Soko Mosel
neuen Soko-Leiter, gegenüber. Vor ihnen stand ein reich gedeckter Frühstückstisch. Auf der anderen Seite der steinernen Balustrade breitete sich am Fuße des Hügels eine Schrebergartenanlage aus, hinter der die Stadt mit ihren Schönheiten wucherte. Kaiserthermen, Basilika, Kurfürstliches Palais, St. Gangolf und Dom überragten das Häusergewirr.
»Es freut mich, dass wir uns in dieser entspannten Atmosphäre austauschen können«, Baldo von Manstein genoss sichtlich die wärmenden Strahlen der Sonne, die sich auf der Anhöhe bereits gegen den Frühnebel durchgesetzt hatten.
»Soll ich Ihnen noch etwas vom Buffet mitbringen?«, er erhob sich. Sein Anzug saß ebenso tadellos wie seine Frisur, seine Krawatte und sein Lächeln.
»Ich komme mit.« Auf dem Weg zum Buffet warf Walde einen kritischen Blick auf seine Schuhe. Das schwarze Leder war stumpf und staubig.
Von Manstein gönnte sich ein zweites Frühstücksei, Walde tat es ihm nach. Während Walde das Ei brutal köpfte, pellte sein Gegenüber die Schale ab.
Walde überlegte noch, sich in einen Crashkurs für Benimm- und Modefragen – wenn es so etwas geben sollte – einzuschreiben, als sein Nachfolger in der Sokoleitung mit sorgfältig leergekautem und mit der Stoffserviette abgetupftem Mund weitersprach: »In Ihrem Präsidium schlägt mir und meinen Kollegen vom LKA eine Stimmung entgegen, die der ansonsten schon schwierigen Teamarbeit überhaupt nicht zuträglich ist.«
Walde schaute über den Kopf eines steinernen Löwen hinweg. In der Ferne waren die roten Felsen, die steil hinter der Mosel aufragten, noch von letzten Nebelschwaden eingehüllt. Was sollte er dazu sagen? Dass diese Reaktion ganz natürlich sei, nachdem das LKA gegen Trierer Polizei- und Gerichtskreise wegen Korruption und Verstrickung in das Rotlichtmilieu ermittelt hatte?
»Gut, das ist letztlich zweitrangig, ich habe Sie zum Frühstück eingeladen, um mit Ihnen noch einige Details abzuklären.«
Walde kratzte mit dem Messer heruntergetropfte Marmelade von der Tischdecke. Er führte es zum Mund, hielt aber im letzten Moment inne.
»Herr Grabbe hat die sieben Leute von Matheys Liste mit den Personaldaten von FARMERS verglichen«, fuhr von Manstein fort. »Vier davon arbeiten dort oder haben Familienangehörige von der Arbeit abgeholt. Auch die Überprüfung der übrigen drei ergab keinen Zusammenhang mit der Erpressung.«
»Wohnte jemand davon in der Nähe der B51?«, fragte Walde.
»Nicht, dass ich wüsste. Sie spielen auf den letzten Kontakt des Handys an. Matheys Auto wird uns wohl heute von den Luxemburger Kollegen übergeben. Vielleicht finden wir darin einen Hinweis.«
»Glaub ich nicht«, Walde setzte sein Saftglas ab. »Ich hab schon mal reingeguckt.«
»Wie das? Sie haben doch Urlaub.«
»Beziehungen«, Walde zeigte Pokerface.
»Und warum haben Sie mich nicht gleich informiert?«
»Hätte ich, wenn ich was gefunden hätte, außerdem habe ich Urlaub.«
»Herr van Bodesandt, übrigens ist er ein ausgezeichneter Golfspieler, wir haben gestern in Bekond …«
Walde gähnte. Da hatten sich ja die zwei richtigen gefunden, dachte er.
»Also bei FARMERS hegt man den Verdacht, der Mathey könnte mit den Erpressern unter einer Decke stecken«, fuhr der Mann vom LKA fort.
»Und was sagt der Psychologe?«, fragte Walde.
»Zu einem exakten Täterprofil fehlen ihm noch zu viele Anhaltspunkte. Abgesehen davon, dass der Verdächtigenkreis noch auf die Drogenszene ausgeweitet wurde, stöbern wir weiter in Prozessakten, Krankengeschichten, Personaldaten und anderem Kram. Ich muss das Hauptaugenmerk auf die Geldübergabe richten.«
Walde nahm die Gelegenheit wahr, um aufzustehen: »Falls mir noch was einfällt, rufe ich Sie an.«
Von Manstein erhob sich ebenfalls und reichte Walde seine Karte: »Da ist auch meine Handynummer drauf, ansonsten erreichen Sie mich im Präsidium, die Nummer kennen Sie ja, ich sitze im Moment an Ihrem Schreibtisch«, er verzog das Gesicht: »Oder ist Ihnen das nicht recht?«
»Bedienen Sie sich ruhig, ich habe in der untersten Schublade noch eine angebrochene Packung Kekse liegen, gleich neben meiner Pistole.«
*
Unter dem Scheibenwischer klemmte ein Zettel. Zuerst hielt Walde ihn für ein Strafmandat. Es war eine Nachricht von Harry: »Schließ nächstens ab, alles Weitere liegt im Handschuhfach!«
Walde fand eine Liste mit der unverkennbaren Aufteilung, wie er sie schon einmal bekommen hatte: Kennzeichen, Name des Halters und Adresse in
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