Skeleton Key: Alex Riders Dritter Fall
einer Patrouille ein Dorf durchsuchen sollte. Ein Heckenschütze erschoss ihn.«
Sarows Stimme wurde unsicher und er brach ab. Aber ein paar Augenblicke später sprach er weiter, in zurückhaltendem, präzisem Ton.
»Der Krieg endete ein Jahr später. Unsere Regierung war schwach und feige und hatte jeden Kampfgeist verloren. Unsere Truppen mussten sich zurückziehen. Der ganze Krieg war umsonst gewesen. Und das ist genau der Punkt, den du begreifen musst, Alex, denn es ist die Wahrheit: Für einen Vater gibt es nichts Schrecklicheres auf der Welt, als seinen Sohn zu verlieren.« Er holte tief Atem. »Ich habe geglaubt, Wladimir für immer verloren zu haben. Bis ich dich kennenlernte.«
»Mich?«, echote Alex völlig verblüfft.
»Du bist zwei Jahre jünger als Wladimir war, als er starb. Aber du hast so viel mit ihm gemein, Ale x – obwohl du auf der anderen Seite der Welt aufgewachsen bist! Erstens: Ihr seid euch ein wenig ähnlich. Aber nicht nur körperlich. Du dienst ebenfalls deinem Land. Vierzehn Jahre alt und schon Spion! Nur höchst selten findet man einen jungen Menschen, der bereit ist, für seine Überzeugungen zu kämpfen!«
»So weit würde ich eigentlich nicht gehe n …«, murmelte Alex.
Sarow überhörte die Bemerkung. »Du hast Mut. Die Geschichten in der Zuckerrohrfabrik und in der Höhle beweisen das, selbst wenn sich in deiner Akte nicht noch viele weitere Beweise fänden! Du sprichst mehrere Sprachen, und eines Tages, oder schon bald, könntest du auch Russisch sprechen lernen. Du kannst reiten, tauchen, kämpfen und hast keine Angst. Ich habe noch nie einen Jungen wie dich getroffen. Mit einer Ausnahme. Du bist wie mein eigener Sohn, Alex, und ich hoffe, dass du mein Sohn werden wirst.«
»Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?«, fragte Alex. Sie standen noch immer auf demselben Fleck und er spürte die erbarmungslose Sonne auf seiner Haut. Die Pferde schwitzten und lockten damit Fliegen an. Das Meer lag tief unter ihnen, sodass die Meeresbrise sie hier oben nicht erreichte.
»Ist das nicht offensichtlich? Ich habe deine Akte gelesen. Du bist allein aufgewachsen. Du hattest zwar einen Onkel, aber bis zu seinem Tod hattest du keine Ahnung, was sein Beruf war. Du hast keine Eltern. Ich habe keinen Sohn. Wir sind beide allein.«
»Aber zwischen uns liegen Welten, Herr General.«
»Das muss nicht so bleiben. Ich plane etwas, das diese Welt völlig verändern wird. Für immer. Und wenn ich damit fertig bin, wird die Welt besser, stärker und gesünder sein als heute. Du bist hierhergekommen, um das zu verhindern. Aber wenn du erst einmal begriffen hast, was ich tun will, wirst du erkennen, dass wir keine Feinde sein müssen. Ganz im Gegenteil! Ich habe nämlich die Absicht, dich zu adoptieren!«
Alex starrte ihn sprachlos an. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was er dazu sagen sollte.
»Du wirst wie mein eigener Sohn sein, Alex, und wirst das Leben weiterführen, das Wladimir hätte führen können. Ich werde wie dein Vater sein und wir werden gemeinsam die neue Welt bauen, von der ich träume. Sag jetzt nichts! Aber denke gut darüber nach. Wenn ich glauben würde, dass du wirklich mein Feind bist, hätte ich Conrad längst erlaubt, dich zu töten. Aber in dem Moment, als ich herausfand, wer du wirklich bist, wusste ich, dass du nicht mein Feind sein kannst. Wir haben sogar denselben Vornamen, du und ich. Alexei und Alex. Ich werde dich adoptieren, Alex. Und ich werde der Vater für dich sein, den du verloren hast.«
»Und wenn ich Nein sage?«
»Das wirst du nicht tun!« Sarows Augen wurden dunkel; plötzlich lag ein gewalttätiger, bösartiger Ausdruck darin, und seine Gesichtsmuskeln zuckten, als leide er Schmerzen. Er atmete tief ein und schien sich wieder zu beruhigen. »Wenn du den Plan erst einmal kennst, wirst du dich auf meine Seite stellen.«
»Warum erklären Sie mir Ihren Plan dann nicht? Sagen Sie mir doch endlich, was Sie tun wollen!«
»Noch nicht, Alex, du bist noch nicht soweit. Aber sehr bald wirst du es sein.«
General Sarow zog an den Zügeln; sein Pferd wandte sich plötzlich um und er galoppierte davon, entfernte sich vom Meer. Alex schüttelte verwundert den Kopf, dann trieb er dem Tier die Fersen in die Flanken und folgte Sarow.
A n diesem Abend musste Alex das Essen allein einnehmen. Sarow hatte sich entschuldigt, er habe noch zu arbeiten. Alex war der Appetit ohnehin vergangen: Conrad stand neben der Tür und beobachtete ihn aufmerksam beim Essen, und
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