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Solange am Himmel Sterne stehen

Solange am Himmel Sterne stehen

Titel: Solange am Himmel Sterne stehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Harmel
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vorsichtig.
    Sie nickt, überhört meinen skeptischen Unterton. »Ja. Es reicht nicht, einfach nur bei Leuten anzurufen. Wir müssen, na ja, versuchen, in irgendwelchen Dokumenten zu suchen oder so. Nicht nur auf der Webseite von Ellis Island, denn er hat überall ankommen können.«
    »Was denn für Dokumente?«
    Annie funkelt mich an. »Ich weiß es nicht. Du bist hier die Erwachsene. Ich kann mich nicht um alles kümmern.« Sie stapft mit dem Tablett voller Halbmonde in den Verkaufsraum der Bäckerei und kommt gleich darauf wieder, um aufgetaute Baklava auf Wachspapierblättchen zu legen.
    Ich sehe ihr einen Augenblick zu. »Ich will nur nicht, dass du letztendlich enttäuscht wirst«, sage ich zu Annie, als sie wieder in der Backstube ist.
    Sie funkelt mich an. »Das ist nur deine Art, den Dingen aus dem Weg zu gehen«, sagt sie. »Aber du kannst nicht immer nichts tun, nur weil es dich verletzen könnte.« Sie sieht auf ihre Armbanduhr. »Es ist sechs. Ich schließe die Tür auf.«
    Ich nicke, während ich ihr nachsehe. Ich frage mich, ob sie recht hat. Und wenn ja, wie kommt es dann, dass sie so viel mehr über das Leben weiß als ich?
    Einen Augenblick später höre ich sie mit jemandem reden, und ich gehe nach vorn, um wieder einen ganzen Tag lang Kunden anzulächeln und so zu tun, als gäbe es für mich nichts Schöneres auf der Welt, als für sie Gebäck einzupacken.
    Als ich durch die Tür in den Verkaufsraum trete, wundere ich mich darüber, Gavin an der Theke zu sehen. Er betrachtet die Gebäckstücke, die bereits in der Vitrine liegen. Er ist förmlicher gekleidet als sonst, mit einer Khakihose und einem hellblauen Hemd. Annie ist bereits eifrig dabei, für ihn Baklava in eine Schachtel zu legen.
    »Hey!«, sage ich. »Du hast dich heute ja schick gemacht.« Kaum sind mir die Worte über die Lippen gekommen, komme ich mir idiotisch vor.
    Aber er lächelt mich nur an und sagt: »Ich habe mir den Tag frei genommen; ich fahre hoch zu dem Pflegeheim an der Nordküste. Ich nehme nur rasch ein paar Teilchen für die Leute dort mit. Sie können mich besser leiden, wenn ich mit Essen komme.«
    Ich lache. »Ich möchte wetten, sie können dich mit oder ohne Essen gut leiden.«
    Annie seufzt tief auf, als wollte sie uns erinnern, dass sie auch noch da ist. Wir sehen sie beide an, und sie reicht Gavin die Schachtel, die sie mit einer weißen Schleife ordentlich zugebunden hat, während wir geredet haben.
    »Und, Annie«, wendet Gavin seine Aufmerksamkeit ihr zu, »wie läuft deine Suche nach Jacob Levy?«
    »Nicht gut«, murmelt Annie. »Niemand hat je von ihm gehört.«
    »Hast du die Namen auf deiner Liste angerufen?«
    »Hunderte«, sagt Annie.
    »Hmm«, sagt Gavin. »Ich frage mich, ob es noch irgendeine andere Möglichkeit gibt, nach ihm zu suchen.«
    Annies Miene hellt sich auf. »Wie denn zum Beispiel?«
    Gavin sieht sie nachdenklich an. »Ich weiß nicht. Weißt du sein Geburtsdatum? Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, online nach ihm zu suchen, wenn man ein Geburtsdatum hat.«
    Annie nickt aufgeregt. »Ja, vielleicht. Gute Idee.« Ich erwarte, dass sie sich bei ihm bedankt, aber stattdessen höre ich sie herausplatzen: »Sind Sie denn, na ja, jüdisch?«
    »Annie!«, rufe ich. »Sei nicht unhöflich.«
    »Bin ich nicht «, sagt sie. »Ich frage nur.«
    Ich werfe einen Blick auf Gavin, und er zwinkert mir zu, sodass ich leicht erröte. »Ja, Annie, ich bin jüdisch. Warum fragst du?«
    »Ich habe eigentlich gar keine jüdischen Freunde«, sagt sie. »Und jetzt, wo ich weiß, dass ich, na ja, selbst jüdisch bin, war ich nur neugierig auf das, Sie wissen schon, Jüdischsein.«
    »Es heißt Judentum, nicht Jüdischsein«, sage ich zu ihr. »Außerdem bist du nicht jüdisch, Annie. Du bist katholisch.«
    »Ich weiß«, sagt sie. »Aber ich kann beides sein. Mamie ist beides.« Sie wendet sich wieder an Gavin. »Und gehen Sie, na ja, jede Woche in die jüdische Kirche?«
    Gavin lächelt. »Es heißt Synagoge. Und ich gehe nicht jede Woche hin, auch wenn ich das vermutlich sollte. An manchen Freitagen muss ich arbeiten. Und an manchen Freitagen habe ich einfach zu viel um die Ohren. Das ist nicht sehr gut, oder?«
    Annie zuckt die Schultern. »Ich weiß nicht. Wir gehen, na ja, auch nie in die Kirche oder so.«
    »Also, ich hatte vor, morgen in die Synagoge zu gehen«, fährt er fort. »Du kannst gern mitkommen, Annie, wenn es dich interessiert. Und wenn es deiner Mom recht ist.«
    Annie sieht mich aufgeregt

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