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So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock

Titel: So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melda Akbas
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dieser Satz. Waren wir nun Freundinnen oder nicht? Schämte
sie sich etwa für mich, wenn ich kein Kopftuch trug? Würde ich mich für sie schämen, wenn sie mit zu meinen deutschen Freundinnen käme und ihr Kopftuch aufbehielte?
    Als wir uns zur Abfahrt am Bus trafen, erschien ich mit Kopftuch. An diesem Tag war ich wieder die andere Melda. Und bereute es, spätestens, als wir in der Konzerthalle eintrafen, die proppevoll war. Gemischtes Publikum, in doppelter Hinsicht: Da waren Männer und Frauen, und manche Frauen trugen Kopftuch, viele aber auch nicht. Ich fühlte mich, als hätte ich mich selbst verleugnet.
    Meine Einstellung zum Kopftuch hat sich bis heute nicht geändert. Ich bin nach wie vor kein Fan davon, zu mir, zu meinem Leben, passt es einfach nicht. Ich finde es auch falsch, wenn Eltern ihre Kinder zwingen, ein Kopftuch zu tragen, oder wenn junge Musliminnen es als modischen Gag verwenden, so tun, als ob, obwohl sie gar nicht dazu stehen. Wie die Mädels in meiner Schule, die zum Minirock ein Kopftuch umbinden. Wer es jedoch aus tiefster Überzeugung trägt, und ich kenne einige Frauen, die sich vorher gründlich damit auseinandergesetzt haben und es tun - Respekt, die bewundere ich, das ist cool. Weil diese Frauen damit genauso ihren eigenen Weg gehen wie ich auf meine Weise.
     
    Zu den wichtigsten Dingen, die wir in der Moschee-Schule beigebracht bekamen, gehörten die Säulen des islamischen Glaubens. Die muss ein Muslim kennen wie ein Christ das Vaterunser. Fünf gibt es davon, die erste und wichtigste ist das Glaubensbekenntnis, die Schahada . Zwar gilt man im Islam quasi durch die Geburt als Muslim, doch sobald man
alt genug ist, um das Bekenntnis selbst aufzusagen, soll man das tun, gewissermaßen um seinen Glauben zu bestätigen. Und um diesen aufzufrischen, soll man es ab und zu wiederholen, manche sagen, am besten jeden Tag mehrmals. An sich ist das auch keine große Sache, also kein Fest oder so. Man muss nur einen Satz aufsagen: »Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Gott gibt und dass Mohammed der Gesandte Gottes ist.« Es ist nicht einmal notwendig, die Worte laut auszusprechen. Wichtig ist nur, dass man sie aus tiefster Überzeugung sagt. Mein erstes Glaubensbekenntnis legte ich mit acht Jahren ab, zu Hause, in der Küche, vor Anne, die mir daraufhin erklärte, dass ich jetzt eine Muslimin sei. So richtig bewusst habe ich den Spruch dann mit vierzehn Jahren aufgesagt, auch zu Hause, in meinem Zimmer, allerdings lautlos, nur in mich hinein, aber das gilt genauso.
    Die zweite Säule ist das Gebet, das wir Salât nennen. Hier wird es schon komplizierter, nicht nur weil Muslime fünfmal am Tag beten sollen - vor Sonnenaufgang, mittags, nachmittags, nach Sonnenuntergang, spätabends. Vor dem Beten schreibt der Koran die rituelle Reinigung vor, Abdest genannt. Sie wird als Schlüssel zum Gebet verstanden und hat nach einem bestimmten Prozedere abzulaufen.
    Als Erstes setzt man sich auf die Toilette. Wenn man muss. Wenn nicht, dann trotzdem, nur eben kürzer. Bei den meisten Muslimen steht, wie bei uns zu Hause auch, neben dem Becken ein Gefäß mit Wasser, das aussieht wie eine kleine Gießkanne. Das benutzt man, um sich nach der Toilette mit der linken Hand untenherum zu waschen. Danach geht’s ans Waschbecken. Man sagt einen Spruch
auf, erst »Euzü billahimineschscheytanirracim« , was so viel heißt wie: »Ich nehme meine Zuflucht zu Allah vor dem verfluchten Satan« - und hinterher jenes »Bismillahirrahmanirrahim« , das ich am Anfang des Kapitels erklärt habe. Dabei beginnt man aber schon, sich die Hände zu waschen, dreimal, bis zum Handgelenk. Dann nimmt man mit der rechten Hand einen Schluck Wasser in den Mund, spült und spuckte ihn wieder aus, auch das dreimal. Immer alles dreimal. Nach dem Mund ist die Nase dran: Wieder lässt man Wasser in die rechte Hand laufen, führt sie zur Nase, zieht das Wasser hoch - und schnäuzt es raus. Diesen Teil lasse ich immer aus, weil ich ihn eklig finde. Anschließend wird das Gesicht gereinigt, dann sind die Arme an der Reihe, der rechte Arm zuerst, die Stirn und der Haaransatz darüber, beides wird eigentlich nur mit Wasser betupft, zuletzt die Ohren und der Hals, und auch dafür gibt es eine spezielle Technik mit Daumen und kleinem Finger. Ganz zum Schluss wäscht man sich die Füße bis zu den Knöcheln.
    Für jemanden, der das nicht kennt, klingt das wahrscheinlich, als würde die Waschung einen ganzen Vormittag in Anspruch nehmen. Mit

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