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Sommerflimmern (German Edition)

Sommerflimmern (German Edition)

Titel: Sommerflimmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Krämer , Sophie Berger
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ich inne.
    »Darf ich mal die sehen, die du gerade aussortiert hast?«
    »Äh, klar!«
    Und so verlasse ich das Haus mit einem knallroten Lackledergürtel in der Jeans und einer dazu passenden rot umrahmten Sonnenbrille. Und fühle mich irgendwie … ziemlich lässig.
    Kurz darauf sitzen wir in einem Straßencafé auf der Oderberger und ich werde immer besser darin, zusammen mit Anna über die Leute zu lästern, die wir dabei sehen. Ich bin für Stilkritik zuständig, Anna für den psychoanalytischen Hintergrund.
    »Sieh mal, die da vorne.«
    Anna schaut sich um.
    »Welche?«
    »Na, die mit dem T-Shirt, auf dem ein komischer Typ den Stinkefinger zeigt … Ist das ihr Vater, kurz bevor er in den Knast kommt oder was soll das? Und dann diese Schuhe, die –«
    »Charlotte, das ist Johnny Cash!«
    »Wo?«
    »Na, der Typ auf dem T-Shirt. Und nur mal so am Rande, Johnny Cash ist tot.«
    »Das ist Johnny Cash? Wie peinlich … sorry, Johnny!Trotzdem: Ich verstehe das Motiv nicht so ganz. Was sagen Sie dazu, Frau Psychoanalytikerin?«
    Ich halte Anna ein imaginäres Mikro unter das Gesicht.
    »Das Motiv, liebe Frau Ton-in-Ton, das Motiv erfasst auf schlichte und einfache Art die durchaus nachvollziehbare Aussage ›Ihr könnt mich alle mal‹. Aber du hast recht, die Schuhe gehen gar nicht. Guck mal, wie verkrampft die daherstöckelt, noch drei Meter und sie kippt um, wetten!? Oh, Moment, eine SMS …«
    Anna wühlt in ihrer Tasche herum, bis sie endlich ihr Handy findet. Sie liest die Nachricht, während ich mir weiter die Leute anschaue und mich frage, warum so viele Typen nicht merken, dass sie erst mal ordentlich Nahrung zu sich nehmen sollten, bevor sie sich wieder für eine skinny Jeans entscheiden.
    »Charlie, ist für dich.«
    Anna reicht mir ihr Handy herüber.
    »Für mich?«
    Magenkrampf Nr. 147.
    Liebe Anna, kannst du Charlotte von mir ausrichten, dass ich mich über einen Anruf sehr freuen würde? Bitte. Alexander.
    »O nein, Anna. Ich habe … ich habe Alexander ganz vergessen. Ich muss ihn sofort anrufen! Darf ich?«
    »Klar.«
    Alexander ist sofort dran.
    »Anna?«
    »Nein, ich bin’s.«
    »Charlotte«, seufzt er. »Wie geht es dir?«
    »Wie es mir geht?«, das ist typisch Alexander, denke ich. »Mir geht es okay, aber wie geht es dir? «
    »Mir geht es auch … okay, mach dir keine Sorgen.«
    »Alexander, ich, ich weiß nicht, wie ich …«
    »Charlotte, du musst nichts erklären. Es ist alles meine Schuld. Ich hätte vorher mit dir reden sollen, aber ich dachte, ich dachte, es sei romantischer so und ich, ich –«
    Er bricht ab und ich kann ein Rascheln hören, dann ein tiefes Luftholen, gefolgt von einem bleischweren Seufzer.
    Ich habe die Nase voll von den Seufzern, die ich gerade immerzu auslöse, schießt es mir durch den Kopf. Ich zucke zusammen. Wie kann ich nur so gemein sein?
    Plötzlich steht ein Kellner an unserem Tisch. »Darf es für euch noch was sein?«
    Anna weist mit der Hand auf unsere leeren Kaffeegläser und gibt ihm zu verstehen, dass er uns neuen Latte bringen soll.
    »Sag mal, wo bist du überhaupt?«
    »Wir sind in einem Café«, sage ich kleinlaut und spiele mit einer Hand an dem Ende des roten Gürtels herum.
    »Okay, hör zu. Es tut mir leid. Alles tut mir so leid. Und ich bin wirklich froh, dass es dir so weit gut geht. Charlotte – ich muss dich sehen.«
    »Ich weiß, Alex, ich weiß, und ich will dich ja auch sehen. Aber weißt du, im Moment, also, wie soll ich sagen, ich bin einfach … ich glaube, ich brauche einfach ein wenig Zeit. Der ganze Abistress und so weiter. Ich glaube, das war alles ein bisschen viel. Wahrscheinlich hat Papa dir das schon gesagt, ich bleibe erst mal bei Anna. Ich brauche ein wenig Zeit und Ruhe, um wieder zu mir zu kommen. Verstehst du das? … Es tut mir leid.«
    »Natürlich verstehe ich das, Lottchen. Lass dir Zeit. Sag mir einfach nur, dass sich zwischen uns nichts ändert. Dass du mich – noch liebst.«
    »Ich … ja, ich meine, ja, das tue ich. Ich melde mich bei dir. Okay, Alle … äh … Alex?«
    Wieder ein tiefes Seufzen am anderen Ende der Verbindung. Ich weiß beim besten Willen nicht warum, aber unwillkürlich kommt mir Johnny Cash in den Sinn. Wie unpassend.
    »Okay, bis bald … bis ganz bald.«
    Als ich Anna das Handy zurückgebe, grinst sie so schief, als hätte sie gerade in eine Zitrone gebissen.
    »›Alle … äh … Alex‹? Autsch.«

    Z urück bei Anna, kommt uns im Treppenhaus eine Nachbarin

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