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Sokops Rache

Sokops Rache

Titel: Sokops Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lohmeyer
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aber nicht gut genug kaschierte Abenteurer in Henry lockt. Ihr ist, als gäbe er nur aus einem Grund nicht alles von sich preis, als geschehe dieses Aussparen gewisser seiner Lebensdetails, das Verrätseln seiner Persönlichkeit, einzig um ihretwillen. Er handelt nicht wie manch einer seiner Vorgänger, der sie aus Eigennutz im Unklaren ließ, ja dreist anlog. Nein, Henry will sie schützen, das spürt sie deutlich. Doch wovor? Oder will er ihr Nachfragen, ja Nachforschen herausfordern? Testet er, wie groß ihr Interesse an ihm ist? Nein, so egozentrisch ist er nicht. Während im Nebenzimmer ein Telefon summt, weitersummt und dann verstummt, als ihre Sekretärin das Gespräch annimmt, streicht sie mit den Fingerkuppen über ihren Hals, fährt im Blusenausschnitt hinunter zum Schlüsselbein, zum Brustansatz, träumt sich ihren Geliebten herbei, ganz so, als wären es seine Finger, die sie liebkosen.
    Was hat ihr Vater vorhin über Henry gesagt?  Er ist mir ja nicht unsympathisch, aber ich werde das eigenartige Gefühl nicht los, ihm schon mal irgendwo begegnet zu sein.
    Erschrocken erinnert sie sich an die fehlenden Skrupel ihres Vaters, anderen Leuten Privatermittler hinterherzuschicken, wenn er mehr über sie herausfinden will. Geschäftspartner, Auftraggeber, Mitarbeiter des Bauamts hat er bereits ausspähen lassen. Sie wird gleich heute Abend mit ihm sprechen und ihm untersagen, einen Ermittler auf Henry anzusetzen. Wenn ihr Geliebter tatsächlich ein dunkles Geheimnis haben sollte, will sie ihm die Chance geben, es ihr selbst zu verraten. Sie will sich seines Vertrauens würdig erweisen. Stark und abgeklärt auch auf die scheußlichsten Wahrheiten aus seinem Leben reagieren. Das wird sie beide noch weiter zusammenschweißen. Denn sie wird ihn nicht verurteilen, sondern verstehen, egal was er möglicherweise vor ihr verbirgt. Davon ist sie überzeugt. Das wird ihr Vater ihr nicht kaputt machen.
    In einer Ecke ihres Bewusstseins ahnt sie, wie blödsinnig bonny&clydehaft ihre Fantasien sind. Sie ist nicht naiv – doch mit der Möglichkeit, dass Henry ihr etwas wirklich unerträglich Schlimmes offenbaren könnte, mag sie sich nicht auseinandersetzen.
    Dazu ist sie viel zu verliebt.
    * * *
    Ellen Weller zieht ihren Mann hinter sich her, ein menschlicher Eisbrecher, der die Massen der Vergnügungssuchenden auf dem Kai des Alten Hafens zerteilt. Die  Hafentage  locken nicht nur die Einheimischen an; Hunderte von Schaulustigen tummeln sich entlang der unter fast wolkenlosem Himmel liegenden Hafenbecken: Familien mit Kindern, Bikergangs in Motorradkluft, Touristengruppen mit umgehängten Miniaturschnapskrügen. Alles quält sich im Zeitlupentempo an den Buden, Bühnen und Fahrgeschäften vorbei, hält immer wieder Hüte, Mützen und Kleinkinder fest, wenn eine der stürmischen Böen, die den Sommertag auf herbstliche Temperaturen kühlt, über sie hinwegfegt. Auf dem Wasser tanzt ein buntes Gewimmel von Traditionsschiffen, Seglern, Fahrgastschiffen.
    Die Wellers passieren das Riesenrad und gehen weiter, bis die unzähligen Fressbuden mit ihren nicht immer nur leckeren Gerüchen hinter ihnen liegen. Weller lässt sich vergnügt voranziehen, kennt die schnell schmelzende Toleranz seiner Frau jeglicher Stumpfsinnigkeit gegenüber. Vorn an der Wasserstraße, bei den Fischkuttern, sind sie beinahe im Laufschritt den unvermeidlichen Panflöte quälenden Südamerikanern in ihren Fantasiekostümen entronnen. Von der kleinen Bühne vor dem Baumhaus bläst ihnen nun eine Woge gut gemeinter, aber schlecht zu ertragender Shantys aus den Kehlen eines vielstimmigen Chores entgegen. Am  Baumhaus  biegen sie nach rechts. Im Vorbeigehen tätschelt Weller einen der beiden überlebensgroßen  Schwedenköpfe  – Wismars Wahrzeichen – am Eingang, dankt so für das Geschenk, diese wunderbare Frau an diesem Ort gefunden zu haben. Sie bemerkt seine Geste, lächelt über seinen Aberglauben, ist aber doch geschmeichelt. Sie spazieren Hand in Hand an den Marineschiffen vorbei, die im Überseehafen angelegt haben und heute besichtigt werden können, philosophieren müßig über die Anziehungskraft, ja Erotik von martialischem Militärgehabe speziell auf chancenlose, ihre eigene Machtlosigkeit spürende Naturen. Dann beobachten sie eine Weile lang das Drachenbootrennen, amüsieren sich über das Geschrei der im Bug der Boote hockenden Trommler, die ihre wild paddelnden Mannschaften zusätzlich mit allen erdenklichen Rufen anfeuern. Nach

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