Skeleton Key: Alex Riders Dritter Fall
übertönt.
Der von den rotierenden Steinen erzeugte Wind schlug jetzt heftig gegen Alex’ Zehen. Nur noch fünf Zentimeter und sie würden zerquetscht. Vier Zentimeter. Drei Zentimeter, zwe i …
Alex presste die Augen zu und wappnete sich für den Schmerz.
Ein Schuss knallte.
Funken sprühten. Rauchgestank.
Die Mühlsteine drehten sich noch immer wie rasend. Aber das Förderband stand still. Alex’ Füße ragten ganz knapp über das Bandende hinaus. Fast glaubte er, die rasenden Steine an seinen Zehenspitzen zu spüren.
Dann kam die Stimme wieder, dieses Mal sprach sie Englisch. »Mein lieber Alex. Es tut mir sehr leid. Alles in Ordnung?«
Alex hätte gerne den längsten und schlimmsten Fluch seines Lebens ausgestoßen. Aber er brachte kein Wort hervor. Steif und starr vor Schock lag er auf dem Band. Er konnte nicht einmal mehr atmen.
Dann, mit einem letzten Aufflackern von Dankbarkeit, fiel er in Ohnmacht.
»I ch muss mich für Conrad entschuldigen. Er ist ein ausgezeichneter Assistent und in vielerlei Hinsicht sehr nützlich. Aber manchmal lässt er sich von seine r … Begeisterung mitreißen.«
Alex war im prächtigsten Schlafzimmer aufgewacht, das er je gesehen hatte. Er lag in einem Himmelbett; an der gegenüberliegenden Wand befand sich ein raumhoher Spiegel in einem Goldrahmen. Alle Möbel um ihn herum waren antik und hätten gut in ein Museum gepasst. Am Fußende des Bettes stand eine bemalte Truhe, an der Wand ein gewaltiger Kleiderschrank mit kunstvoll geschnitzten Türen und in einer Ecke ein Kerzenleuchter. Die Fensterläden waren geöffnet. Der Blick ging durch ein schmiedeeisernes Balkongeländer auf den Innenhof.
Der Mann saß mit übereinandergeschlagenen Beinen und stockgerade auf einem Stuhl neben dem Spiegel. Er trug einen dunklen Anzug und hatte sich gerade vorgestellt: General Alexei Sarow. Alex betrachtete sein Gesicht mit den intelligenten blauen Augen. Graues Haar. Er hatte die Stimme von der Zuckerrohrfabrik wiedererkannt und wusste, dass ihm der General das Leben gerettet hatte. Alex wusste nur nicht warum.
Draußen war es dunkel. Alex schätzte, dass es bereits nach Mitternacht war. Jemand hatte ihm ein weißes Nachthemd übergezogen, das ihm bis zu den Knien ging. Er fragte sich, wie lange er wohl geschlafen hatte. Und wie lange der Russe darauf gewartet hatte, dass er aufwachte.
»Möchtest du etwas essen?« Das war Sarows erste Frage gewesen.
»Nein danke. Ich bin nicht hungrig.«
»Etwas zu trinken vielleicht?«
»Ein Glas Wasser, bitte.«
»Steht bereits da.« Neben Sarow stand eine silberne Karaffe auf einem Tischchen. Der General goss höchstpersönlich etwas Wasser in ein Glas und reichte es Alex, der sofort die Hand danach ausstreckt e – dankbar, dass die Wirkung des Betäubungsmittels nachgelassen hatte, und dass er seine Arme wieder bewegen konnte. Das Wasser war eiskalt und er trank gierig. In tadellosem Englisch begann sich Sarow zu entschuldigen.
»Conrad hatte keine Anweisung, dich z u … eliminieren«, sagte er. »Im Gegenteil. Als ich herausgefunden hatte, wer du bist, wollte ich dich unbedingt kennenlernen.«
Alex bezweifelte das, hielt es aber für sinnlos zu widersprechen. »Wie haben Sie herausgefunden, wer ich bin?«, fragte er. Leugnen hatte jetzt ohnehin keinen Zweck mehr.
»Wir verfügen über ein sehr fortschrittliches Sicherheitssystem. Hier und in Havanna.« Der General schien ihm darüber nicht mehr mitteilen zu wollen. »Ich fürchte, man hat dir entsetzliche Qualen zugefügt.«
»Für die Leute, mit denen ich gekommen bin, waren die Qualen wahrscheinlich noch viel entsetzlicher«, gab Alex zurück.
Der General wischte das wie eine nebensächliche Bemerkung mit einer Handbewegung beiseite. »Deine Freunde sind tot. Waren sie denn wirklich deine Freunde, Alex?« Eine kleine Pause. »Natürlich wusste ich über den Teufelskamin Bescheid, als ich in die Casa d’Oro einzog. Ich ließ einen einfachen Verteidigungsmechanismus einbauen. Tauchen ist auf dieser Seite der Insel verboten, und wenn trotzdem ein Taucher so dumm ist, in die Höhle zu schwimmen, zahlt er eben den Preis für seine Neugier. Man hat mir gesagt, dass dort auch manchmal ein Hai Jagd auf Menschen macht.«
»Ein großer Weißer Hai.«
»Hast du ihn etwa gesehen?«, fragte Sarow überrascht.
Alex gab keine Antwort. Sarow legte die Fingerspitzen zusammen und stützte sein Kinn darauf.
»Du bist wirklich so bemerkenswert, wie man mir berichtet hat«, fuhr er fort.
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