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Sokops Rache

Sokops Rache

Titel: Sokops Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lohmeyer
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könntest fahren, als wärst du mit dem Lenkrad in den Händen zur Welt gekommen.«
    Henry nimmt einen vorsichtigen Schluck aus seinem Becher.
    »Um was geht es?« Der geschäftsmäßige Tonfall gelingt ihm, obwohl er sich wie im zweitklassigen Fernsehkrimi vorkommt.
    »Du holst einen Wagen aus Hamburg ab und bringst ihn her. Fahr gleich los, hier sind das Bahnticket und die Adresse«. Paetow schiebt einen Umschlag zu ihm herüber und heftet das Stahlblau seiner Augen prüfend auf sein Gesicht. Henry bläst ungerührt auf seinen Kaffee.
    »Weiter nichts?«
    »Lass dich nicht von den Bullen erwischen. Bei erfolgreicher Übergabe der Karre sind das dann fünf Grüne für dich.«
    * * *
    Während er den 98er-Mondeo, den er bei einer Hinterhofwerkstatt in Hamburg-Ottensen abgeholt hat, über die A 1 lenkt, macht Henry sich Gedanken, worum es bei dieser Sache geht. Ist der Wagen gestohlen, heiße Ware? Befindet sich eine Drogenlieferung in seinem Inneren? Er fährt, nachdem er sicher ist, dass ihm kein anderes Auto folgt, auf den Rastplatz Buddikate und untersucht den Ford so gründlich, wie es ihm möglich ist, ohne dabei jemandem aufzufallen. Enttäuschenderweise findet er nichts Verdächtiges. Weder im Kofferraum noch unter der Motorhaube oder im Innenraum. Auch ist es bei Weitem keine Nobelkarosse, die es zu stehlen lohnen würde. Die Wagenpapiere, die hinter der Sonnenblende stecken, scheinen einwandfrei. Lange bevor er die Ausfahrt der A 20 nach Wismar erreicht, kommt er zu dem Schluss, dass Paetow ihn testet, seine Loyalität mit dieser Tour auf die Probe stellt.
    * * *
    Der schwarze Kampfhund spielt verrückt. Wenn er sich weiter so gegen den Maschendrahteinsatz des rostigen Tores wirft, wird er sich ernsthaft wehtun. Henry erinnert sich für einen Moment an seine tierischen Besucher in Waldeck. Die Taube, in zweiter Generation acht Jahre lang zu Gast auf seinem Fenstersims, zwei Kohlmeisen und die Spatzenfamilie. Die einzigen Besucher, die er je hatte. Bis dann im letzten Jahr diese Journalistin auftauchte. Er knirscht mit den Zähnen und ignoriert das Gebell des geifernden Muskelpakets. Neben dem grau verputzten ehemaligen Pförtnergebäude erkennt er die lange Gabel eines Choppers und einen Kleinwagen mit Wismarer Kennzeichen. Das Fenster der Pförtnerbude ist mit einer schmutzig-vergilbten Gardine verhängt, die sich nun einen Spalt weit öffnet und sofort wieder zufällt. Henry trägt sein Knastgesicht: keine Mimik, leerer Blick, steile Falte zwischen den Brauen.
    Ein Pfiff ertönt und der Hund trollt sich hinter das Pförtnerhaus, um dessen Ecke ein ebenso gewaltbereiter Stiernacken in Tarnhosen biegt, den hechelnden Köter auf den Fersen.
    »Tachschö.« Die hiesige Begrüßungsfloskel geht Henry flott von den Lippen. »Klatt schickt mich. Soll das hier abgegeben.« Er hält das rote Nummernschild hoch, das Stroms Boss ihm zur Identifikation mitgegeben hat. Der Nacken nickt kommentarlos, schließt mit einem der vielen Schlüssel seines am Gürtel befestigten Bundes das Vorhängeschloss am Tor auf und hinter Henry wieder zu. Sie gehen nicht ins Pförtnerhaus, sondern einen sanft geschwungenen Weg zwischen erstaunlich gepflegten Rasenflächen hinauf zu einem größeren, schmucklosen Gebäude – die ehemalige Polizeischießanlage, nun genutzt von der Gegenseite.
    Henry legt das Autokennzeichen auf den Tisch, auf dem bereits ein Revolver und eine Pistole inklusive Schalldämpfer liegen. Der Nacken betätigt einen Schalter. Auf der anderen Seite der Glasscheibe flammen mehrere Strahler auf. Ein Schießstand; am hinteren Ende mehrere menschlichen Silhouetten mit eingezeichneten Organen.
    »Klatt meinte, ich soll dir beide anbieten.« Der Nacken wird gesprächig. »Beide sind sauber, keine Registrierung, funktionieren einwandfrei. Ich empfehle den.« Er nimmt den Revolver in die Hand, klappt die Trommel aus, lässt sie in Wildwestmanier rotieren. »Colt Python Kaliber 357 Magnum. Macht einfach mehr her und ist außerdem zuverlässiger. Wenn’s drauf ankommt, stehst du mit der …«, er deutet auf die Pistole, »… da und hast Ladehemmung, weißt. Aber probier beide mal aus. Muni geht aufs Haus. Gehörschutz?«
    Henry bejaht, obwohl er sich damit vermutlich als Warmduscher outet, und steht wenig später auf der Bahn, den überraschend schweren Revolver in beiden Händen. Er leert die Trommel auf den Pappkameraden, dann nimmt er die  Sig Sauer  – dasselbe Fabrikat wie das seines Vaters – und leert das

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