So hell wie der Mond
Diese kleine Kampfhenne würde es wohl kaum gutheißen, dass er seine Mutter, die Internistin, um eine Ferndiagnose ihrer Symptome bat.
Aber es war höchste Zeit, dass sich jemand um sie kümmerte. Ob sie es wollte oder nicht.
7
Sie würde ruhig bleiben, nahm Kate sich vor. Leider hatte sie sich bereits vollkommen lächerlich gemacht, als sie brüllend und tobend in Byrons Büro geschossen war. Das wäre ihr ziemlich egal gewesen – hätte es funktioniert. Aber es gab nichts Schlimmeres, als einen Wutanfall zu bekommen, dem das auserkorene Opfer mit Vernunft, Geduld und Beherrschung begegnete.
Was für eine Erniedrigung.
Außerdem war sie ein Mensch, der ungern Befehle entgegennahm. Stirnrunzelnd sah sie sich im Laden um, den sie soeben geschlossen hatte. Sie könnte einfach gehen, dachte sie, während sie mit den Fingern auf den Tresen trommelte – gehen, wohin es ihr gefiel. Nach Hause, auf eine Spazierfahrt, nach Templeton House zum Abendessen. Das wäre vielleicht die beste Idee, überlegte sie und rieb sich geistesabwesend den schmerzenden Bauch. Sie hatte Hunger, das war alles. Eine nette Mahlzeit in Templeton House, ein Abend mit Laura und den Mädchen, und schon lösten sich sämtliche Wehwehchen in Luft auf.
Es geschähe Byron ganz recht, wäre sie nicht mehr da, wenn er käme, um sie wegen ihres Auftritts zur Rede zu stellen. Denn das schwebte ihm ganz sicher vor. Erst hatte er sie mit Vernunft, mit dem Versprechen auf eine friedliche Diskussion beruhigt, und dann, peng, bekäme sie zweifellos einen Schuß mitten zwischen die Augen verpaßt.
Und genau das war der Grund, weshalb sie blieb. Kate Powell hatte sich bisher noch jeder Herausforderung tapfer gestellt.
Sollte er nur kommen, sagte sie sich grimmig, während sie rastlos durch den Laden zu wandern begann. Sie käme mit Byron De Witt auch noch im Schlaf zurecht. Männer wie er waren es derart gewohnt, mit einem schnellen Lächeln, ein paar gemurmelten Worten ihren Willen durchzusetzen, dass er sicher nicht wusste, wie er einer Frau, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden stand, begegnen sollte.
Außerdem war sie der Ansicht, dass sie sich aufgrund ihrer etwas angespannten Finanzlage ein kostenloses Essen gern gefallen ließe.
Wie ein Echo auf ihre Gedanken flammte in ihrem Magen abermals brennende Hitze auf. Der ganze Streß, dachte sie erneut. Natürlich war sie angespannt. Sie wusste besser als jeder andere, dass der
Schöne Schein
unmöglich auf Dauer drei volle Einkommen tragen konnte, ohne dabei vor die Hunde zu gehen. Sie hatten Glück, dass das erste Jahr so gut gelaufen war. Aber immer noch standen die Chancen auf der Kippe.
Mit gerunzelter Stirn blickte sie auf ein Rhinozeros aus blaßgolden schimmerndem Glas. Wie lange, überlegte sie, könnten sie derart lächerliche Dinge an den Mann bringen? Als sie das Preisschild sah, brach sie in lautes Lachen aus. Neunhundert Dollar für ein Nashorn? Welcher noch halbwegs vernunftbegabte Mensch verschwendet wohl beinahe tausend Dollar an solchen Kitsch?
Margo, dachte sie und lächelte. Margo hatte einen guten Blick für alles, was teuer, lächerlich und doch verkäuflich war.
Falls der
Schöne Schein
den Bach hinunterginge, hätte Margo trotzdem ausgesorgt. Sie hatte Josh, ein wunderbares Heim und obendrein bald ein Kind. Weit entfernt von dem, was sie noch vor einem Jahr besessen hatte, dachte Kate, und freute sich für sie.
Aber außer ihr waren Laura und die Mädchen da. Auch sie würden sicher nicht verhungern. Das ließen die Templetons niemals zu. Sie würden weiter in Templeton House leben, was viel mehr war als ein bloßes Dach über dem Kopf. Es stellte für sie alle Zeit ein echtes Heim dar. Da Laura zu stolz war, um von dem Geld zu leben, das sie als Anteilseignerin des Templeton-Imperiums besaß, arbeitete sie teilweise im Hotel, wo sie eine angemessene Bezahlung erhielt. Aber wie wäre es um ihr Selbstbewusstsein bestellt, wenn der Laden, den sie mit eröffnet hatte, schließen müsste?
Kate erlebte gerade, wie schwer man mit einem angeschlagenen Ego über die Runden kam.
Sie mussten unbedingt dafür sorgen, dass der Laden weiter lief. Margo hatte diesen Traum verwirklicht, Laura machte begeistert mit, und vor allem sie selber hing nun davon ab. All ihre anderen schönen Pläne waren mit einem Mal zunichte. Niemals bekäme sie die Partnerschaft in dem Unternehmen, wo sie jahrelang angestellt gewesen war, und es bestand nicht die geringste Aussicht, in absehbarer Zukunft
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