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Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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Bettzeug aus dem Kasten unter der Sitz-/Liegefläche. Sie zogen sich bis auf T-Shirt und Unterhose aus und lagen dann beieinander, Löffelchenstellung, Charlie hinter Stefan, was Letzterem ganz recht war, denn mit zwanzig ist man vielleicht zu müde, nach Hause zu laufen, aber nicht zu müde, eine Erektion zu kriegen. Eigentlich hätte es da schon passieren müssen, dann wäre auch die Erinnerung daran nicht mit einem scheußlichen Korkenzieher verbunden, aber sie rissen sich zusammen und schliefen ein. Mittags wachten sie auf und hatten einen Kater, nicht schlimm, aber schlimm genug, um nicht auf dumme Gedanken zu kommen.
    Weil es jetzt blöd aussehen würde, sich in den alten Kunstledersessel, der zirka im Hundertzehn-Grad-Winkel dazu steht, zu hocken, setzt Stefan sich auch aufs Sofa und muss vor sich selbst zugeben, dass er natürlich gehofft hat, sie würden hier landen.
    »Ich wette, du hast keine Ahnung, was ich von dir will«, sagt Charlie, und da könnte sie recht haben. Stefan geht mal davon aus, dass sie sich hier nicht herumwälzen und keuchen wird: »Make me feel good!«, wie Halle Berry in Monster’s Ball, aber Stefan hat auch nicht bei der Exekution ihres Mannes geholfen, von daher hinkt der Vergleich sowieso. Jetzt hör aber mal auf, Scherze zu denken, ermahnt er sich, das hier fühlt sich an wie eine recht ernste Situation, verhalte dich mal deinem Alter entsprechend und konzentriere dich, selbst wenn es dir schwerfällt, so müde wie du bist.
    »Ich finde, da hängt die ganze Zeit schon etwas Unausgesprochenes zwischen uns, und das kann ich nicht ertragen«, sagt Charlie. Klar, so was konnte sie nie ertragen. Mit aktiver Aggression konnte Charlie umgehen, aber Leute, die, anstatt mal zu sagen, was Sache ist, wochenlang ein langes Gesicht machen, treiben sie in die Verzweiflung, bis sie es nicht mehr aushält und den Dingen auf den Grund geht, auch wenn es wehtut und es am Ende bedeutet, dass sie als die Verantwortliche für Zerwürfnis und Zwietracht dasteht, aber das ist ihr immer noch lieber als unklare Verhältnisse. Charlotte Abromeit, die Frau, bei der man weiß, woran man ist. Es gibt nichts Besseres im Leben, nein, wirklich nicht.
    »Ich sag dir jetzt mal, wie ich das sehe«, sagt sie. »Du hast dich damals aus dem Staub gemacht, als es gerade interessant wurde, und jetzt sitzt du hier mit einem schlechten Gewissen und weißt nicht, wie du mich ansehen sollst. Manchmal ziehst du mich mit den Augen aus, dann habe ich das Gefühl, du gehst mir aus dem Weg oder du willst dich an meiner Schulter ausweinen wegen irgendwas, was dich die ganze Zeit bedrückt, und damit komme ich nicht klar, weil es in mir ja nun mal auch ein bisschen unordentlich ist, wenn ich dich sehe, und ich dachte, da sollten wir mal drüber reden.«
    »Äh«, macht Stefan, als müsse er nachdenken, »ich kann mich nur an die Blicke erinnern, mit denen ich dich ausziehen wollte.«
    »Eins nach dem anderen, Junge!«
    »Wollen Sie mich verführen, Mrs Robinson?«
    »Bin ich doppelt so alt wie du?«
    »Dann wäre das hier Harold und Maude.«
    Charlie lehnt sich zurück und trinkt von ihrem Tee. Sie denkt nach, das kann man sehen, und Stefan wird mal wieder klar, dass nichts in seinem Leben sich richtiger anfühlt, als mit ihr in einem Raum zu sein. Meine Güte, wie kann er nur immer wieder so viel Energie darauf verwenden, das zu leugnen?
    »Und du willst wirklich das Haus verkaufen?«, wechseltCharlie jetzt das Thema. Aber eigentlich auch wieder nicht, denkt Stefan.
    »Was soll ich sonst damit machen?«
    »Drin wohnen zum Beispiel.«
    »Was soll ich denn hier?«
    »Was sollst du woanders?«
    »Ich muss am Montagmorgen in München sein, da habe ich ein Casting für eine Fernsehserie.«
    »Ich denke, du bist am Theater?«
    »Die haben mir den Vertrag nicht verlängert.«
    »Und was ist das für eine Fernsehserie?«
    »Keine Ahnung.«
    »Hört sich interessant an.«
    »Mach dich nicht über mich lustig! Ich habe ein Leben da unten!«
    »Was denn? Frau und Kind und Hund und Eigenheim, oder was?«
    »Du hast doch keine Ahnung!«
    »Aber ich habe einen Plan.«
    »Schön für dich.«
    »Willst du ihn hören?«
    »Spielt das eine Rolle?«
    »Nein. Haus Rabe steht leer. Oppa Willy lebt in Norddeutschland, an der See, wegen seiner Bronchien, das hast du ja noch mitgekriegt, und die Pächter, die nach ihm den Laden geführt haben, sind alle gescheitert. Zum Glück haben sie fast alles beim Alten gelassen. Es ist ein bisschen

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