So hell wie der Mond
Veranda«, fuhr sie fort und kniff in dem Versuch, sich möglichst genau zu erinnern, die Augen zusammen. »Holz – Zeder, glaube ich. Jede Menge Glas. Es ist seit ungefähr sechs Monaten auf dem Markt, aber bisher hat sich niemand gemeldet. Dafür gibt es sicher einen Grund.«
»Könnte sein, dass sich einfach noch nicht der Richtige gefunden hat. Wissen Sie, welcher Makler es anbietet?«
»Sicher – einer unserer Kunden, Monterey Bay Real Estate. Fragen Sie nach Arlene. Sie ist eine durch und durch ehrliche Haut.«
»Vielen Dank. Wenn aus dem Kauf etwas wird, lade ich Sie zum Essen ein.«
»Nicht nötig. Betrachten Sie es einfach als …« Sie brach ab, als plötzlich jemand zuerst ihren Magen und dann ihren Kopf mit einem Messer zu attackieren schien. Das Glas fiel ihr aus der Hand, und Scherben übersäten den gefliesten Boden, noch ehe er sie auffing.
»Halten Sie sich fest.« Er stützte sie und merkte, dass sie kaum mehr als Haut und Knochen war, als er sie langsam auf einen der mit Kissen belegten Stühle sinken ließ. »Himmel, Kate, Sie sind plötzlich kreidebleich. Warten Sie, ich hole jemanden von der Familie.«
»Nein.« Sie unterdrückte den Schmerz und klammerte sich wie eine Ertrinkende an ihn. »Es ist nichts weiter. Nur ein leichtes Ziehen im Bauch. Auf leeren Magen vertrage ich einfach keinen Alkohol«, brachte sie mühsam heraus. »Ich hätte es wissen müssen.«
Er runzelte die Stirn und fragte ungeduldig: »Wann haben Sie das letzte Mal etwas zu essen gekriegt?«
»Irgendwie hatte ich heute einfach zuviel zu tun.«
»Dummes Ding.« Er richtete sich auf. »Hier gibt es genug zu essen für eine dreihundertköpfige, halb verhungerte Schiffsmannschaft. Ich hole Ihnen was.«
»Nein, ich …« Normalerweise hätte sein wütender Blick sie nicht im geringsten eingeschüchtert, aber im Augenblick war sie einfach zu schwach. »Okay. Vielen Dank. Aber sagen Sie niemandem etwas. Sie würden sich nur unnötige Sorgen machen, und schließlich haben sie jede Menge Gäste im Haus. Sagen Sie bitte nichts«, wiederholte sie, ehe er nach einem letzten, zornigen Blick in ihre Richtung im Haus verschwand.
Mit zitternden Händen machte sie ihre Tasche auf und nahm eine kleine Medizinflasche heraus. Also gut, versprach sie sich, in Zukunft paßte sie besser auf sich auf. Sie würde anfangen mit der von Margo empfohlenen Yogaübung, sie würde weniger Kaffee trinken als bisher.
Außerdem würde sie einfach nicht mehr nachdenken.
Als er zurückkam, fühlte sie sich schon wieder ein wenig besser. Ein Blick auf den Teller, den er in den Händen hielt, und sie brach in lautes Lachen aus. »Wie viele von diesen halb verhungerten Seeleuten wollen Sie denn damit beköstigen?«
»Essen Sie«, wies er sie an und schob ihr höchstpersönlich eine kleine, saftige Garnele in den Mund.
Nach einem Augenblick der Überlegung nahm sie die Ablenkung an – selbst wenn sie in Gestalt von Byron de Witt daherkam. »Ich glaube, ich muss Sie bitten, sich neben mich zu setzen und mir beim Leeren des Tellers behilflich zu sein.«
»Sie sind wirklich eine großzügige Person.«
Nun nahm sie sich eine winzige Spinat-Quiche. »Ich mag Sie einfach nicht, De Witt.«
»Alles klar.« Er wählte etwas von dem Krabbensouffle. »Ich mag Sie auch nicht, aber man hat mir beigebracht, Damen gegenüber immer höflich zu sein.«
Trotzdem dachte er an sie. Und was noch seltsamer war, hatte er obendrein einen wenn auch verschwommenen, so doch höchst erotischen Traum von ihr, an den er sich am nächsten Morgen undeutlich erinnerte. Etwas mit Klippen und wogender Meeresbrandung, mit dem Gefühl von weicher Haut und einem schlanken Körper unter sich, während er in ihre großen, dunklen, italienischen Augen sah.
Ein wenig unbehaglich lachte er über sich selbst.
. Byron de Witt wusste vieles ganz genau. Er wusste, dass Staatsschulden niemals beglichen werden würden, dass Frauen in dünnen Baumwollkleidern der beste Aspekt des Sommers waren, dass Rockand-Roll-Musik an erster Stelle rangierte und dass Katherine Powell nicht seinem Typ entsprach.
Dürre, schroffe Frauen mit mehr Arroganz als Charme reizten ihn einfach nicht. Er mochte sie sexy und weich. Er bewunderte sie dafür, dass sie Frauen waren, und genoß mit ihnen ruhige Unterhaltungen, hitzige Debatten, schallendes Gelächter und heißen, gedankenlosen Sex.
Auf diesem Gebiet war er Experte. Schließlich stammte er aus einer Frauenfamilie, der einzige Sohn, neben dem es drei
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