Soko Mosel
Fußgängerüberweg streifte er mit dem Hinterrad den hohen Bordstein und musste sich mit beiden Füßen auf dem Asphalt abstützen. Der Kurier hatte einen deutlichen Vorsprung. Harry schaffte es, einen höheren Gang einzulegen, und holte auf der langen Geraden das letzte aus seinen Beinen heraus. Dennoch konnte er den Abstand nur unmerklich verkleinern.
Die Abfahrt in die Fußgängerunterführung raste er in Schussfahrt hinunter und streifte dabei die Mauer. Die hinauf führende Rampe verlangte ihm alles ab. Oben war der Kurier nicht mehr zu sehen.
»Zielobjekt entweder zur Nordallee oder zur Simeonstraße«, keuchte er atemlos ins Mikrofon.
»Mosel 8 zur Simeonstraße«, kam die Order über Funk.
*
Kaum hatte Bob das Postamt verlassen, stürmten vier Polizisten in Zivil das Gebäude.
»Holen Sie mir das Päckchen, das der Mann hier soeben aufgegeben hat!«, rief der erste und zeigte seine Polizeimarke.
»Welcher Mann?«, fragte der Rothaarige hinter dem Schalter. Sein Kollege schob einen vollgeladenen Karren aus der Tür.
»Schnell, nun machen Sie schon!«, die vier Polizisten wurden ungeduldig.
»Welcher Mann?«, wiederholte der Rothaarige stoisch.
»Der mit dem orangen Rucksack, ist gerade hier gewesen.«
»Ach so, der vom Kurierdienst, der Bob.«
»Ja genau, jetzt geben Sie mir endlich das Päckchen.«
»Der hat kein Päckchen aufgegeben.«
»Was hat er denn hier gemacht?«
»Ein Paket hat er gebracht«, der Postbeamte griff nach einer Sendung, die eine Kundin auf den Tresen stellte.
Der Polizist hielt ihn am Arm fest: »Es ist Gefahr im Verzug.«
»Ist eine Bombe drin?«, der Rothaarige drehte sich um und schaute auf die Tür, durch die sein Kollege verschwunden war. »Da müssen wir sofort evakuieren.«
»Nein, keine Bombe, geben Sie mir das Päckchen, ich meine das Paket, wir sind sehr in Eile.«
»Das kann ich nicht, da muß ich den Chef rufen. Der soll das entscheiden.«
Dem Polizist wurde es zu bunt, er hechtete in einem Satz über den Schalter und begann, in den Drahtkörben zu wühlen.
»Hören Sie, das ist ein Verstoß gegen das Postgeheimnis!«
Zwei weitere Zivilfahnder liefen durch die Tür, hinter welcher der Postbedienstete mit dem Paketwägelchen verschwunden war.
*
»Das geht alles viel zu schnell, auf diese Situation waren wir nicht eingestellt«, Baldo von Manstein klang nicht mehr so souverän. »Wir gingen davon aus, dass das Geld auf einen Schlag übergeben wird, aber die Täter scheinen die vier Pakete aufzuteilen.«
»Ein oder zwei Milliönchen würden mir auch reichen!«, sagte Meier.
Von Manstein ignorierte die Bemerkung: »Jetzt haben wir schon die Hälfte unserer Leute in der Post und im Bahnhof gebunden, und der Kurier rast wie ein Irrer über rote Ampeln.«
»Der wird Harry sicher auch noch abhängen«, Meier verbreitete weiteren Trübsinn.
»Der Bote weiß wohl gar nicht, was in seiner Tasche steckt. Im Feierabendverkehr kommen wir mit den Autos nicht hinterher.«
»Wir brauchen mehr Leute«, forderte einer der LKA-Beamten.
»Noch mehr solcher Stümper wie die in der Post?«, von Manstein stieß ein Schnaufen aus. »Darauf kann ich verzichten.«
»Chef, jemand von FARMERS ist am Telefon.«
Von Manstein nahm den Hörer: »Ja?«
Er hörte einen Moment zu.
»Nein, Herr van Bodesandt, noch nicht, ich rufe Sie an, sobald ich mehr weiß … keine Ursache.«
»Er ist hinterm Kaufhof an der Rampe«, wiederholte Grabbe den Funkspruch, den der hechelnde Harry gerade durchgegeben hatte.
»Mosel 8, bleiben Sie dran, bis die Kollegen übernehmen.«
*
Lorenz stand zwischen den Wartenden an einer Bushaltestelle am Bahnhofsplatz. Er beobachtete, wie der Kurier mit dem Rad von der Post zum Bahnhofsgebäude fuhr und wenig später wieder auf die Straße sauste. Er entdeckte Polizisten in Zivil, die das Postamt, und weitere, die den Bahnhof observierten. Was er nicht sah, hörte er. Sein Ohrstöpsel mit der dünnen weißen Schnur sah einem Hörgerät ähnlich. Die Frequenz zu finden, über die sich die Soko verständigte, war für ihn eine Sache von wenigen Minuten gewesen.
Lorenz registrierte, wie ein Radfahrer sich mühte, hinter Bob herzufahren. Als der nächste Bus hielt, schlenderte Lorenz zu seinem Auto zurück und schickte eine weitere Mail an Bobs Handy ab.
*
Bob stieg auf der Rolltreppe bis zu einem Paar hoch, das ihm den Weg versperrte. Auf dem Treppenabsatz drängelte er sich an den beiden vorbei und nahm auf der nächsten Treppe je zwei Stufen auf
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