Solo
gehört hatte, drängender, übertönte den Schmerz.
«Du mußt jetzt durchhalten», sagte sie. «Du darfst erst nachgeben, wenn ich es dir sage.»
Es war das letzte, was er hörte. Als sie eine halbe Stunde später das kleine Bauernhaus hoch im Gebirge erreichten und Georgios den Maulesel anband und sich Morgan zuwandte, um ihm herunterzuhelfen, war er bewußtlos auf dem Sattel zusammengesunken, doch seine Hände schlossen sich so fest um den Knauf, daß die beiden Alten seine Finger einzeln lösen mußten.
Katherine Riley war völlig erschöpft nach dem Nachtflug und den vier Stunden, die sie in einem Athener Hotel verbracht hatte. Schlaflos war sie in der Hitze gelegen, hatte sich im Bett gewälzt und herumgeworfen und war früh aufgestanden, um mit dem Taxi, das sie bestellt hatte, nach Piräus zu fahren.
Nicht einmal die morgendliche Überfahrt nach Hydra, die Schönheit der Landschaft, hatte sie zu beleben vermocht. Sie fürchtete sich. Was Morgan behauptet hatte, war albern, bösartig. Schlicht unmöglich. Sie hatte sich Mikali hingegeben, er hatte ihr eine Lebensfreude geschenkt, die sie seit dem Tod ihres Vaters nie mehr empfunden hatte. Bewußtheit, Verstehen.
Worte, nichts als Worte. Keines vermochte sie zu trösten, das wußte sie, als sie im Hafen von Hydra aus dem «Fliegenden Delphin» stieg und Konstantin auf sie zukam, um ihr Gepäck zu nehmen.
Sie hatte sich in seiner Gegenwart immer unbehaglich gefühlt, immer den Eindruck gehabt, daß er sie nicht mochte. Er sprach nur selten, angeblich weil sein Englisch so mangelhaft sei, was es nicht war. Und so hielt er es auch jetzt, als sie aus dem Hafen fuhren und Katherine ins Steuerhaus trat.
«Nicky?» sagte sie. «Ist er nicht mitgekommen?»
Er antwortete nicht, sondern befaßte sich eingehend mit den Armaturen. «Ist er bei seiner Mutter in Athen?»
Sie hatten die Landspitze umrundet und nahmen Geschwindigkeit auf. Katherine resignierte, verließ das Steuerhaus und setzte sich ins Heck, wandte das Gesicht der Morgensonne zu und schloß die brennenden Augen.
Als sie sich der Mole näherten, sah sie Mikali neben der alten Anna und dem Jungen dort warten. Er trug eine dunkle Sonnenbrille, ein weißes Polohemd und verblichene Jeans und winkte aufgeregt, der lächelnd geöffnete Mund zeigte die schönen Zähne.
Sie fürchtete sich mehr denn je, wußte nichts zu sagen, als er die Hand ausstreckte, um ihr an Land zu helfen. Sein Lächeln schwand, er sah besorgt auf.
«Katherine? Was hast du?»
Sie mußte gegen die Tränen ankämpfen. «Ich bin so schrecklich müde. Zuerst das stundenlange Warten in Heathrow, dann der Flug und das gräßliche kleine Hotel in Athen.»
Schon hatte er sie in die Arme genommen und lächelte aufs neue. «Weißt du, was Scott Fitzgerald sagte? Ein heißes Bad, und ich kann noch Stunden weitermachen. Genau das brauchst du jetzt auch.»
Er nahm ihren Koffer und sagte etwas auf Griechisch zu Konstantin. Als sie den Pfad zur Villa hinaufgingen, fragte sie: «Was hast du zu ihm gesagt?»
«Er soll mittags wieder nach Hydra fahren. Ich erwarte einen Gast aus Paris. Meinen französischen Anwalt, Jean Paul Deville. Ich habe dir schon von ihm erzählt.»
«Ble ibt er länger hier?»
«Wahrscheinlich nur heute abend. Geschäfte, weiter nichts. Ich muß ein paar wichtige Papiere unterschreiben.» Sein Arm schloß sich fester um sie, und er küßte sie auf die Wange. «Aber das spielt keine Rolle. Jetzt müssen wir dich in die Badewanne stecken.»
Es half wirklich. Sie lag im heißen Wasser, alle Verkrampfung, aller Schmerz löste sich, und Mikali brachte ihr eisgekühlten Champagner und Cognac in einem Kristallkelch.
«Ein herrliches Glas», sagte sie. «Ich habe noch nie so etwas gesehen.»
«Venezianisch, siebzehntes Jahrhundert. Mein Ur-Ur
Urgroßvater, der Admiral der hydriotischen Flotte, hat es bei der Seeschlacht von Navarino aus einem türkischen Schiff erbeutet.» Er grinste. «Bleib ganz ruhig liegen – erhole dich, während ich den Lunch richte.»
«Du?» fragte sie.
Er drehte sich unter der Tür um, lächelte und breitete in seiner unnachahmlichen Art die Arme aus. «Und warum nicht? Für den großen Mikali ist nichts unmöglich.»
Die Mischung aus Cognac und Champagner stieg ihr prompt zu Kopf, jedoch anders als Alkohol sonst auf sie wirkte. Anstatt die Sinne zu verlieren und abzustumpfen, schärfte er sie. Sie sah jetzt ganz klar,
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