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Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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Vorfahrt und nerven uns auch noch mit demonstrativer körperlicher Fitness, vor allem wenn sie über vierzig sind und sich daran aufgeilen, wie gesund sie leben. Denen wünscht Stefan manchmal, dass sie eines Morgens mit dreiundfünfzig, drahtig und durchtrainiert, an einer Nuss in ihrem Müsli ersticken. Dreiundfünfzig, ausgerechnet, das hat natürlich was Verbittertes, schließlich ist auch sein Vater nur dreiundfünfzig geworden, abernicht weil er an einer beschissenen Nuss erstickt wäre, sondern weil er sich totgearbeitet hat, und was die Arbeit nicht geschafft hat, das haben die Ärzte übernommen, aber wenn Stefan sich auf diesen gedanklichen Pfad begibt, wird das nicht lustig, und deshalb muss er jetzt ganz dringend abbiegen.
    »Na ja, vielleicht sehe ich Karin ja noch«, sagt er.
    »Ja, vielleicht«, sagt Frank Tenholt und grinst.
    Ja, ja, der grinst sich eins, denkt Stefan. Der weiß, was er für eine Frau hat und wie andere sie finden, der ist ja nicht naiv, der wirkt nur manchmal so. Frank Tenholt hatte immer Freundinnen, die man ihm nicht zutraute. Die Stille-Wasser-Masche.
    »Zieht euch bitte eure Fußballschuhe an!«, ruft der jetzt seinen Kindern zu, geht in die Küche und füllt Leitungswasser in zwei Blechflaschen mit Bügelverschluss.
    Die Jungs rutschen von der Schaukel, kommen ins Haus und laufen durch die Küche in den Vorraum.
    Frank Tenholt steckt die beiden Trinkflaschen in einen bunten Rucksack. Aus dem Küchenschrank nimmt er eine Tupperdose und befüllt sie mit Russisch Brot und einer Banane, die er in zwei Hälften schneidet.
    »Wir sind fertig!«, brüllen die Kinder viel zu laut aus dem Vorraum herüber.
    »Moment noch!«, ruft Frank Tenholt zurück. »Wir trinken noch unseren Kaffee aus.«
    »Wir gehen schon mal raus!«
    »Die würden auch nachts noch kicken«, sagt Frank Tenholt. »Das Schöne ist, dass ich dadurch auch wieder öfter ins Stadion gehe. Die Kinder sind ganz erpicht darauf.«
    Stefan muss grinsen.
    »Was ist?«

    »Erpicht. Gespons. Du warst immer der Einzige, der solche Wörter benutzt hat.«
    »Einer muss den Job machen.«
    Sie trinken ihren Kaffee aus, Stefan stellt die Tassen in die Spülmaschine, und Frank Tenholt schließt die Terrassentür. Die Kinder warten ungeduldig am Straßenrand. Frank Tenholt nimmt den Großen an die Hand, und der Kleine greift ganz selbstverständlich nach Stefans Rechter. Das ist ein merkwürdiges Gefühl. Er hat noch nicht oft Kinder an der Hand gehabt, schließlich bedrängt einen dann meistens die Frage, ob man selbst welche will. Wieder so ein Thema, dem er ausweicht, wenn Anka darauf kommt.
    Sie überqueren die Straße, erklimmen gleich die Böschung hinauf in den Park und wenden sich nach links, zum Milchhäuschen. Auf der Wiese daneben lungern schon einige Kinder herum, in unterschiedlichen Fußballtrikots und T-Shirts.
    Am Rande der Wiese stehen zwei Väter, der eine hochgewachsen, dunkelblond und in Shorts sowie einem New-York-Yankees-Shirt, der andere etwas kleiner, in Jeans und einem roten kurzärmeligen Hemd, mit etwas schütterem Haar und hoher Stirn. Frank Tenholt stellt Stefan als einen alten Freund vor, der übers Wochenende zu Besuch sei, verzichtet aber auf jeden Hinweis, Stefans Beruf betreffend, sodass die beiden ihn nicht fragen können, ob man ihn kennen müsse. Die Männer begrüßen ihn freundlich, geben ihm die Hand, und der eine, der einen Ball unter dem Arm trägt, geht zu den Kindern und fordert sie auf, Mannschaften zu bilden. Der ältere der beiden Tenholt-Söhne und ein Junge in einem Schalke-Trikot stellen sich zwei, drei Meter voneinander entfernt auf und machen Piss-Pott, und Stefan will es schier nicht glauben,dass auch heute noch per Piss-Pott ermittelt wird, wer den ersten und vermeintlich besten Spieler auswählen darf. Die Jungs gehen aufeinander zu, indem sie immer die Hacke des einen Fußes an die Spitze des anderen ansetzen, und der, dessen Fuß am Ende gerade noch in die Lücke passt, darf den ersten Spieler auswählen.
    Die beiden Tenholt-Kinder sind in einer Mannschaft. Der Kleine stellt sich in eines der beiden Tore, die mit roten Hütchen markiert sind, beugt ein wenig die Knie und nimmt Körperspannung auf, obwohl das Spiel noch gar nicht begonnen hat, und sein Stolz, mit echten Handschuhen die herausgehobene Position des Torhüters einzunehmen, ist ihm deutlich anzusehen.
    Der hochgewachsene Vater in Shorts gibt noch ein paar Anweisungen. »Also, Leute«, sagt er, »wenn der Ball von der

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