Sommer der Liebe
was die wirklich wesentlichen Dinge wie Zuwendung und Versorgung anging, die bessere Wahl. Kein Zweifel, Gus war da hoffnungslos. Und Rory brauchte einen richtigen Vater, keinen Abenteurer, der immer wieder verschwand. Sian seufzte. Dann hörte sie Jodys Auto vorfahren, riss sich zusammen und lief zur Tür, um Rory zu begrüßen.
Fiona und Angus gingen zusammen nach Hause. Sie hatten sich zum Schutz vor dem Regen, der jetzt eingesetzt hatte, die Kapuzen ihrer Regenjacken aufgezogen. Der Garten würde nach dem schönen Wetter die natürliche Bewässerung begrüßen.
»Sian ist eine tolle Frau, oder?«, fragte Fiona, obwohl sie wusste, dass sie das Thema besser nicht angeschnitten hätte. Aber sie konnte sich nicht zurückhalten. Sie spürte instinktiv, dass Gus und Sian sich sehr viel näher kannten, als sie zugegeben hatten. Doch sie musste vorsichtig sein. Gus würde dichtmachen, sobald er das Gefühl hatte, dass seine Mutter sich »einmischte«.
»Das ist sie.«
Fiona konnte aus dieser einfachen Feststellung ihres Sohnes nichts ableiten. »Und Rory ist großartig! Ich liebe den Jungen.«
»Ich kann es gar nicht abwarten, ihn kennenzulernen.«
»Und Sian hat mir bei der Dinnerparty so viel geholfen! Ich werde sie beide als Dankeschön zum Essen einladen.«
Gus blickte zu Boden, doch Fiona hatte das schelmische Glitzern in seinen Augen noch bemerkt. »Ich glaube, dadurch könnte ein komisches Muster entstehen, oder? Du veranstaltest eine Dinnerparty, Sian hilft dir, du gibst wieder eine Party, um dich bei ihr zu bedanken, sie hilft dir …«
»Aber sie muss mir doch nicht mehr helfen«, erklärte Fiona und zwinkerte ihm zu. »Jetzt habe ich ja dich.«
Angus lachte, und Fiona dachte, wie schön es war, wieder diesen tiefen Klang zu hören. Vielleicht war das einer der Gründe, warum sie versucht hatte, über das Internet jemanden kennenzulernen: Sie vermisste männliche Stimmen. Robert hatte eine schöne Stimme. James hatte eine noch schönere, wurde ihr nun klar. »Und wie genau hast du Sian kennengelernt?«, fragte sie und versuchte, nicht zu neugierig zu klingen.
»Auf einer Party.«
Sie gingen in kameradschaftlichem Schweigen weiter, bis sie fast das Haus erreicht hatten, dann sagte Angus: »Mum, ich muss dich noch vorwarnen: In ein paar Tagen kommt ein Lieferwagen mit meinen Sachen. Kann ich die hier irgendwo lagern?«
Das war eine kleine Überraschung. Angus hatte immer wie jemand gewirkt, der mit leichtem Gepäck durchs Leben reiste. »Wie viel ist es denn? Ich kann deinen Schlafsack gern hinter die Couch schieben, um einen alten Song zu zitieren. Aber eine ganze Ladung Möbel könnten ein Problem sein.« Schließlich versuchte sie gerade, Sachen auszusortieren, und nicht, noch mehr anzusammeln.
»Es sind keine Möbel, aber es ist ziemlich viel Kram.«
»Was ist es denn genau?«
»Zelte, Jurten, Ausrüstung.«
Fiona dachte nach. »In der Scheune ist jetzt ein bisschen mehr Platz. Sollen wir mal nachsehen, oder möchtest du warten, bis der Regen aufgehört hat?« Sie hatte Sian versprochen, dass sie in der Scheune die Möbel bemalen konnte, aber der Platz müsste für Sian und Angus reichen.
Sie gingen durch das hintere Tor in den Hof, und Gus steuerte gleich die Scheune an.
»Da sind wir. Sian und ich haben hier ein bisschen aufgeräumt.«
»Was ist das für ein Monstrum, Mum?«
»Oh, das ist ein Schrank, den ich Sian geschenkt habe. Wir konnten ihn nicht bewegen, also wird sie ihn hier bemalen.«
»Was man nicht bewegen kann, sollte man anmalen?« Angus hob verständnislos die Augenbrauen.
Fiona lachte. »Na ja, gestern kam es uns so am einfachsten vor.« Sie zögerte. »Ist hier genug Platz für deine Ausrüstung?«
Angus betrachtete die wenigen freien Quadratmeter und lachte. »Nicht ganz, Mum.«
»Oh.« Wie viele Sachen hat er denn genau? , fragte Fiona sich.
»Nur wenn wir noch mehr davon rauswerfen.« Angus deutete auf das Chaos.
»Das können wir, aber wo soll Sian dann ihre Möbel bemalen?«
»Vielleicht ist es möglich, dass wir uns den Platz teilen«, sagte er nach einer Weile.
Fiona fröstelte. »Können wir ins Haus gehen?«, bat sie. »Ich bin nass geworden. Draußen regnet es, für den Fall, dass es dir noch nicht aufgefallen ist.«
»Das ist kein Regen!«, erklärte Angus. »Es sind die sanften Tränen der Götter, die damit ihre Enttäuschung über die Welt zum Ausdruck bringen.«
Es war vielleicht eine Weile her, seit sie ihren ältesten Sohn zuletzt gesehen hatte,
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