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So hell wie der Mond

So hell wie der Mond

Titel: So hell wie der Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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richtiger Engel.«
    »Ja, nicht wahr?« Margo hielt die Tragetasche, in der sie den Kleinen transportierte, so, dass jede der Frauen ihn gut sah. »Siebzehn Tage alt.«
    Die Arbeit wurde unterbrochen, da zunächst J.T.s Finger und Nase zu bewundern waren und man lobende Feststellungen über seine leuchtenden, wachen Augen traf. Bis Kate schließlich mit der Wiege aus dem Hinterzimmer kam und John Thomas hineingelegt wurde, waren sämtliche Anwesenden hoffnungslos in ihn verliebt.
    »Du hättest mich anrufen und mir sagen sollen, dass du ein bisschen unter die Leute willst«, schalt Laura Margo. »Ich hätte dich abgeholt.«
    »Mum hat mich hier abgesetzt. Sie musste sowieso ein paar Einkäufe erledigen. Ich habe den Eindruck, sie will in meiner Küche Vorräte für mindestens ein Jahr anlegen.« Margo setzte sich auf einen Stuhl. »Du liebe Güte, ich habe den Laden wirklich vermißt. Also, wie läuft das Geschäft?«
    »Meinst du die beiden, die gerade gegangen sind?« fragte Kate, während sie ihnen allen Tee einschenkte.
    »Die beiden, die gerade auf dem Weg zum Essen waren, ja.«
    »Sie haben vor ungefähr fünfzehn Minuten ihre gemeinsame Begeisterung für mythische Tiere entdeckt und wurden daraufhin sofort Freundinnen. Es hat richtig Spaß gemacht, das mitzuerleben.«
    »Dies ist das erste Mal seit heute morgen, dass niemand im Laden ist«, fügte Laura stolz hinzu. »Im Augenblick kommen jede Menge Leute, die ihre Weihnachtseinkäufe vor Thanksgiving erledigt haben wollen.«
    »Wenn ich dran denke, wie ich diese Art Menschen früher gehaßt habe.« Margo stieß einen Seufzer aus. »Ich war gerade bei meinem Arzt. Er sagt, wenn ich mich die meiste Zeit hinter die Kasse setze, kann ich ab nächste Woche wieder täglich ein paar Stunden arbeiten.«
    »Es besteht kein Grund zur Eile«, meinte Kate. »Wir kommen auch so ganz gut zurecht.«
    »Aber es gefällt mir nicht, ausgeschlossen zu sein. J.T. kann ich ja einfach mitbringen. Babys vernebeln den meisten Kundinnen sicher das Hirn.«
    »Ich dachte, du wolltest eine Kinderfrau einstellen.«
    »Das will ich auch.« Schmollend beugte sich Margo über ihren Sohn und zog seine Decke zurecht. »Bald.«
    »Sie will einfach nicht teilen«, murmelte Laura an Kate gewandt. »Ich weiß, was für ein Gefühl das ist. Als Ali geboren wurde, wollte ich …« Sie brach ab, als ein Trio neuer Kundinnen den Laden betrat.
    »Ich übernehme sie«, bot sich Kate netterweise an. »Dann könnt ihr beiden mütterliche Ratschläge austauschen.«
    Während der nächsten zwanzig Minuten zeigte sie einer Kundin sämtliche Diamantohrringe, die sie auf Lager hatten, während die zweite bei den Nippsachen stöberte und die dritte den schlummernden J.T. bewunderte.
    Sie servierte Tee, rettete einen verzweifelten Ehemann durch das passende Geschenk für seinen Hochzeitstag und hängte die Garderobe aus der Anprobe auf die Ständer zurück.
    Während sie noch den Kopf darüber schüttelte, wie manche Leute mit Seide umgingen, kam sie wieder nach vorn. Neue Kundinnen sahen sich um, unterhielten sich, zwitscherten unbeschwert. Jemand hatte eine Art-Deco-Lampe angeschaltet, um zu sehen, welcher Effekt sich durch die Beleuchtung erzielen ließ, und so war eine Ecke des Geschäfts in weiches, goldenes Licht getaucht. Margo lachte mit einer Kundin, Laura stand auf den Zehenspitzen, um eine Schachtel aus dem Regal zu nehmen, und das Baby schlief.
    Es war ein wunderschöner Ort, erkannte sie mit einem Mal. Eine magische, kleine Schatztruhe, angefüllt mit Grandiosem und Närrischem. Geschaffen von Margo, Laura und ihr. Aus Verzweiflung, aus praktischen Erwägungen, vor allem aber aus der Freundschaft heraus, die sie miteinander verband.
    Seltsam, dass sie den
Schönen Schein
lediglich als Geschäft betrachtet hatte, das man an Gewinnen und Verlusten, an Einnahmen und Ausgaben maß. Und noch seltsamer, dass sie bis zu diesem Augenblick nicht wusste, wie glücklich sie war, Teil eines derart riskanten, lächerlichen und zugleich kurzweiligen Unternehmens zu sein.
    Sie ging zu Laura. »Ich habe noch einen Termin, den ich vollkommen vergessen hatte«, sagte sie schnell. »Kommst du hier eine Zeitlang ohne mich zurecht? In einer Stunde bin ich wieder da.«
    »Sicher. Aber …«
    »Es wird nicht lange dauern.« Ehe Laura irgendwelche Fragen stellen konnte, schnappte sie sich ihre Handtasche. »Bis dann«, rief sie und rannte aus der Tür.
    »Wo geht sie hin?« Margo sah ihr verwundert nach.
    »Keine Ahnung.

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