Skin Game 02 - Verhängnisvoller Verrat
Gedanken und Ängsten, Hoffnungen und Träumen. Ihretwegen ist sie jetzt tot. Zum ersten Mal empfand Mia so etwas wie Hass für ihn. Sie blickte in sein Gesicht und wusste es. Sie würde ihm ein Messer ins Gehirn stoßen, sollte sie die Gelegenheit dazu bekommen. Und so empfindet Søren Tag für Tag.
Kein Wunder also, dass er ein wenig verrückt ist. Ich werde vielleicht genauso sein, wenn ich hier rauskomme.
»Man verlässt sich also darauf, dass Sie die Probleme lösen, die sich oben im Labor ergeben?« Mia wusste nicht, wo sie tatsächlich war, aber ihr erschien die Beschreibung passend.
»Es ist ermüdend«, antwortete er. »Doch ich bin der Einzige, den man damit betrauen kann.«
Das bedeutete, dass der Befehl, Noreen umzubringen, von ihm stammte. Sie ballte die Hände zu Fäusten und kämpfte gegen den inneren Drang an, ihm mit ihren scharfen Fingernägeln die Augen auszukratzen.
»Erzählen Sie mal.«
»Manchmal werden unsere Angestellten im Vorfeld nicht so genau überprüft, wie es eigentlich der Fall sein sollte. Und deshalb haben wir dann immer mal wieder ein paar schwarze Schafe in der Belegschaft, die sich nicht damit zufrieden geben, ihren Gehaltsscheck zu nehmen und zu tun, was ihnen gesagt wird.«
»Das kommt doch sicher nicht oft vor, da Sie der Verantwortliche sind.«
Wieder lächelte er, sodass sich ihr der Magen umdrehte. »Nein, durchaus nicht.«
Søren schlich die Loggia entlang. Wie die alte Frau gesagt hatte, lief der Fernseher mit absurder Lautstärke. Durch die dünnen Wände drangen plärrende Polizeisirenen und Schüsse zu ihm auf den Gang hinaus. Für einen kurzen Moment begutachtete er die Tür.
Das Schloss war ziemlich mickrig, folglich leicht zu knacken, und so betrat er lautlos das Zimmer. Ja, natürlich hätte er die Tür auch eintreten können, doch das brauchte er nicht. So etwas schreckte nur die Zimmernachbarn auf. Und die hatten mit der reißerischen Polizeiserie, die sie durch die Wände hindurch hören mussten, schon genug zu ertragen. Gerade eben sagte ein kahlköpfiger, verärgerte Polizist »Leck mich!« zu einem Verbrecher.
Das Zimmer war für ein Motel dieser Art typisch eingerichtet: billig und geschmacklos. Travis hatte die Vorhänge zugezogen, was Søren als äußerst praktisch empfand. Von hinten schlich er sich an den Scheißkerl heran, der in einem der Kunstledersessel gerade ein Nickerchen machte. Nach seinem Besuch an der Rezeption hatte Søren sich Arbeitskleidung angezogen, unter anderem trug er eine schwarze Strumpfmaske und Lederhandschuhe. In der Hand hielt er eine Garotte. Die Maske diente mehr der Einschüchterung, da außer Mia sowieso niemand sagen konnte, wie er wirklich ausschaute. Jeder sah nur das, was er erwartete.
Eine schnelle Bewegung, und der Mann hing hilflos in der Drahtschlinge, noch ehe er richtig aufgewacht war. Travis strampelte und griff sich an den Hals, konnte seine Gegenwehr jedoch nicht lange aufrechterhalten. Nichts machte einem die eigene Sterblichkeit mehr bewusst wie eine Schlinge um den Hals. Schusswaffen waren inzwischen so allgegenwärtig, dass niemand mehr Respekt vor ihnen hatte, schon gar nicht solch ein abgebrühter Kerl wie Travis.
Nein, Søren wusste, wie er mit jemandem seines Schlags umgehen musste. Er würgte ihn, bis der Körper des Killers erschlaffte, und fesselte ihn dann an Händen und Beinen. Fünf Minuten später kam Travis wieder zu sich. Er war nicht tot. Noch nicht zumindest.
»Wo ist sie?«, zischte Søren ihm zu.
Die Drahtschlinge lag um Travis’ Hals wie ein todbringendes Schmuckstück. Der Killer sollte nicht vergessen, welche Qualen Søren ihm nach Belieben bereiten konnte. Doch Travis war zu beschränkt, um das zu begreifen. »Keine Ahnung, wovon Sie reden.«
»Falsche Antwort, Travis.« Erneut zog Søren die Schlinge zu und würgte den Mörder fast zu Tode. »Zahlen die Ihnen so viel, dass Sie bereit sind, für die zu sterben?«
Travis reckte den Hals, als der Druck endlich nachließ, und röchelte. Die Angst vor dem Tod schien ihn allmählich weichzukochen. Dabei hatte er seinen Angreifer noch nicht einmal gesehen. »Sie sind verrückt«, keuchte er.
»Ja, das bin ich wohl. Und wenn Sie mir nicht sofort sagen, was ich wissen will, werde ich Sie umbringen, sie ganz langsam erdrosseln, ohne dass sie sich wehren können. Soweit ich weiß, soll das ausgesprochen schmerzhaft sein. Ihre Augen werden aus den Höhlen quellen, die Luftröhre wird eingedrückt, und im Augenblick des Todes
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