Soko Mosel
Spalten sortiert. Er zählte nach: 14 Adressen. Alle Namen endeten auf -mann. Zwei waren mit einem dicken Kreuz versehen.
Walde rief Harry an: »Ich habe deine Nachricht erhalten.«
»Und, was hältst du von unserem Baldo?«, Harry zog den Namen in die Länge.
»Hmh, er hat angedeutet, dass ihr nicht sehr nett zu ihm seid.«
In diesem Augenblick kam von Manstein aus dem Hotel und klopfte im Vorbeigehen an Waldes halb heruntergedrehte Scheibe: »Schönen Tag noch!«
»Danke gleichfalls«, entgegnete Walde, der die Liste zusammenfaltete und ins Telefon flötete: »Pack schon mal die Badesachen ein, Schatz, ich bin …«
»War das unser neuer Sokoleiter?«, fragte Harry.
»Wenn man vom Teufel spricht.«
»Also der gute Mann hat Verstärkung aus Mainz kommen lassen. Wir scheinen ihm zu blöd zu sein.«
Walde klappte die Liste wieder auf: »Was sollen die Kreuze bedeuten?«
»Der Schnauz hat sich mächtig angestrengt. Soweit er sich erinnern konnte, war die letzte Halterfeststellung für Mathey jemand mit Mann am Ende des Namens. Vom Kennzeichen hat er noch die Zahl gewusst, aber nicht mehr die Buchstaben. Du hast das Ergebnis vor der Nase. Die beiden Angekreuzten könnten es sein, aber er ist sich nicht sicher. Willst du jemanden davon persönlich checken?«
Walde ging die Adressen durch: »Ich nehme die beiden mit Kreuz.«
»Habe ich nicht anders erwartet«, seufzte Harry.
*
Auf den letzten Metern wurde die schmale Teerstraße steil. Walde schaltete in den ersten Gang. In der Einfahrt zur Garage parkte er. Er stieg die Steintreppe hoch. Auf dem Klingelschild stand ›Wieckmann‹. Der Klingelknopf blieb hängen. Walde zog ihn mit Mühe wieder heraus. Im Haus regte sich nichts. Neben der Tür reichte ein Fenster bis zum Boden. Die Scheibe war entweder blind oder schon lange nicht mehr geputzt worden. Walde näherte sein Gesicht dem Glas, bis seine Nase daran stieß. In der kleinen Diele hing nichts an der Garderobe. Auf einer Kommode stand eine Obstschale. Die Früchte schienen aus bunt lasiertem Ton zu sein.
Oberhalb der Haustür wuchsen dichte Haselnusshecken. Walde ging zur Garage zurück und von dort an einem hohen Zaun entlang. Er bog um die Ecke. Hier war die Erde vom Regen aufgeweicht. Waldes Schuhe sanken tief ein. Bei jedem Schritt gaben sie ein schmatzendes Geräusch von sich. Vom Grundstück hörte er Wasserplätschern.
»Hallo, Herr Wieckmann«, rief Walde.
Keine Antwort. Zwischen den hohen Hecken hindurch sah er auf flache Sandsteinmauern, die das terrassierte Gelände abstützten.
Weit oben bewegte sich etwas. Ein Mann schob mit weit nach vorn gebeugtem Oberkörper eine offensichtlich schwer beladene Schubkarre.
»Herr Wieckmann, hallo, Herr Wieckmann!«
Der Mann setzte die Karre ab und wischte sich über die Stirn.
»Herr Wieckmann, hier unten!« Walde winkte mit beiden Armen.
Lorenz hatte den Besucher längst bemerkt. Jetzt wurde es für ihn unvermeidlich, auf das Rufen und Winken des Mannes am Zaun zu reagieren. Er ließ sich Zeit und spähte beim Hinabsteigen über das Terrain. Sonst war niemand zu sehen.
»Herr Dr. Wieckmann, kann ich Sie einen Moment sprechen?«, Walde beobachtete den bärtigen Mann, der langsam um Teiche und Beete herum auf ihn zukam und in gut fünf Metern Entfernung vor ihm stehen blieb. Er machte einen ungepflegten Eindruck.
»Der Herr Wieckmann ist nicht da.«
»Kann ich auf ihn warten?«
»Der ist im Heim.«
»Im Heim?«, Walde betrachtete sein Gegenüber. Der Mann sprach ganz ruhig mit einem desinteressierten Gesichtsausdruck.
»Ja.«
»Können Sie mir sagen, wo?«
»In Konz.«
»Und wo in Konz, wie heißt das Heim?«
Der Mann zog die Schultern hoch.
Er drehte sich um und ging ebenso gemächlich, wie er gekommen war, zur Schubkarre zurück.
Walde machte kehrt. Den Weg durch den Morast hätte er sich sparen können. Die Nässe drang ihm durch die Schuhe in die Socken. Er musste niesen.
Fröstelnd schaltete er im Auto die Heizung an.
Lorenz umklammerte die Griffe der Schubkarre, ohne sie anzuheben. Was wollte dieser hoch aufgeschossene Mann? Kam er vom Elektrizitäts- oder Wasserwerk? Er sah nach Behörde aus. War er von der Polizei? Aber dann wäre er nicht allein gekommen. Er ließ die Schubkarre los und ging in Richtung Haus. In der Garagenauffahrt wendete ein Volvo und fuhr die schmale Straße bergab zum Dorf. Solche Autos wurden nicht von deutschen Behörden als Dienstfahrzeuge benutzt.
*
Walde rückte langsam im Rückstau an der Ampel
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