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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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sich noch an die Welt vor der Vereinigung. Keiner wusste, wo zur Hölle er eigentlich geboren war. Aber ich verabscheute ihn dafür, dass er mehr wusste als ich, dass er sich an die Welt erinnerte, die es vor der Vereinigung gegeben hatte. Ich verabscheute Wa Belling! Gemocht hatte ich den Mann nie, aber ich hatte ihn immer respektiert. Jetzt konnte ich es kaum erwarten, ihn endlich umzubringen. Wahrscheinlich war er die einzige Person in diesem ganzen Schlamassel, die den Tod wirklich verdient hatte.
    Verdient. Ich stellte mir Kieth vor, der nur nach Kräften versuchte, sein Überleben zu sichern. Ich zweifelte keinen Moment daran, dass er wie der Teufel daran arbeiten würde, all dies hier ungeschehen zu machen, wenn er auch nur den Hauch einer Chance dafür sähe. Aber wir schienen einfach keine Wahl zu haben: Wenn der Techie auch nur eine einzige Woche brauchen würde, um eine Rettung zu finden, dann wäre vielleicht niemand mehr da, den man noch würde retten können. Es war einfach nicht fair, verdammt noch mal, und jedes Mal, wenn ich darüber nachdachte, wurde ich bloß noch wütender. Auch Kieth hatte ich nie richtig gemocht. Aber wir hatten jahrelang zusammengearbeitet, und ich wusste, dass der Techie mich nie willentlich verarscht hätte. Er hatte das hier nicht verdient. Und ich hatte nicht verdient, das hier tun zu müssen.
    »Ist das dein Ernst?«, fragte ich und starrte das verrostete Innere der Aufzugskabine an. Mein Verstand versuchte immer noch das zu verarbeiten, was ich eben gehört hatte. »Du hast diesen ganzen Weg hierher nur gemacht, bloß um mit diesem Fahrstuhl Selbstmord zu begehen?«
    »Das habe ich doch alles schon erklärt! Aber wahrscheinlich warst du währenddessen geistig ein wenig abwesend, weil du deine ganzen Innereien heraushusten musstest, Avery. Wie gesagt ist deine Anwesenheit hier kein Geheimnis. Dein Freund kann jederzeit deine Position mit einem einzigen Scan genau bestimmen. Er kann sich deinen Aufenthaltsort sogar ins Gehirn beamen lassen. Hier herumzuschleichen ist also einfach dämlich. Revolverhelden aber vermeiden jegliche Art von Dämlichkeit zumindest habe ich das immer gedacht. Wir sind hartgesottene, realistische Burschen, auch wenn du schon immer ein wenig arg sensibel warst. Schließlich neigst du dazu, angesichts von Sonnenuntergängen, Schmetterlingen und schönen Frauen in Tränen auszubrechen.«
    Wir starrten einander an, und er grinste.
    »Der Fahrstuhl hat mich schließlich auch runtergebracht. Er wird uns auch wieder nach oben bringen. Heimlichkeiten sind schlichtweg Zeitverschwendung. Stürzen Sie sich geradewegs auf den Feind, Mr Gates, und machen Sie sich keinerlei Gedanken um Strategie und Taktik!«
    Er hatte recht. Vielleicht würden wir Stunden damit verschwenden, auf der Suche nach einem geheimen Zugang zum Erdgeschoss hier herumzuschleichen, und letztendlich würde Kev doch bloß schon auf uns warten. Wenn wirklich allgemein bekannt war, dass wir uns hier herumdrückten, dann wussten wir wenigstens, wie unsere Chancen standen: Vierundfünfzig gegen vier – auch wenn ich mir nicht sicher war, Marko als ›ganze Person‹ zählen zu dürfen.
    »Mr Marko«, sagte ich unvermittelt, »Sie sind doch ein Cop, oder?«
    Überrascht blickte der Techie von seinem kleinen Bildschirm auf. »Ich bin technischer Assistent.«
    Ich nickte. »Im Dienste des SSD. Können Sie mit einer Pistole umgehen?«
    Er starrte mich an, als hätte ich in einer fremdartigen, bizarren Sprache auf ihn eingeredet. Da ging Belling plötzlich zu ihm hinüber, zog eine seiner glänzenden Sonderanfertigungs-Roons aus einer seiner Manteltaschen hervor und streckte sie dem Techie entgegen. »Hier«, meinte Belling ungeduldig. Stumpf starrte Marko die Waffe an, also beugte sich Belling zu ihm vor und drückte ihm die Roon in die Hand. »Man betätigt den Abzug, dann macht es ›Bumm‹«, erklärte der alte Mann. »Aber richten Sie das Ding nie auf sich selbst. Und auch nicht auf mich.« Belling schaute mich an und hob die Augenbrauen. »Zufrieden? Kommt jetzt, wir sollten uns organisieren! Zeke, zeigen Sie uns das Erdgeschoss – den Teil, der genau über uns liegt.«
    Immer noch starrte Marko die Waffe in seiner Hand an, die auf dem Schwarzmarkt – oder zumindest dem Schwarzmarkt, den es bis vor einer Woche noch gegeben hatte – wahrscheinlich mehr wert wäre, als er mit seinem SSD-Gehalt innerhalb eines ganzen Jahres einstreichen konnte. Vorsichtig ließ er die Roon in eine seiner

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