Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sommer unter dem Maulbeerbaum

Titel: Sommer unter dem Maulbeerbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
auch noch wie eine klingen.«
    Bailey fing an, Tomaten in die sterilisierten Gläser zu füllen. Sie würde die Gläser lange im Wässerbad lassen müssen, um jegliche Gefahr von Nahrungsmittelvergiftung auszuschließen.
    »Opal ergeht es wie uns allen. Sie ist stinksauer auf T. L. Spangier. Je von ihr gehört?«
    »Ich glaube nicht. Sollte ich?«
    »Wenn Sie die vergangenen fünf Jahre nicht außerhalb des Landes verbracht haben, dann sollte Ihnen der Name etwas sagen.«
    Diese Bemerkung ließ Bailey unkommentiert. Tat-sächlich hatte sie die letzten sechzehn Jahre überall auf der Welt verbracht.
    »Die Kongressabgeordnete Theresa Spangier: Klingelt’s da bei Ihnen?«
    »Um ehrlich zu sein, nein.«
    »Wo haben Sie denn ...« Violet unterbrach sich. »Okay, keine Fragen zu Ihrer Person. Aber ich warne Sie: Die Leute in Calburn finden alles heraus. Da können Sie genauso gut gleich alles beichten.« Sie ließ Bailey ein wenig Zeit, etwas zu sagen, doch als diese stumm blieb, seufzte Violet und fuhr fort.
    »Die Kongressabgeordnete Spangier stammt aus Wells Creek, Virginia, unserer Nachbarstadt, die, in der die Jungen zur Schule mussten. Sie war ein Jahr hinter der Abschlussklasse der Goldenen Sechs. Niemand weiß, was geschehen ist - obwohl jede Menge Leute sie danach gefragt haben. Jedenfalls wurde sie in dem Jahr dermaßen verprellt, dass sie nach ihrem Abschluss von ihrem aufgeblasenen College beschloss, die Jungen fertig zu machen. Sie kam zurück nach Calburn und stellte überall Fragen. Alle dachten, sie wollte ein Buch darüber schreiben, wie toll die Jungen waren, also sagten sie ihr alles, an das sie sich erinnern konnten. Aber sie wollte nichts Nettes schreiben; zum Teufel, sie schrieb nicht mal die Wahrheit. Sie hat diese armen Jungen in der Luft zerrissen. Sie behauptete, alles, was sie je getan hatten, wäre eine Legende, und sie wären Niemande. Sie unterstellte sogar, einer der Jungen hätte die Bombe in der Schule platziert, damit sie so tun konnten, als wären sie Helden.«
    Einen Augenblick lang hielt Bailey mit der Zange in der Hand inne und sah Violet an. Das alles war vor vielen Jahren geschehen, doch sie wirkte so wütend, als sei es erst letzte Woche gewesen.
    »Was ist geschehen, als das Buch veröffentlicht wurde?», fragte Bailey.
    »Das blanke Entsetzen. Nicht lange, nachdem das Buch herauskam, erschoss einer der Jungen seine Frau, dann sich selbst. Seine schwangere Frau wohlgemerkt. Ein anderer stieg in den Bus und kehrte nicht mehr zurück. Und der Rest war nie wieder wie früher. Es war furchtbar, was diese Frau ihnen angetan hat. Dabei hatten sie schon genug Tragisches in ihrem Leben erfahren, das kann ich Ihnen sagen.«
    Violet schloss die Augen und nahm einen Zug von ihrem Joint. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, dachte Bailey. Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie sich an der Spüle festhalten musste. Jede Familie hatte anscheinend ein unverletzliches Tabu, und was sie jetzt laut aussprechen wollte, war Jimmys und ihr größtes Geheimnis gewesen.
    Bailey atmete tief ein und langsam wieder aus. »Kannten Sie einen Jungen in Calburn, Ende der Fünfziger geboren, mit einer Hasenscharte?« Na also, jetzt war es heraus.
    Violet öffnete nicht mal die Augen. »Eine Hasenscharte? Nicht, soweit ich mich erinnern kann. Aber damals war ich auch noch nicht hier. Ich bin erst 1970 hergezogen.«
    Bailey hätte sich am liebsten geohrfeigt. Ganz umsonst hatte sie ihr größtes Geheimnis preisgegeben.
    »Seine Lippe wäre ja auch sicher gleich nach der Geburt operiert worden, oder?«, bemerkte Violet. Bevor Bailey darauf etwas erwidern konnte, läutete das Telefon.
    Violet gab ihr mit einem Nicken zu verstehen, dass der Anruf von ihrer Freundin kam, dann blieb sie geraume Zeit am Telefon. Es wurde viel über persönliche Dinge gesprochen, etwa als sich Violet nach den
    Kindern der Frau erkundigte und dann mehrere Minuten lang zuhörte. Als sie endlich dazu kam, nach dem alten Hanley-Anwesen zu fragen, lauschte Bailey so angestrengt sie nur konnte, doch Violet sagte hauptsächlich nur »Ja», beziehungsweise »Ich verstehe«. Ein paarmal schaute sie zu Bailey auf, die sich daraufhin wieder den Tomaten zuwandte und so tat, als höre sie gar nicht zu.
    Schließlich kam Violet zum Schluss und war schon im Begriff aufzulegen, als sie noch anfügte: »Hast du je ein Kind in Calburn mit einer Hasenscharte gekannt? Er müsste so etwa in deinem Alter sein.«
    Bailey hielt beim Zuhören den Atem an, doch

Weitere Kostenlose Bücher