So hell wie der Mond
die anderen so eine Behauptung belächeln würden, arbeitete er sich gerne, langsam und beständig wie ein Bernhardiner auf der Suche nach einem Verschütteten durch Schneemassen, durch Aktenberge hindurch.
Er mochte die Greifbarkeit des getippten Worts, mochte selbst die lächerliche, geschraubte Polizeisprache, in der jeder der offiziellen Berichte gehalten war. Besser als die meisten anderen Bullen in seinem Alter hatte er sich an den* Computer angepaßt. Für Kusack waren alle Tasten gleich, er wandte die von ihm biblisch genannte Methode Art des Tippens – Suchet und ihr werdet finden – schon seit Beginn seines Berufslebens an.
Und bisher hatte es noch immer funktioniert.
Fröhlich grinsend hämmerte er auf die Tasten ein, als plötzlich ein Mann im Smoking in der Tür erschien.
»Detective Kusack?«
»Ja.« Kusack lehnte sich zurück und unterzog den Anzug einer professionellen Musterung. Wohl kaum gemietet, nahm er an. Maßgeschneidert und sehr kostspielig. »Heute abend ist nirgendwo ein Abschlußball, und außerdem sind Sie sowieso zu alt dafür. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich bin Byron De Witt und wegen Katherine Powell hier.«
Kusack knurrte und hob seine Dose Limonade an den Mund. »Ich dachte, ihr Anwalt hieße Templeton.«
»Ich bin auch nicht ihr Anwalt, sondern ihr … Freund.«
»Aha. Tja, Freund, Ihnen ist doch sicher klar, dass ich nicht einfach mit jedem, der hier hereinspaziert, über Ms. Powell sprechen kann? Egal, wie elegant er ist?«
»Kate hat gar nicht erwähnt, wie gastfreundlich Sie sind. Darf ich?«
»Fühlen Sie sich wie zu Hause«, sagte Kusack säuerlich. Er wollte die Monotonie seiner Papierarbeit und keinen Plausch mit irgendeinem Lackaffen. »Unterbezahlte Angestellte des Staates stehen nonstop im Dienst der Öffentlichkeit.«
»Ich werde Sie nicht lange aufhalten. Es gibt neue Beweise, von denen ich glaube, dass sie Ms. Powell entlasten. Haben Sie Interesse, Kusack, oder soll ich warten, bis Ihr Abendessen beendet ist?«
Kusack fuhr sich mit der Zunge über die Zähne und sah die zweite Hälfte seines Sandwichs an. »Informationen sind immer willkommen, Mr. De Witt, und schließlich bin ich hier, um meine Arbeit zu tun.« Zumindest, bis der Bridgeclub aus seinem Haus verschwunden war. »Was für Beweise haben Sie?«
»Ich habe mir Kopien der fraglichen Dokumente besorgt.«
»Ach ja?« Kusack faßte ihn blinzelnd ins Auge. »Und wie haben Sie das angestellt?«
»Ohne ein Gesetz zu übertreten, Detective. Und sobald ich im Besitz der Kopien war, habe ich das getan, was man meiner unmaßgeblichen Meinung nach bereits ganz zu Anfang hätte tun sollen: nämlich sie einem Graphologen schicken.«
Kusack lehnte sich abermals zurück, nahm die Reste seines Abendessens in die Hand und bedeutete Byron, dass er weitersprechen solle.
»Dieser Graphologe hat mich soeben angerufen, und ich habe ihn gebeten, mir die Ergebnisse seiner Untersuchung durchzufaxen.« Byron zog ein Blatt aus seiner Jackentasche, faltete es auseinander und hielt es Kusack hin.
»Fitzgerald«, nuschelte Kusack mit vollem Mund. »Ein guter Mann. Gilt als einer der Besten auf seinem Gebiet.«
Das hatte auch Josh schon gesagt. »Der seit über zehn Jahren sowohl von Staatsanwälten als auch von Verteidigern zu Rate gezogen wird.«
»Meistens von Verteidigern – Verteidigern, denen nichts zu teuer ist«, stellte Kusack fest. Ganz eindeutig übernahm in dieser Sache die Familie Templeton die Regie. »Kostet ein gottverdammtes Vermögen, dieser Kerl.«
Und hat einen dichtgedrängten Terminkalender, fügte Byron in Gedanken leicht erbost hinzu. Deshalb hatte es auch so lange gedauert, bis er endlich die Expertise in den Händen hielt. »Wie hoch auch immer seine Gebühren sein mögen, Detective, sein Ruf ist tadellos. Falls Sie sich die Mühe machen würden, das Gutachten zu lesen, würden Sie sehen, dass …«
»Das ist nicht notwendig. Ich weiß auch so, was drin steht.« Es war kleinmütig von ihm, nahm Kusack an – aber es erfüllte ihn mit einer gewissen Genugtuung, dass es ihm gelang, diesen Kerl, der nicht ein Gramm Fett am Leib zu haben schien und der selbst in seinem Smoking nicht wie ein Affe aussah, einen Augenblick lang auf die Folter zu spannen.
Byron sah ihn gelassen an. Geduld war immer schon seine beste Waffe gewesen. »Dann haben Sie also ebenfalls Mr. Fitzgerald in der Sache kontaktiert.«
»Nein.« Kusack zog eine Serviette hervor und wischte sich die Lippen ab. »Wir haben
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