So bloody Far (German Edition)
nichts mehr sagen. Far konnte sich das weitere Geschehen denken.
„Er hat sie umgebracht“, sagte er mehr als Feststellung, denn als Frage. Songlian schloss für einen kurzen Moment die Augen und er konnte ihn mit den Zähnen knirschen hören, bevor Songlian einmal tief durchatmete.
„Sie und meinen Großvater, bei dem wir lebten. Mich brachte er nach Galway, damit ich den Rest der Familie kennenlernen konnte. Auf Lorcan und Bhreac hätte ich getrost verzichten können. Die beiden haben sich einen Spaß daraus gemacht mich ständig zu verprügeln, nur weil ich ein Bastard war. Ihre Mutter Finola hat sie stets in Schutz genommen, wenn Vater sie tadeln wollte. Irgendwann hat er es einfach aufgegeben. Dazu kam ein Haufen ätzender Privatlehrer, die meinen Brüdern und mir Disziplin beibringen sollten.“
„Hast du dich nicht irgendwie gegen deine Brüder wehren können?“, fragte Far.
„Erst später, als ich Unterricht bei Elisud nahm. Er war der Waffenmeister meiner Familie. Bhreac und Lorcan waren durchaus ein Ansporn, mich mit der Waffenkunst anzufreunden.“
„Du hast diesem Mann bestimmt einiges zu verdanken“, brummte Far.
„Du hast ihn gesehen …“ Songlians Stimme war kaum mehr als ein Wispern. Irritiert schaute Far ihn an.
„Wann?“, fragte er. „Wo?“
Songlian antwortete nicht. Plötzlich tauchte das Bild eines sehnigen Mannes aus Fars lückenhaften Erinnerungen auf. Ihn überlief es ihn kalt.
„Der Kämpfer in der Grube?“, fragte er erschrocken. Songlian nickte knapp, faltete die Irlandkarte mit heftigen Bewegungen zusammen und warf sie in eine Schublade. Eine Weile blieb er vor dem Schreibtisch stehen und starrte auf das cognacfarbene Holz, um sich wieder zu sammeln.
„Hast du bis zu dem Zeitpunkt, an dem du aus deiner Familie verstoßen wurdest, immer in Irland gelebt?“, versuchte Far ihn auf andere Gedanken zu bringen.
„Nein. Wir sind oft gereist. Vater hatte Landbesitz in Norwegen und Russland und in mehreren anderen Ländern. 1640 brachte uns Vater auf seine spanische Hazienda, weil sich ein irischer Aufstand abzeichnete. Damals gab es diesen irrsinnigen Schlachtruf: In die Hölle oder nach Connacht. Ich glaube, Vater wollte die Hölle lieber meiden und während der Kämpfe auch nicht unbedingt in Connacht bleiben. Er zog es vor, seine Familie in Sicherheit zu wissen. Zumindest meine Brüder und meine Stiefmutter. Ich war ihm zu diesem Zeitpunkt bereits ziemlich lästig geworden. Eigentlich haben wir ununterbrochen gestritten. Aus Irland zu verschwinden war jedenfalls keine unsinnige Idee gewesen, denn Oliver Cromwells Soldaten haben den Aufstand brutal niedergeschlagen und das Land total verwüstet. Vater hat damals viele wertvolle Güter verloren. Er wurde immer unausstehlicher und als er letztlich mich und seinen Liebhaber Guillermo …“ Songlian verstummte ganz plötzlich und deutete übergangslos auf die Uhr. „Zeit, um Jonathan anzurufen, aye?“
Wenn es nach Far gegangen wäre, dann hätte Jonathan ruhig noch etwas warten können. Aber Songlian sah nicht so aus, als wollte er weiter über seine Familie reden. Far setzte sich in Bewegung, um das Telefon holen, doch an der Tür hielt er inne. „Du hattest nie Freunde, nicht wahr? Ich meine mal von deinen Privatmasseuren, Spionen und Bettwärmern abgesehen. Dieser Luc de Bonneville war dein einziger wirklicher Freund.“
„Du hast dir seinen Namen gemerkt?“ Songlian wirkte ehrlich überrascht.
Far sah ihn verlegen an. „Er war dir wichtig. Natürlich habe ich mir den Namen gemerkt.“
Der Blick seines Freundes wurde weicher.
„Komm, ruf Jon an“, forderte er Far erneut auf, ohne die eigentliche Frage zu beantworten.
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„Ich kann dir nicht einfach irgendwelche Daten übermitteln. Ihr seid schließlich beurlaubt“, brummte Jonathan in das Telefon, während er allerdings brav seinen Rechner hochfuhr. Nebenbei zündete er sich eine Zigarette an.
„Und überhaupt … Hier ist heute die Hölle los. Uns fehlen etliche Teams, die zu einem Sondereinsatz mussten und wir sollen das alles auffangen. Ihr ahnt ja gar nicht, wie sehr ihr uns fehlt.“ Jonathan lauschte eine Weile, ehe er vergnügt sagte: „Mensch, Far, hör auf zu betteln. Solltest du dich langweilen, kannst du ja mit Songlian ins Bett gehen.“
Schlagartig herrschte Stille am anderen Ende der Leitung. Jonathan merkte sofort, dass etwas nicht stimmte.
„Habt ihr gestritten?“, fragte er leise und hielt beim Eintippen seines
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