Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück
abends Tabletten zum Einschlafen.
Ich bin noch gar nicht ganz wach, das Frühstück habe ich verschlafen, als ein hagerer Herr im Anzug und mit einem abgewetzten schwarzen Aktenkoffer eintritt und sich mir vorstellt: Andreas Timmermann-Levanas. »Moin Kamerad«, begrüßt er mich freundlich. Er macht einen sehr professionellen Eindruck auf mich, gemeinsam fahren wir zu dem Termin ins Ministerium. Dort lassen sich Frau Dr. Krogmann und der Staatssekretär entschuldigen, sie haben ihre Büroleiter geschickt. Im Gespräch erfrage ich, ob es nicht die Möglichkeit gebe, in meinem sowie in Lancers Fall eine Härtefallregelung zu erwirken. Timmermann und ich verweisen darauf, dass man die Stichtagsregelung beim Soldatenversorgungsgesetz seinerzeit willkürlich gesetzt habe und man mir doch die Chance einräumen solle, Berufssoldat zu werden.
Mit der Aussage, meinen Fall prüfen zu wollen, entlässt man uns. Wir müssen uns allerdings noch ein Kunstwerk im Ministerium anschauen. Es handelt sich dabei um die Kanus der deutschen Olympiamannschaft, die an einer Seilwinde auf- und abfahren sollen. Das tun sie aber nicht, die Anlage ist schon länger kaputt. Der Büroleiter von Frau Krogmann, der im Rollstuhl sitzt, erklärt uns, das sei ziemlich teuer gewesen, aber leider eher unzweckmäßig. Ich möchte dem Typen im Rolli am liebsten sagen, dass ich das für eine reine Steuergeldverschwendung halte. Kostspielige Kunstwerke im Ministerium, aber keine Möglichkeit einer unbürokratischen Hilfe, das passt für mich nicht zusammen. Herr Timmermann-Levanas fragt noch mal ganz direkt nach der Möglichkeit einer Härtefallregelung in meinem Fall. Dies wird rigoros abgelehnt, da man keinen Präzedenzfall schaffen wolle, der weitere Klagen nach sich ziehen könne. Wütend und enttäuscht verlasse ich das Ministerium und gehe mit Timmermann-Levanas noch einen Kaffee trinken. Er redet beruhigend auf mich ein und verspricht, an meiner Sache dranzubleiben. Gemeinsam planen und überlegen wir, welche Pressestellen man noch einschalten könnte, um den Druck zu erhöhen. Dann kehre ich wieder zurück ins Bundeswehrkrankenhaus.
Am Ende der Woche findet ein Abschlussgespräch mit einer Ärztin statt. Sie zeigt sich irritiert, dass von einem Tinnitus und einer Operation an meinen Ohren nichts in der Akte steht. Ich erkläre ihr, wie wütend ich bin und dass ich irgendwann durchdrehe, wenn man mich weiter so behandelt. Sie nimmt sich Zeit und sagt mir dann, dass sie meinen Grad der Schädigung bei 40 bis 50 Prozent sehe, sich aber noch mit einem Arzt besprechen müsse. Sie wünscht mir noch eine gute Heimreise. Wieder bin ich mit meinem Auto auf dem Weg nach Hause. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahre ich seit vielen Jahren nicht mehr. Die Gefahr von Angstzuständen und Panikattacken ist dort einfach zu groß. Ich weiß inzwischen, ich muss unbedingt Situationen meiden, in denen es mir schlecht geht.
Durch meinen Email-Wechsel mit einem Soldaten der 10th Mountains, den ich während des letzten Afghanistaneinsatzes kennenlernte, habe ich Einblicke in die Strukturen der US-Army erhalten. Da mir bei der Bundeswehr keine Zukunftsperspektive mehr geboten wird, ich mich aber zum Soldaten berufen fühle, besuche ich Mitte 2008 den Recruit Officer in einer US-Base in Frankfurt. Er ist ganz begeistert von meinen Dienstzeugnissen und den zahlreichen Qualifikationen, die ich bei der Bundeswehr erworben habe. Es ist ihm völlig unverständlich, dass man mich bei der Bundeswehr nicht weiter verpflichtet, und es ist schnell abgemacht, dass ich direkt nach meinem Dienstzeitende bei der Bundeswehr zur US-Army wechseln kann. Selbst Idor könnte ich mitnehmen, da gerade Hundeführer dringend gebraucht werden. Der Officer erklärt mir genau, wie und wo ich die Greencard beantragen soll, damit ich schnellstmöglich eine Aufenthaltsgenehmigung für die USA erhalte, und ruft persönlich bei der amerikanischen Botschaft an, damit mir alle nötigen Unterlagen zugeschickt werden. Hochzufrieden fahre ich nach Hause zurück. Mir war schon von einem Kameraden, der nach Dienstzeitende zu einer privaten amerikanischen Sicherheitsfirma wechselte, berichtet worden, dass es für mich kein Problem sein sollte, in die Us-army zu kommen, doch so leicht hatte ich es mir nicht vorgestellt.
Ein paar Wochen später werden meine Armypläne komplett umgeworfen. Wie bereits berichtet, habe ich in einer Diskothek Jana kennengelernt und mich sofort in sie verliebt. Ich ziehe
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