Solange, bis ich dich finde: Roman (German Edition)

er wohl glücklich ist? Haben sich die beiden wieder gefunden? Nie werde ich vergessen, wie er mich angesehen hat, als ich vor ihm stand, nachdem er aus England zurück war – wie eine Fremde. Das hat mich unheimlich verletzt und auch jetzt noch, nach vielen Wochen in Edmonton, habe ich immer noch diese Erinnerung in mir. Wie ich mich nach ihm sehne, doch ich muss aufhören an ihn zu denken, endgültig. Das Schicksal möchte uns nicht zusammenführen und dem werde ich mich fügen müssen. Zum Glück läuft es auf der Arbeit gut und ich lerne neben dem Putzen vieles dazu. Schon bald möchte mich Erlington für ein paar Stunden in der Buchhaltung einstellen.
    „Mrs. Aurelius, Sie machen wirklich gute Fortschritte und ich kann mir durchaus vorstellen, Sie Buchhaltungstätigkeiten machen zu lassen, doch fehlen Ihnen etliche betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Ich schlage Ihnen vor, in unserem Schulungszentrum in Calgary einige Seminare zu besuchen. Insgesamt dauert das Grundseminar sechs Wochen. Weitere Seminare werden folgen. Für die Unterbringung wird gesorgt. Haben Sie Interesse?“ Während ich mir seinen Vorschlag anhöre, denke ich darüber nach, wie verrückt doch manchmal das Leben spielt. Eigentlich bin ich Künstlerin und jetzt fange ich irgendetwas Kaufmännisches an? Unglaublich.
    „Sehr gerne, Mr. Erlington“, entgegne ich ihm.
    „Nennen Sie mich Rob“, bietet mir Mr. Erlington an, der eigentlich Robert heißt.
    „Danke, gerne, ich bin Lea“, sage ich und fühle mich irgendwie wohl bei dem Gedanken, ein völlig neues Leben zu beginnen.
    „Gut, Lea, sind Sie startbereit?“, fragt mich Rob und ich frage ihn verwundert, was er damit meint.
    „Na, es geht los. Morgen fängt Ihr Kurs an und schon nachher fährt Ihr Zug nach Calgary ab.“
    „Oh, so schnell? Also ich meine, ich bin bereit“, sage ich und los geht’s.
    „Hi everybody“, begrüßt uns der Seminarleiter und ich bin froh, dass ich Englisch besser beherrsche als Italienisch.
    Auf der Schulbank sitzend und neben all den anderen Teilnehmern des Seminars fühle ich mich um Jahre zurückversetzt. Bisher kenne ich noch niemand, was sich aber sicher bald ändern wird. Wir bekommen den Stundenplan mit allen Dozenten in den verschiedenen Fächern. Betriebswirtschaftslehre: Mr. Burns, Rechnungswesen: Mrs. Fielding, Mathematik: Mr. Kalangy, Finanzbuchhaltung: Mr. Hillings. Oh mein Gott, dieser Namen verfolgt mich sogar bis ans andere Ende der Welt. Mr. Hillings? Das gibt es doch nicht. Lachend lege ich das Informationsblatt beiseite und freue mich auf das Seminar.
    Heute ist Dienstag und der Tag beginnt früh, pünktlich um 07:50 Uhr. Das erste Fach, Mathematik, dauert ganze drei Stunden. Das zweite, Betriebswirtschaftslehre, noch einmal drei Stunden. Nach der Mittagspause folgt das Fach Finanzbuchhaltung, zwei Stunden. Wie soll ich diesen Tag nur überleben? Und so geht es die ganzen sechs Wochen. Wieder muss ich an diesen Mr. Hillings denken, der den Finanzbuchhaltungskurs leitet. Vor allem bin ich darauf gespannt, wie er wohl aussehen mag, dieser Mann, der den gleichen Nachnamen wie Noah hat.
    Nach Mathematik und Betriebswirtschaftslehre bin ich völlig ausgelaugt. Welcher Mensch kann sich so viele Informationen auf einmal merken? Die meinen, man müsste zu Hause auch noch lernen. Das halte ich nicht durch – ich möchte wieder Bilder malen.
    „Hallo, Ladys and Gentlemen. My name is Barner. I am the respresentative of Mr. Hillings. He will soon lead this course because he cannot get away from his company”, erklärt Barner, der Mann, der Mr. Hillings vertritt, da dieser noch nicht von seiner Firma weg kann.
    Schade, denn ich war schon den ganzen Tag gespannt darauf, wer dieser Mr. Hillings ist. Nun muss dieser Finanzbuchhaltungskurs halt erst einmal ohne Hillings beginnen.
    Mittlerweile sind zwei Wochen vergangen und ich habe einen immer besseren Überblick über die kaufmännische Welt gewonnen. Es macht Spaß, auch wenn ich so viel lernen muss wie schon seit Jahren nicht mehr. Heute soll Mr. Hillings zum ersten Mal den Finanzbuchhaltungskurs leiten. Endlich werde ich ihn sehen. Gerade, als ich auf der Uhr feststelle, dass es nur noch eine Stunde dauert, bis ich Mr. Hillings zum ersten Mal sehe, klingelt mein Handy und Deborah ist dran.
    „Deb, was gibt es?“, frage ich.
    „Du musst kommen, Lea. Ich brauch dich. Die Wasserleitung ist gerissen und hier steht alles unter Wasser. Ich kann das nicht alleine bewältigen und …“
    „Ist