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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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das 40-prozentige Gesöff. Was hatte Gott damit zu tun? Ich wollte doch nur, dass mein Vater mich liebte. »Vielleicht Sie mich besser bringen in Hotel, Mister«, stammelte ich. »Ich gebe Ihnen 17 Dollar in meiner Tasche. Meinem Papa bitte sagen, ich bin schon geschnitten. Er guckt nicht mehr da unten, weil ich bin jetzt so fett.«
    Das kauften mir die Chassidim nicht ab. »Du musst auch an uns denken«, riefen die im Chor. »Für uns ist es auch eine
mitzvah

    »Ihr auch euren Schwanz schneiden?«
    »Wir kaufen den Gefangenen frei.«
    »Wer ist Gefangener?«
    »Du bist ein Gefangener der Sowjetunion. Wir machen einen Juden aus dir.« Und damit flößten sie mir noch ein paar Becher Wodka ein, bis der Raum mit seinem wirbelnden Diorama aus steifen Hüten und fliegendem Schweiß sehr ansprechend vor mir verschwamm.
    »Auf zum
mitzvah
-Mobil!«, riefen die Jüngsten von ihnen, und bald fand ich mich umhüllt von einem Dutzend samtiger Mäntel, aufgehoben in der Ummantelung meiner eigenen Rasse und dabei sanft hinaus in die chassidische Sommernacht getrieben, wo selbst der gelbe Mond Schläfenlöckchen trug und die Grillen in der tiefen melodiösen Sprache unserer Vorfahren zirpten.
    Ich wurde quer auf die weiche Rückbank eines amerikanischen Kleinbusses geworfen, noch immer versorgten verschiedene junge Männer mich mit Wodka, den ich pflichtschuldig trank, denn als Russe ist man nicht gern unhöflich. »Wir fahren zurück zu Hotel, Mister?«, sagte ich, während der Bus in irrem Tempo durch die geschäftigen Straßen raste.
    »
A hummus tov, a mazel-tov
«, sangen meine Begleiter.
    »Ihr wollt Gefangenen freikaufen!«, versuchte ich unter Tränen auf Englisch. »Seht nur! Ich bin ein Gefangener! Von euch!«
    »Dann wirst du jetzt freigekauft«, kam es mit entwaffnender Logik zurück, und der nächste Becher Wodka wurde mir ins Gesicht gekippt.
    Schließlich lud man mich im grell beleuchteten Wartezimmer eines armen städtischen Krankenhauses ab. Spanische Babys schrien nachMilch, und meine Begleiter warfen sich an eine improvisierte Klagemauer und beteten sich die blassen Gesichter rot. »Dein Vater wird stolz auf dich sein«, flüsterte mir jemand ins Ohr. »Du bist wirklich tapfer!«
    »18 ist zu alt für schneiden Schwanz«, flüsterte ich zurück. »Das weiß jeder.«
    »Abraham war 99, als er sich selbst beschnitt!«
    »Aber er war Held aus Bibel.«
    »Genau wie du! Von nun an wird dein biblischer Name Mosche lauten, also heißt du Moses.«
    »Ich heißen Mischa. Das ist russische Name meine herrliche Mutter hat mich gerufen.«
    »Aber du
bist
wie Moses, denn du führst die sowjetischen Juden aus Ägypten.« Ich konnte den Plastikbecher an meinen Lippen beinahe riechen. Ich soff wie der jugendliche Alkoholiker, der ich inzwischen geworden war. Man hielt mir ein Stück Schwarzbrot hin, aber ich spuckte darauf. Dann lag ich in einer Art umgedrehten Kittelschürze auf einem rollenden Bett; das rollende Bett hielt an; grüne Kittel umwehten mich; ein Paar kalter Hände zog mir mitleidlos die Hosen herunter. »Papa, sie sollen aufhören!«, weinte ich auf Russisch.
    Eine Maske wurde mir aufs Gesicht gedrückt. »Zähl rückwärts, Moses«, befahl mir eine amerikanische Stimme.
    »
Njet!
«, wollte ich sagen, aber natürlich konnte mich niemand hören. Die Welt zerbrach in tausend Stücke und setzte sich nicht wieder zusammen. Als ich schließlich wieder aufwachte, beteten die Männer mit den schwarzen Hüten über mir, und unterhalb der sorgsam gefalteten Fleischberge, die meine Gürtellinie bildeten, fühlte ich nichts. Ich hob den Kopf. Ich trug ein grünes Krankenhausgewand mit einem runden Loch im Schritt, und da, zwischen den weichen Kissen meiner Schenkel, lag bewegungslos ein
purpurroter zertretener Käfer
. Flüssigkeit sickerte aus seinem Chitinpanzer, der nervenzerfetzende Schmerz seines Ablebens wurde von den Betäubungsmitteln gelindert.
    Dass ich kotzen musste, hielten meine Glaubensbrüder irgendwie für ein Zeichen der Genesung, und sie wischten mir das Kinn und lachten und riefen
mazel-tov
und
tsimmus tov
und
hey, hey, Yisroel
.
    Die Wunde entzündete sich noch am selben Abend.

3
    Wer hat Geliebten Herrn Papa gekillt?
     
    Wer war es? Wer hat den 1.238streichsten Mann Russlands gemeuchelt? An wessen Händen klebt das Märtyrerblut? Ich werde es Ihnen sagen: Es waren Oleg der Elch und sein syphilitischer Vetter Zhora. Woher wir das wissen? Weil Andi Schmid, ein 19-jähriger Tourist aus Stuttgart,

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