Soehne des Lichts
Mann pflegte, wäre sein sorgfältig gehüteter schlechter Ruf in Gefahr, dachte Ilat mit müdem Grinsen.
Auf dem Weg zurück zum Deck fiel ihm ein Soldat auf, der sich im Schatten der Treppe herumdrückte.
„Ist was?“, knurrte Ilat ihn an.
„Majestät, ich ...“ Der Soldat fiel ihm zu Füßen. Ilat erkannte in ihm den Jungen, den Janiel geheilt hatte, und er verstand.
„Ein guter Rat, Soldat: Wenn du etwas haben willst, nimm es dir, oder frag danach. Warten, bis man es dir schenkt, ist meistens Zeitverschwendung.“
Verwirrt starrte der Junge ihn an. Wenn er siebzehn Jahre war, wäre es schon viel. Ilat seufzte. Der Kleine war weder ein guter Kämpfer noch ein begnadeter Geist. Er war einfach nur zu jung, um zu sterben, mehr nicht. Das war zu wenig, um ein Talent wie Janiel zu riskieren. Ilat verstand nichts von Magie, aber die Art, wie dieser Geweihte komplette Schiffe mit einem einzigen unsichtbaren Hieb zerstört hatte, das musste man sich merken! So viel Talent, verschwendet für ein unwichtiges Kind. Doch diese Entscheidung hatte Janiel selbst getroffen. Nichts, was Ilat nachvollziehen konnte, er hätte den Soldaten ohne zweiten Gedanken verbluten lassen.
„Gut, anders erklärt. Warte das nächste Mal nicht zwei Tage lang, darum zu bitten, dich um deinen Retter kümmern zu dürfen, denn dann ist es womöglich zu spät. Geh zu ihm, tu alles, was du für sinnvoll hältst, um sein Leben zu bewahren. Du darfst seine Fesseln lösen, ihn allerdings nicht aus dem Raum lassen.“
Das Gesicht des Jungen hellte sich auf, er stammelte ein paar Dankesworte, die Ilat, auf dem Weg die Treppe hinauf, schon kaum mehr hörte. Einer Eingebung folgend drehte er sich noch einmal um und rief dem Soldaten hinterher: „Ich mache dich persönlich für alles verantwortlich, was mit dem Gefangenen geschieht.“
„Warum helft Ihr ihm?“, fragte sein Kammerdiener am Abend. Ilat knurrte gereizt. Natürlich, das gesamte Schiff wusste, was er angeordnet hatte. Nein, vermutlich die gesamte Flotte. Schlecht für seinen Ruf!
„Ich helfe niemandem. Ich verhindere, dass diese schwachsinnigen Priester über Bord geworfen werden, falls der Junge stirbt. Die Soldaten verstehen deren Gesetze nicht und könnten einen Aufstand anzetteln.“
„Die versteht niemand“, wagte der Diener zu sagen, duckte sich dann schnell, für den Fall, dass sein König ihm das übel nahm.
„Es reicht, wenn die Priester sie verstehen. Wäre gut, wenn sie uns arme Irrende erleuchten würden, aber das wird Rynwolf vielleicht übernehmen.“ Ilats Tonfall ließ keinen Zweifel, dass er nichts mehr zu dem Thema sagen würde, und der Diener suchte schleunigst das Weite.
Warum helfe ich ihm?, fragte Ilat sich selbst. Er erinnert dich an deinen Bruder. Ein besserer Mensch als du, ein netterer auf jeden Fall. Das trifft wohl auf so ziemlich jeden hier in Enra zu … Bloß, die meisten sind unfähige Schwachköpfe. Janiel nicht. Thamar war auch keiner. Außerdem hat der Kleine dir das Leben gerettet.
Ilat lauschte dieser kleinen Stimme, betrachtete die süßen Erinnerungen seiner Vergangenheit. Er lächelte, als er sich an Thamars Schreie erinnerte, an sein Flehen, sein Betteln, endlich sterben zu dürfen. Das waren gute Zeiten gewesen!
„Du hast Glück, Janiel. Meine guten Zeiten sind vorbei. In schlechten Zeiten braucht man jemanden wie dich. Du hast das Zeug zum Helden, neben dem mich das Volk ungestört hassen kann.“
Ilat packte seinen Weinkrug und leerte ihn mit einem tiefen Zug. „Auf das Glück!“ Er prostete sich selbst zu, zerschlug den Krug auf dem Boden und wankte danach zu Bett.
26.
„Heimat ist dort, wo du glücklich bist.“
Sinnspruch, Urheber unbekannt
Roya bückte sich, um die Rückentrage aufzunehmen. Larome, der Sippenführer, sah es nicht gern, dass sie allein an den Fluss ging, um Wäsche zu waschen oder Wasser zu holen. Roya hatte es nicht gern, wenn man sie beschützen wollte. Seit jenem verhängnisvollen Tag vor so vielen Jahren hatte sie ihren Körper unablässig gestählt. Niemand durfte sie begleiten, wenn sie in den Wald oder zum Fluss wollte, es sei denn, die Sippe befand sich in einer Fehde mit anderen Loy. Niyam hatte sich etwas schwer getan, diese Tatsache zu akzeptieren. Mittlerweile nahm er es hin, aber Roya wusste, er machte sich nach wie vor Sorgen um sie.
Sie verdrängte die trüben Gedanken und rückte ihre Last zurecht, bis sie bequem zwischen ihren Flügeln saß. Gerade wollte Roya
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