Skeleton Key: Alex Riders Dritter Fall
ihm, das er nicht kontrollieren konnte und das jetzt verriet, welche Angst er empfand. Sein Herz schlug schneller und lauter, schallte aus den Lautsprechern und hallte über den Platz.
»Ich verstehe dich nicht, Alex. Begreifst du denn gar nicht, welche Chance ich dir biete? Hast du nicht zugehört, als ich es dir erklärt habe? Ich biete dir meinen Schutz und du machst mich zu deinem Feind! Ich möchte, dass du mein Sohn wirst, aber stattdessen zwingst du mich, dich zu vernichten.«
Conrad trat noch näher und die Mündung der Pistole berührte Alex’ Brust.
Pochpochpochpochpochpochpoc h …
»Hör dir nur mal an, welche Angst du hast, Alex. Hörst du, wie dein Herz rast? Und wenn wir dann plötzlich nur noch Stille höre n – das könnte schon in ein paar Sekunden sei n –, dann werden wir wissen, dass du tot bist.«
Conrads Finger krümmte sich um den Abzug.
Sarow schaltete den Sensor aus.
Der Herzschlag stoppte abrupt.
Auf Alex wirkte es fast so, als sei er erschossen worden. Die plötzliche Stille traf ihn wie ein Keulenhieb. Wie eine Kugel aus der Pistole. Er fiel auf die Knie, völlig ausgepumpt, kaum noch fähig zu atmen. Er kniete mit gesenktem Kopf im Staub und seine Arme hingen schlaff an seinem Körper herunter. Er hatte nicht einmal mehr die Kraft, selbst aufzustehen. Sarow betrachtete ihn lange und jetzt lag nur noch tiefe Trauer in seinem Gesicht.
»Er hat seine Lektion gelernt«, sagte er zu Conrad. »Bringen Sie ihn in sein Zimmer zurück.«
Er warf dem Wachmann den Sensor zu, drehte dem noch immer erschöpft und regungslos auf der Erde knienden Jungen den Rücken zu und stieg wieder in das Auto.
Der Atom-Friedhof
U m sieben Uhr abends flog Alex’ Zellentür krachend auf und Conrad stand in Anzug und Krawatte in der Tür. Die elegante Kleidung ließ seinen halb kahlen Kopf, die Gesichtsruine und das blutigrote, zuckende Auge nur noch hässlicher erscheinen. Alex nahm sich vor, zukünftig an Silvester mit den Feuerwerkskörpern vorsichtiger umzugehen.
»Du bist zum Essen eingeladen«, knurrte Conrad undeutlich.
»Nein, danke, Conrad«, antwortete Alex. »Ich bin nicht hungrig.«
»Diese Einladung kannst du nicht ablehnen.« Conrad hob den Arm, um auf seine Uhr zu sehen. Seine Hand saß nicht genau am Gelenk und er musste den Arm sehr hoch halten, um auf die Armbanduhr blicken zu können. »Ich gebe dir fünf Minuten«, sagte er. »Man erwartet dich in angemessener Kleidung.«
»Ich fürchte, ich habe mein Dinnerjackett zu Hause gelassen«, bemerkte Alex sarkastisch.
Conrad überhörte die Bemerkung und schlug die Tür zu.
Alex schwang die Beine vom Bett. Seit seinem gescheiterten Fluchtversuch am Tor hatte er in seiner Zelle auf dem Bett gelegen und überlegt, was wohl als Nächstes passieren würde. Eine Einladung zum Abendessen war so ziemlich das Letzte gewesen, was er erwartet hatte. Von Juan war nichts mehr zu sehen. Vermutlich hatte der junge Wachmann einen scharfen Verweis für seine Unfähigkeit erhalten. Vielleicht war er auch gefeuert worden. Oder erschossen. Alex wusste zwar nicht, was Sarow an diesem Abend mit ihm vorhatte, aber schon bei ihrer letzten Begegnung am Tor war Alex nur ganz knapp mit dem Leben davongekommen. Er erinnerte den General an seinen verlorenen Sohn. Sarow fantasierte wohl immer noch, ihn adoptieren zu können. Sonst wäre Alex längst tot.
Er kam zu dem Schluss, dass es wohl nicht klug wäre, die Einladung zum Abendessen auszuschlagen. Wenigstens hatte er dabei eine bessere Chance, etwas darüber herauszufinden, was hier eigentlich vor sich ging. Würden sie auch das Essen filmen?, fragte er sich. Und wenn ja, wozu? Er nahm ein sauberes Hemd und eine schwarze Hose aus dem Koffer. Dabei fiel ihm ein, dass der verrückte Schuldirektor der Akademie von Point Blanc, Dr . Grief, die Jungen im Internat mit versteckten Kameras ausspioniert hatte. Aber das hier war wohl etwas anderes. Der Film, den Alex im Studio gesehen hatte, wurde geschnitten, neu zusammengesetzt und manipuliert. Sie hatten irgendetwas damit vor. Aber was?
Conrad kam genau fünf Minuten später wieder. Alex wartete bereits. Wieder wurde er aus dem Sklavenhaus zum Haupthaus hinüber geführt. Als er die breite Treppe hinaufging, hörte er klassische Musik, und als sie den Innenhof erreichten, entdeckte er ein Tri o – zwei ältere Violinisten und eine korpulente Dame mit Cell o –, das vor dem sanft rauschenden Brunnen spielte. Alex glaubte, ein Stück von Johann Sebastian Bach zu
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