Sommer der Liebe
nein, lass uns keine Musik hören! Das erscheint mir irgendwie unpassend, es sei denn, du kannst Gitarre spielen oder so.« Sian lachte über sich selbst und entspannte sich. »Ich glaube, meine Vorstellung von einem richtigen Lagerfeuer basiert auf einer Menge Western.«
»Dann solltest du keinen Wein trinken«, sagte Gus und zog das Glas zurück, das er ihr hingehalten hatte.
»Nur Kaffee«, stimmte Sian ihm zu und nahm das Glas trotzdem.
»Und ein paar Schlucke Red Eye direkt aus der Flasche«, sagte Gus. »Rory? Möchtest du Holunderblütensaft oder etwas anderes?«
»In Kampf um die Insel nennen sie es Grog«, sagte Rory.
Sian setzte sich etwas gemütlicher hin, trank von ihrem Wein und wünschte, sie hätte sich mit ihrem Aussehen ein bisschen mehr Mühe gegeben; ihr mit Farbe besprenkelter Trainingsanzug kam ihr jetzt doch nicht mehr angemessen für diese wundervolle Umgebung vor. »Das liegt an meinem Dad«, erklärte sie. »Er liest seinem Enkel nur Bücher vor, die ihm auch gefallen, also kennt Rory eine Menge Geschichten, für die er eigentlich noch zu klein ist.«
»Ich liebe Kampf um die Insel «, sagte Gus. »Da dein Großvater ja nicht hier ist, könnte ich dir aus einem dieser Bücher vorlesen.«
»Cool«, meinte Rory und trank von seinem Grog.
»Jetzt zum Proviant …« Gus lehnte sich zurück, griff hinter den Holzklotz-Tisch und holte einen großen rechteckigen Metallkasten mit Deckel hervor. »Wir haben Koteletts, Würstchen, Steaks und selbst gemachte Burger von Fiona. Der Salat ist auch von ihr.«
»Oh, und ich habe den Nachtisch in meiner Tasche«, sagte Sian.
»Ich dachte, wir braten die Sachen«, meinte Rory.
»Ja, aber es ist spät, fast schon Schlafenszeit – für mich jedenfalls –, und ich fand, dass es zu lange dauert. Ein paar Würstchen oder Steaks können wir noch braten, doch ich dachte, deine Mum hat vielleicht Hunger und muss direkt etwas essen.«
»Ich habe wirklich Hunger. Du hast ja schon bei Annabelle gegessen, Rory, du kannst wahrscheinlich noch ein bisschen warten.«
»Okay, Mummy kann etwas bekommen, aber ich möchte mein Würstchen selbst braten.«
»In Ordnung.« Gus gab Sian ein Brötchen. »Was möchtest du haben?«
»Ein Würstchen bitte, ohne Ketchup.« Einen Moment später biss sie schon hinein. »Das ist himmlisch!«
»Es geht doch nichts über frisch gegrilltes Essen. Es schmeckt natürlich noch besser, wenn man vorher noch ein Stück gewandert ist. Und jetzt, Rory, grillst du das hier.« Er gab ihm einen abgeschälten Ast, auf den ein Würstchen gesteckt war. »Halt es über die Stelle, wo keine Flammen sind, sondern nur Glut. Sag mir, wenn dein Arm müde wird, dann bauen wir was.«
»Mein Arm ist müde«, verkündete Rory nach wenigen Sekunden.
»Okay.« Wie ein Zauberer griff Gus hinter den Holzklotz und holte zwei Stöcke hervor, die sich am Ende gabelten. Er wählte ihren Standort mit Bedacht und steckte sie in die Erde. Dann schob er Rorys Würstchen noch etwas weiter auf den Stock, fügte zwei weitere dazu und legte den Stock dann in die Astgabeln. »So! Ein Bratenspieß, der sich nicht drehen lässt.«
Rory sah ihn fragend an.
Sian erklärte es ihm. »Wenn man etwas am Spieß brät, dann dreht man es, sodass die Würstchen oder was immer man grillt, von allen Seiten braun werden. Gus wird die Würstchen umdrehen müssen, wenn eine Seite fertig ist. Aber das ist kein Problem. Er ist das gewohnt.«
»Hast du die Koteletts auch über dem Feuer gebraten?«, fragte Rory. »Hast du sie auf den Spieß gesteckt?«
»Nein, ich habe sie auf diesen Rost gelegt.« Er holte einen zusammenklappbaren Grillrost heraus.
»Das sieht nicht wie etwas aus, das du auf einer Wanderung im Rucksack hast«, meinte Sian.
»Nein, aber versuch mal, Koteletts ohne irgendeine Art von Grill über dem Feuer zu braten, dann sehen wir, wie das klappt.« Er drehte die Würstchen. »Ich könnte natürlich eine Rehkeule über dem Feuer rösten, kein Problem. Es sind diese kleinen zurechtgeschnittenen Dinger, die am schwierigsten zu grillen sind. Noch mehr Wein?«
»Ich muss sagen, dass das hier ein sehr luxuriöses Campen ist«, bemerkte Sian und erlaubte Gus ausnahmsweise, ihr Glas noch einmal aufzufüllen. Es war einer der Nachteile des Daseins als Alleinerziehende, dass sie immer vernünftig sein musste und nüchtern. Sie genoss die Zeiten, wenn sie sich ein bisschen gehen lassen konnte. Und selbst wenn es nur dieser eine Abend war, liebte sie es, bei Gus zu sitzen
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