Sohn Der Nacht
bungslos mit einem Computer zurechtzukommen, aber er hatte seinen Vorteil erkannt, als ihm klar wurde, daß er seine Plattfüße von der Straße holen konnte. Jetzt saß er die meiste Zeit des Tages vor seinem Bildschirm auf der Spurensuche im flimmernden Orbit der Elektronen.
Merrick wartete, bis der Detective aufblickte. Endlich lehnte sich dieser zurück und rieb sich leicht die Augen. Mer rick räusperte sich, und Bavarro sprang auf.
»Merrick! Wie lange stehen Sie denn schon hier?«
»Ich bin gerade hereingekommen. Hatten Sie eigentlich gestern einen Raubüberfall - Capitol Security Bank?«
Bavarro blickte ihn an. »Gut geraten. Ich habe tatsächlich gerade mit Ihrem Mitarbeiter Reggie telefoniert. Sie haben die ermordete Kassiererin.«
Merrick spürte, wie sich sein Puls beschleunigte.
»Susan Zarelli«, sagte Bavarro und verschränkte die Arme. »Ein nettes italienisches Mädchen.«
Für Bavarro waren alle italienischen Mädchen nett. »Zu nett für das, was ihr widerfahren ist«, stimmte Merrick zu. »Kön nen Sie mir kurz den Hergang des Raubüberfalls schildern?«
»Natürlich. Die Capitol Security hat gemeldet, es fehlten fünf Riesen in Zwanzigern und Fünfzigern. Die Bank glaubt, es handele sich um die Tat irgendwelcher Leute aus dem Haus. Scheint, als sei das Videosystem auf geheimnisvolle Weise bei bereits existierenden Aufzeichnungen sowohl des Eingangs wie des Innern des Tresorraums eingefroren.«
Ja! dachte Merrick.
»Eine andere Angestellte hat gesehen, wie Susan Zarelli während der zwanzig Minuten, die auf diese Weise >über brückt< wurden, in den Tresorraum gegangen ist. Wir haben den Wachmann, der die Kontrollmonitore überwacht, gelö chert, und er sagt, er wisse, zur Hölle noch mal, nicht, wie das passieren konnte. Die übliche Geschichte. Wir haben ihn bereits eingebuchtet. Was nun die Zarelli angeht, die hat in das Kontobuch im Safe Zahlen geschrieben, die überhaupt keinen Sinn ergeben, falls sie die Diebin war, und Reggie sagt, ihr Jungs hättet in ihrem Apartment nichts von dem fehlen den Geld entdeckt.«
»Das ist richtig. Aber vielleicht hat sie es ja irgendwo sonst versteckt.«
»Könnte sein, und dann hat ein Komplize sie abserviert und versucht, es so aussehen zu lassen, als handele es sich um die Tat eines Psychopathen. Oder vielleicht ist ja auch Nor man Bates wieder zum Leben erwacht.«
»Was ist mit den anderen Monitoren des Überwachungssy stems?«
»Die haben ordnungsgemäß gearbeitet. Ich hab' ihnen gestern abend gesagt, sie sollten Fotos von allen Leuten zie hen, die zur Zeit des Raubes in die Bank gekommen sind. Sie werden uns diese Fotos per Modem zuschicken. Darauf warte ich im Moment noch.« Bavarros Computer piepste, und eine Botschaft erschien auf dem Bildschirm. »Das ist es.«
Fotos von Bankkunden begannen über den Bildschirm zu flimmern, alle paar Sekunden ein anderes. Merrick lehnte sich erwartungsvoll vor und sah drei ältere Frauen, vier Yuppie- Typen, ein paar Arbeiter - und da war Zane, wie er gerade durch den Haupteingang kam!
Merrick bezähmte seine Erregung und wartete, bis die fünfundvierzig Bilder überspielt worden waren. Er behielt seine Stimme unter Kontrolle. »Wade, können Sie mir Aus drucke davon beschaffen?«
»Jemand dabei, den Sie kennen?« fragte Bavarro scharfsin nig.
»Nein, aber wer weiß, wenn wir sie durch unsere Kartei jagen?«
»Ja. Genau das werden wir auch machen.« Bavarro zögerte. »Der Raub fällt in Ruprights Zuständigkeit, und Sie wissen ja, wie der reagiert, wenn ihm jemand zuvor kommt.«
»Sie wurde ermordet, Wade. Ein nettes italienisches Mäd chen.«
»Ich denke, ich kann sie Ihnen gleich ausdrucken. Denken Sie bitte nur daran, überrascht und dankbar zu tun, wenn Rupright sie Ihnen in ein paar Stunden bringt.«
»Vielen Dank.«
Merrick klopfte ihm auf die Schulter und entfernte sich.
Die Leichtigkeit, mit der Zane sich bewegte - und seine Leichen transportierte -, legte die Vermutung nahe, daß er ein Auto hatte, und das bedeutete, daß er seinen Unterschlupf weit entfernt, bis in die Vororte von Virginia und Maryland hinein, haben konnte. Wie viele hundert Hotels mochten das wohl sein, wie viele tausend Angestellte, und er, Merrick Chapman, allein mußte ihn ausfindig machen - und zwar, wenn Rourke seine Warnung ernst gemeint hatte, innerhalb von nur höchstens einer Woche.
Selbst wenn er Zane fand, wäre es noch längst nicht geschafft. Dann mußte er ihn noch fangen und in das Gewölbe
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