletts ein.
»Meine Damen und Herren«, ertönte eine männliche Stimme über die Lautsprecher, »bitte schließen Sie die Sitzgurte und stellen Sie Ihre Sitze aufrecht. Wir beginnen mit dem Landeanflug.«
Wieder blickte Alex aus dem Fenster. Das Meer leuchtete unter ihm in einem ganz ungewöhnlichen Türkis; es sah überhaupt nicht wie Wasser aus. Das Flugzeug legte sich in eine steile Kurve und plötzlich sah er unter sich die Insel. Beide Inseln. Kuba lag weiter im Norden, dann kam auch schon die Skelettinsel ins Blickfeld. Der Himmel war absolut wolkenlos und einen Augenblick lang lagen die Landmassen der beiden Inseln völlig klar unter dem Flugzeug. Wieder neigte sich die Maschine zur Seite und die Inseln verschwanden aus Alex’ Blickfeld. Er sah erst wieder Land, als das Flugzeug tief heruntergegangen war und auf die Landebahn zuflog, die so zwischen Bürohäusern, Hotels, Straßen und Palmen eingezwängt war, dass es unmöglich schien, darauf zu landen. Ein Kontrollturm, hässlich und missgestaltet. Ein niedrig hingestreckter Terminal aus Beton-Fertigelementen und Glas. Zwei weitere Flugzeuge, bereits geparkt und umgeben von Servicefahrzeugen. Ein heftiger Ruck erschütterte das Flugzeug, als es auf der Landebahn aufsetzte. Sie waren gelandet.
Alex öffnete den Sitzgurt.
»Noch nicht, Alex. Das Gurtwarnlicht ist noch an.«
Troy benahm sich wie eine Mutter. Aber sie hatte sich für die Rolle einer wichtigtuerischen, ständig nörgelnden Mutter entschieden. Alex musste zugeben, dass die Rolle zu ihr passte. Wer die »Gardiners« beobachtete, würde tatsächlich glauben, dass sie eine Familie seien, aber eine unglückliche Familie. Seit den Ereignissen in Miami hatten die beiden Agenten Alex praktisch ignoriert. Alex wurde nicht schlau aus ihnen. Turner wäre längst tot, wenn er, Alex, nicht gewesen wäre, aber keiner der beiden Agenten hätte das jemals zugegebe n – gut möglich, dass er sie in ihrer Berufsehre gekränkt hatte. Sie ließen sich nicht davon abbringen, dass Alex die Mayfair Lady in die Luft gejagt und sämtliche Leute an Bord auf dem Gewissen hatte. Und Alex kämpfte selbst gegen ein dumpfes, unbestimmtes Schuldgefühl. Denn es war ja nicht zu leugnen, dass er das Benzin angezündet hatte, und wie sonst ließen sich die späteren Explosionen erklären?
Er versuchte, nicht mehr daran zu denken. Das Flugzeug kam zum Stillstand, die Passagiere standen auf und kämpften in dem engen Mittelgang darum, möglichst schnell ihr Handgepäck aus den Fächern über den Sitzen zu zerren. Als Alex nach oben griff, um seine Tasche herauszuholen, fiel ihm der Gameboy beinahe aus der Hand. Turner fuhr herum und Alex sah, dass er seine Augen erschrocken aufriss. »Sei bloß vorsichtig damit!«, mahnte er.
Also hatte Alex Recht gehabt. In dem Gameboy war etwas versteckt. Das war wieder einmal typisch, dass ihn die CIA-Agenten über alles Wichtige im Dunkeln ließen. Aber es hielt sie nicht davon ab, den Gameboy samt seinem Geheimnis von Alex durch die Grenzkontrolle schmuggeln zu lassen.
Es war Mittag, die denkbar
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