Söhne der Rosen - Die rätselhaften Zwillinge (Gay Phantasy) (German Edition)
Heim sein soll, ist ein dringendes Vater-Sohn-Gespräch fällig, Jul.“
„Ich verstehe nicht“, flüsterte ich langsam, und das entsprach der Wahrheit. War alles nur ein Traum gewesen? Wurde ich verrückt? Was war mit Alain, was mit der Villa?
„Räum deine Schulsachen weg und setz dich mit an den Tisch. Ich fülle dir schon mal dein Essen auf“, sagte meine Mom, vielleicht nur, um die Stille zu unterbrechen. Meine Mom.
„Geht es dir gut?“ fragte ich. Meine Unterlippe begann zu zittern.
„Natürlich geht es mir gut, mein Engel. Setz dich.“
„Nimmst du etwa Drogen, Jul?“
Obwohl die Stimme meines Vaters einen gefährlichen Unterton angenommen hatte, nahm ich ihn nur wie durch Watte wahr.
„Oh, Mom“, rief ich, lief zu ihr und hielt sie so fest ich nur konnte. Sie war verwirrt, aber erwiderte meine Umarmung. Der General sprang auf und stieß dabei beinahe seinen Stuhl um. Aber auch das bemerkte ich nur am Rande.
„Ich habe dich etwas gefragt, Sohn! Falls ich rauskriege, dass du wirklich Drogen nimmst, bist du in größeren Schwierigkeiten, als du dir vorstellen kannst.“
Ich ignorierte ihn, im Moment war mir nur wichtig, meine Mom festzuhalten, sie zu spüren, zu fühlen, dass sie wirklich war. Brutal packte er mich am Arm und riss mich von ihr weg.
„Ernest, nein!“
Aus dem Schwung heraus ballte ich eine Faust und schlug sie ihm ins Gesicht.
Die Leinwand stürzte mitsamt der Staffelei zu Boden. Regungslos stand ich in meinem Atelier, Minuten, Ewigkeiten.
Freitag, 27. Juni 1997 – 19:07 Uhr
Cape Orchid
Manipulierte Raumzeit -
„Ich verliere meinen Verstand.“
Während meines gesamten Vortrages hatte ich auf der Bettkante gesessen. Alain lag auf der Matratze neben mir, nur mit knappen Shorts bekleidet. Seine wundervolle, perfekte Schönheit bewunderte ich kaum – meine Gedanken waren woanders.
„Das glaube ich nicht“, antwortete er, richtete sich auf und nahm mich in den Arm. „Zugegeben, das ist etwas seltsam.“
Schweigen trat ein. Je länger es dauerte, desto mehr wuchs meine Angst. Ich wollte gerade etwas sagen, nur um etwas zu sagen, als Alain weitersprach.
„Du hast deine Mom wirklich berührt?“
„Ja.“
„Und du hast den jungen Mann im Keller angesprochen?“
„Er hat mich angesprochen. Er hat mich gesehen.“
„Braune Locken. Rüschenhemd ... Und er sprach Italienisch ... oder Spanisch. Kennst du ihn?“
„Hmm ...“
Alain zögerte, entweder um zu überlegen, oder weil er mir etwas nicht sagen wollte.
„Vielleicht habe ich einen Hirntumor. Vielleicht bewirkt er, dass ich ungewollte Zeitsprünge mache?“
Nomen est omen. Kaum hatte ich es ausgesprochen, setzen die Kopfschmerzen wieder ein. Anders als zuvor kamen sie schleichend, wurden aber schnell konstant schlimmer.
„Du kannst keinen Tumor haben. In der Villa wird man nicht krank. Es ist etwas anderes. Es kann sein, dass du die Villa zwischenzeitlich verlassen musst.“
Alains Stimme, aber nicht direkt neben mir, sondern von dem offenen Fenster kommend. Erschrocken blickte ich auf. Dort stand ein zweiter Alain.
„Durch ihr Herz“, sagten beide synchron. Fast glaubte ich, mich mit Sinh und Daxx zu unterhalten, bis ein dritter Alain von der Zimmertür aus sagte: „Du weißt, was ich meine?“
Entsetzt ließ ich den ersten Alain los.
„Nein“, stöhnte ich, der Verzweiflung nahe. Die Kopfschmerzen hatten sich binnen Sekunden in eine heißbrennende Migräne verwandelt.
„Habe ich es dir nie gezeigt?“, fragten drei Alains, und ein vierter aus der gegenüberliegenden Zimmerecke: „In der Kammer.“
Ich sprang auf, presste meine Hände gegen die Schläfen und die Augen zusammen. „Das passiert nicht. Das passiert nicht. Das passiert nicht!“
„Was passiert – passiert – nicht – nicht – nicht? Was ist los – los – mit – mit – mit dir – mit dir – dir, Großer – dir, Großer – Großer – Großer – ...ßer?“
Alains Stimmen klangen wie die Echos in einer riesigen Tropfsteinhöhle. Ich spürte die Berührung mehrerer Hände an meinem Körper, zu viele für eine Person. Der Druck im Inneren meines Schädels wurde unerträglich. Niemals zuvor hatte ich vergleichbare Schmerzen. Die Alains sprachen durcheinander. Ich blinzelte und sah acht weitere von ihnen, alle mit besorgtem Gesichtsausdruck. Ihre Sätze vermischten sich zu einer grausamen Kakophonie.
„... Zeitpunkt ...“
„...und zwanzigste –
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