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Solarstation

Titel: Solarstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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langweilig.«
    »Das sind gefährliche Leute, Leonard. Killer.«
    »Ich werde daran denken.«
    Moriyama suchte nach Worten. »Sie brauchen das nicht zu tun, Leonard. Sie sind nicht als Held eingestellt worden.«
    Ich sah ihn an und fühlte mich zurückversetzt in die Zeit, als ich siebzehn war und anfing, die gutgemeinten Ratschläge meines Vaters in den Wind zu schlagen. »Kommandant«, sagte ich, »es gibt keine angestellten Helden. Und Sie wissen, daß ich es tun muß. « Ich muß es tun, weil diese Leute vorhaben, meinen Sohn zu ermorden. Ich muß es tun, weil ich eher sterben will, als dabei zuzusehen. Aber das sagte ich alles nicht, sondern setzte den Raumhelm auf, drückte seinen Verschluß in die dafür vorgesehenen Aussparungen des Halsstücks und verriegelte ihn. Ich spürte ein kleines Aggregat im Rückentornister anspringen, und gleich darauf atmete ich frische, kühle Luft. Jetzt erst merkte ich, wie verbraucht und stickig die Luft in der Kapsel bereits war.
    Ich gab Kim ein Zeichen, und er und Tanaka öffneten die innere Luke.
    Es ging los.

KAPITEL 28
    Als Kind war ich einmal mehrere Stunden lang in einer engen Kanalisationsröhre eingesperrt, ehe mich Feuerwehrleute schließlich befreiten. In der Schleuse kam ich mir ähnlich eingesperrt vor, obwohl sie wesentlich größer war; dafür trug ich diesen klobigen, unförmigen Raumanzug. Nachdem die Innenluke hinter mir geschlossen war, war es nahezu völlig dunkel um mich herum, genau wie damals…
    Die Erinnerung brach wieder in mir hoch. Ich, der kleine Leonard, der Kleinste in der Klasse, den seine Mitschüler hänselten und plagten, wo sie nur konnten, mit der Grausamkeit, zu der nur Kinder fähig zu sein scheinen. Und einmal erwischten sie mich auf dem Nachhauseweg, als ich gerade an einer Baustelle vorbeikam, und sperrten mich in eine enge, stinkende Röhre der Kanalisation; stopften mich hinunter in das brackige, schleimige Loch und drückten den Gullydeckel über mir wieder zu, der so schwer war, daß ich ihn nicht allein hochstemmen konnte. Durch einen schmalen Schlitz konnte ich sie hören, wie sie sich lachend verdrückten, und dann leuchtete Stunden um Stunden nur dieser schmale, fingerdünne Strahl Sonnenlicht zu mir herunter, wanderte langsam über die algenverkrusteten Schachtwände, und niemand hörte mich rufen, schreien, weinen schließlich. Erst abends, als es dunkel wurde, befreiten mich Feuerwehrleute, die weiß Gott wie von meinem Gefängnis erfahren haben mochten.
    Einen Moment befiel mich Panik, als Tanaka und Jayakar die Innenluke hinter mir zudrückten und sich der Verschluß schabend in die Ringdichtungen zurückquetschte. Wieder nur Dunkelheit und Enge um mich herum, und ich mußte an mich halten, um nicht aufzuschreien. Nicht, daß mich jemand gehört hätte; schließlich trug ich den Raumanzug und sendete auf einer Frequenz, die außer mir nur noch der Roboter draußen empfing. Ich hob die Arme, so weit es der Raumanzug zuließ, und tastete in der Dunkelheit nach dem Verschluß der Außenluke. Schließlich bekam ich ihn zu fassen, ein breites, griffiges Handrad direkt über meinem Helm, krallte die Hände darum und fing an zu drehen.
    Es ging schwer, nur Fingerbreit um Fingerbreit. Um festen Halt zu haben und genügend Kraft aufbringen zu können, verkeilte ich mich mit den Stiefeln gegen Handgriffe, die im Innern der Schleusenröhre angebracht waren. Früher, als ich befürchtet hatte, trat mir der Schweiß auf die Stirn.
    Die Dekompression kam plötzlich, mit einem Geräusch, als öffne jemand eine riesige Tüte vakuumverpackten Filterkaffees, und die schlagartig ins Vakuum entweichende Luft hätte mir beinahe die Außenluke aus der Hand gerissen. Mit einem Ruck blähte sich der Raumanzug auf und wurde noch sperriger und ungelenker. Bisher hatte einen nur die schiere Fülle an Material behindert, diese unzähligen Lagen von luftdichtem Material, feuchtigkeitsableitendem Material, strahlenabsorbierendem Material, Kühlleitungen und Anzugsheizungen und dicken Isolierschichten. Jetzt aber verwandelte der zwar niedrige, aber unvermeidliche Innendruck den Anzug in eine Art ungelenke Wurstpelle, die einem eine Beweglichkeit gestattete, als trage man ein Kostüm aus lauter Lastwagenreifen.
    Ich stieß die Außenluke auf. Die gleißende Helligkeit des gewaltigen Solarspiegels brach schmerzhaft herein, und ich mußte geblendet die Augen schließen, bis sich das selbstverdunkelnde Material des Helms entsprechend angepaßt hatte.

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