Skin Game 02 - Verhängnisvoller Verrat
gefährlichere Einsätze, als eine junge Katze zu retten, die sich nicht mehr vom Baum traute. Zwei der Polizisten bemerkten die beiden Besucher und drehten sich fragend zu ihnen um.
Harold räusperte sich. »Ist Deke da?«
»In seinem Büro.«
»Na, dann hol ihn her«, verlangte der alte Mann schroff.
Kurz darauf kam ein Mann, der geschätzt kaum jünger als Harold war, gemütlich aus der Hinterstube nach vorn geschlendert. Er hatte ein rotes Gesicht, rundliche Wangen und einen weißen Haarkranz, der wie Entenflaum aussah. »Was kann ich für dich tun, Hal?«
Der alte Dixon, der seit dem vergangenen Abend etwas umgänglicher geworden war, erzählte dem Sheriff Mias Geschichte. Er vertrat eine Zeit, in der Männer auf Frauen achtgaben, und Mia hatte gerade auch gar nichts dagegen. Sie blickte auf ihre geborgten Converse-Sneakers herab, die ihr zwei Nummern zu groß waren; aber wegen der vielen Pflaster an ihren Füßen passte das ganz gut.
Als Deke das Wesentliche erfasst hatte, wandte er sich einem seiner Deputies zu: »Winston! Schreibst du das mit?«
Der Polizist sprang auf und griff zu einem Notizblock. »Bin schon dabei.«
Es dauerte eine Stunde, bis ihre Aussage aufgenommen war. Dabei empfand sie die ganze Zeit ein nagendes Schuldgefühl.
»Und Sie können nicht genauer sagen, wo Sie gezeltet haben?«, fragte der Polizist.
»Ich fürchte, nein. Meine Freundin Kelly hat die Fahrt organisiert.«
»Und wo ist Kelly jetzt?«
Mist! Glaubten die jetzt, sie habe eine Tote im Wald zurückgelassen? Schnell, denk nach!
»Sie hat mir eine SMS geschickt, dass sie per Anhalter von hier weggekommen ist. Ich habe im Wald völlig die Orientierung verloren. Ich bin wirklich weit gelaufen, ehe ich auf das Haus der Dixons stieß, und unterwegs muss mir mein Handy aus der Tasche gefallen sein.«
»Welche Adresse hat Ihre Freundin? Nur für den Fall, dass wir mit ihr sprechen müssen. Wir könnten, was die Beschreibung des Täters betrifft, eine zweite Aussage gebrauchen.«
»Hören Sie, ich möchte dieses Erlebnis eigentlich nur hinter mir lassen. Ich bezweifle, dass Sie den Kerl kriegen werden. Der ist wahrscheinlich längst über alle Berge.«
»In seinem bemalten Bus«, pflichtete Harold ihr bei.
Der Sheriff blickte sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Und ich bezweifle, dass Sie mir alles erzählt haben.« Sie würden mir ja eh nicht glauben. »Doch es verstößt gegen kein Gesetz, schmutzig und mit zerrissener Kleidung bei fremden Leuten aufzukreuzen, außer Harold möchte Sie anzeigen, weil Sie auf seinem Land gewesen sind.«
»Alice würde mir das Fell über die Ohren ziehen.«
»Dann ist der Fall wohl abgeschlossen.«
Noch nicht ganz. »Dürfte ich vielleicht Ihr Telefon benutzen, um eine Freundin anzurufen? Sie ist nur auf ihrem Handy zu erreichen, aber ich kann Ihnen die Kosten erstatten, sobald sie mir Geld geschickt hat.«
»Im Supermarkt gibt es einen Western-Union-Schalter«, sagte Harold.
»Aber sie braucht einen Ausweis, damit sie ihr das Geld ausbezahlen«, gab einer der Polizisten zu bedenken.
Mist! Sie musste dringend Kyra erreichen, an Kohle kommen und eine E-Mail an die alte Addison-Foster-Adresse schicken. Die konnte sie noch auswendig, weil er ihr damals eine Visitenkarte von sich gegeben hatte. Die Bücherei wird hoffentlich freien Internetzugang anbieten.
»Sie dürfen das Telefon benutzen«, sagte Deke schließlich. »Sie brauchen uns auch nichts zu erstatten.«
Aber wie sollte sie das Geld bei Western Union abholen? Mia musterte Harold abschätzend. »Wie weit ist es bis zum Supermarkt?«
Der alte Mann legte die Stirn in Falten. »Zwei Meilen ungefähr.«
»Dann fürchte ich, dass ich Sie um einen weiteren Gefallen bitten muss.«
»Schätzchen, Alice würde mir auch dafür das Fell über die Ohren ziehen.«
Er erntete schallendes Gelächter, und Mia wurde rot. Das war absurd. Sie hatte zwar prima geschlafen und reichlich gefrühstückt, war aber immer noch nicht aus dem Gröbsten raus. Sie musste dringend mit Søren Kontakt aufnehmen. Er würde sie schützen, sollte nach wie vor jemand hinter ihr her sein.
Und falls nicht, na ja … sie liebte ihn. Sie wollte ihn ganz einfach. Sie hatte den Mann gefunden, bei dem sie für immer bleiben wollte, ob er nun genauso fühlte oder nicht.
»Dann werde ich mich wohl zurückhalten müssen«, erwiderte sie schief lächelnd. »Aber könnten Sie mir noch auf andere Weise helfen, falls Sie Zeit haben?«
Harold grinste anerkennend,
Weitere Kostenlose Bücher