So hell wie der Mond
Tür steckte, sprang sie kampfbereit auf. »Wir wollen zu Margo Templeton. Und zwar sofort.«
»Das sagte man mir bereits«, kam die trockene Erwiderung. »Und Mrs. Templeton würde Sie auch gerne sehen. Aber machen Sie es kurz. Bitte hier entlang!«
Sie gingen einen langen, breiten Gang hinab, und Kate versuchte, nicht auf das Geräusch der Kreppsohlen auf dem Linoleum zu achten, das so typisch für Krankenhäuser war. Wie viele Türen es hier gab. Weiße Türen, alle geschlossen, hinter denen eine Unzahl Menschen lag. Betten mit Vorhängen. Maschinen, die piepten und zischten, Schläuche und Nadeln, Ärzte mit traurigen, müden Augen, die kamen, um einem zu sagen, die Eltern wären tot und kämen nie zurück. Die einem verkündeten, von nun an wäre man allein.
»Kate!« Laura drückte ihr die Hand.
»Ich bin okay.« Sie zwang ihre Gedanken in die Gegenwart zurück und atmete tief durch. »Keine Angst.«
Die Schwester öffnete die Tür zu einem gemütlichen, hellen Raum. Einem Raum, in dem man neues Leben willkommen hieß. Ein Schaukelstuhl, Wände in warmem Elfenbeinton mit dunklen Bordüren und üppigen Pflanzenmotiven sowie die ruhigen Klänge einer Chopin-Sonate vervollständigten das heimelige Szenario.
Aber zugleich standen eine piepende Maschine und ein Rollhocker, wie ihn Ärzte benutzten, neben dem Bett, das mit Seitenstangen und steifen, weißen Laken versehen war.
Margo lag in diesem Bett, kreidebleich, mit glasigen Augen, das prachtvolle Haar streng aus der Stirn gekämmt. Nur ein paar lose Strähnen ringelten sich feucht um ihr Gesicht. Aus dem Behälter an dem Infusionsständer tropfte eine klare Flüssigkeit durch einen Schlauch in ihren Arm. Eine ihrer Hände hatte sie schützend auf ihren Bauch gelegt, die andere hielt Josh.
»Da seid ihr ja.« Margo lächelte und drückte ihrem Mann die Hand. »Mach mal eine Pause, Josh. Nun geh schon, ja?« Sie führte seine Hand an ihr Gesicht. »Das hier ist Frauensache.«
Er zögerte, offensichtlich hin und her gerissen zwischen dem Bedürfnis, ihrem Wunsch nachzukommen und dem Verlangen, ihr möglichst nahe zu bleiben. »Ich bin ganz in der Nähe, falls du mich brauchst.« Er gab ihr einen sanften Kuß und legte seine Hand auf ihren runden Bauch. »Und vergiß das Atmen nicht.«
»Ich atme, seit ich auf die Welt gekommen bin, und ich habe durchaus die Absicht, es auch weiterhin zu tun. Und jetzt zieh endlich los und geh nervös im Gang auf und ab, wie es sich für einen zukünftigen Vater geziemt.«
»Wir werden schon dafür sorgen, dass sie sich benimmt«, versicherte Laura ihrem Bruder, setzte sich auf die Bettkante und tätschelte ihm begütigend den Oberschenkel.
»Ich bin ganz in der Nähe, wenn du mich brauchst«, wiederholte er störrisch, trat in den Korridor hinaus und fuhr sich mit zittrigen Händen übers Gesicht.
»Er hat Angst«, murmelte Margo beinahe überrascht. »Was Josh sonst so gut wie niemals hat. Aber es wird alles gut werden.«
»Natürlich wird es das«, stimmte Laura ihr zu und blickte auf den Monitor, auf dem der Herzschlag des Babys zu sehen war.
»Nein, ich meine es ernst. Das hier vermassele ich nicht. Nur das Timing ist ein bisschen ungünstig, weiter nichts.« Sie wandte sich an Kate. »Ich glaube, das ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich mit irgend etwas zu früh dran bin.«
»Oh, ich weiß nicht.« Kate bemühte sich um denselben leichten Ton und setzte sich auf die Laura gegenüberliegende Bettkante. »Entwicklungsmäßig hast du auch einen ziemlich frühen Start gehabt.«
Margo stieß ein Schnauben aus. »Tja, das stimmt. Oh, da kommt wieder eine«, sagte sie mit zitternder Stimme und atmete während der Wehe langsam aus und ein. Instinktiv faßte Kate sie bei der Hand und ahmte ihre Atmung nach.
»Sie sind ziemlich leicht«, brachte Margo mühsam hervor. »Die Flüssigkeit enthält irgendeinen Stoff, der die Wehen verlangsamen soll.« Sie blickte auf den Tropf. »Eigentlich hatten sie gehofft, sie könnten sie ganz stopppen; aber es sieht aus, als wollte das Kind einfach heraus. Sieben Wochen zu früh. Großer Gott!« Sie kniff die Augen zu, denn egal, wie sehr sie sich bemühte, Zuversicht zu mimen, kehrte die Angst zurück. »Ich hätte mich öfter hinlegen sollen… weniger rumlaufen sollen. Ich …«
»Hör sofort auf«, fuhr Kate sie an. »Dies ist nicht der geeignete Augenblick, in Selbstmitleid zu baden.«
»Ganz im Gegenteil. Die Wehen sind der perfekte Augenblick für Selbstmitleid.« In
Weitere Kostenlose Bücher