Sommerglück
wurde durch diese wunderbare Dreingabe noch gestärkt. Man musste sie nicht teilen, sondern erlebte sie noch intensiver – zielgerichteter.«
»Ja.« Bay war erpicht darauf, mehr zu hören, weil Dan ihr aus der Seele sprach; er zog auch eine Bilanz ihres Lebens.
»Für dich muss das Band noch fester geworden sein. Denn nach Annie kamen ja noch zwei weitere Kinder zur Welt.«
Bay nickte; der Druck in ihrer Brust begann nachzulassen, und sie trank abermals einen Schluck Bier. »Sean wollte unbedingt einen Sohn. Mehr als alles auf der Welt. Ich habe es Annie nie gesagt, aber der Wunsch bestand schon beim ersten Kind. War das bei dir auch so?«
Dan schüttelte den Kopf. »Ich wollte Eliza. Nur Eliza. Was immer sie geworden wäre, Junge oder Mädchen, ich hätte mich gefreut.«
»Genau das sagte mein Dad auch immer. Meine Mutter erzählte mir, dass er immer wütend wurde, wenn man ihn fragte, ob er sich einen Sohn wünschte. Aber Sean …«
»Ja?«
»Sean war glücklich, als Annie zur Welt kam, aber noch glücklicher, als Billy geboren wurde. Jetzt war unsere Familie komplett – ein Mädchen und ein Junge. Er wollte keine weiteren Kinder.«
»Aber dann kam Pegeen.«
Bay nickte. Sie beugte ihre Finger. Sie waren so kalt gewesen, aber nun tauten sie langsam auf. »Ja, Pegeen war unterwegs und …«
Dan wartete.
Bay brachte es nicht übers Herz, zu erzählen, dass Sean sich mit aller Macht gegen ein drittes Kind gesträubt hatte. Die Schwangerschaft war Ursache vieler Streitigkeiten gewesen, der Wendepunkt in ihrer ohnehin brüchigen Beziehung, die Minute, in der sie buchstäblich nicht mehr zu kitten gewesen war.
»Sean war immer sehr figurbewusst gewesen – was mich betraf, wie nett von ihm! Er meinte, die dritte Schwangerschaft sei … unverantwortlich. Sie könnte ›meiner Gesundheit schaden‹.«
»Und?«
Bay lachte. »Nichts dergleichen. Nach Annie hatte ich problemlos abgenommen, aber nach Billy fiel es mir nicht so leicht. Weißt du, zwei Kinder und Sean, der Karriere zu machen begann, den ganzen Tag in der Bank eingespannt – nun, es war viel schwerer, Zeit für mich zu erübrigen, um schwimmen oder laufen zu gehen. Und während meiner Schwangerschaft mit Pegeen legte ich noch mehr zu als bei den beiden anderen. Hat Charlie auch so zugenommen, als sie mit Eliza schwanger war?«
»Dreißig Kilo, schätze ich. Ich musste ihr ständig Eiscreme besorgen. Walnusseis.«
»Nach dem ersten Kind nimmt man schneller ab«, sagte Bay und dachte daran, wie sich die Situation nach Pegeens Geburt zugespitzt hatte. Sean hatte ihr das Gefühl vermittelt, dick und hässlich zu sein, schlief nicht mehr mit ihr. »Aber ich habe mir Mühe gegeben, wieder auf mein altes Gewicht zu kommen.«
»Was spielt das für eine Rolle? Es ist doch nur zum Besten des Babys. Die Pfunde verschwinden irgendwann von alleine. Das Wichtigste ist doch, dass man eine Familie hat.«
Bay nickte. Sie trank ihr Bier aus, als das Banjo »When the Saints Come Marching in« zu spielen begann. Die Klänge waren laut und kraftvoll, und alle Gäste sangen mit, Dan und Bay ausgenommen. Sie hätte gerne eingestimmt, aber die Erinnerung an das schreckliche Jahr nach Pegeens Geburt ließ sie nicht los.
»Pegeen, ein hübscher Name«, sagte Dan.
Bay nickte lächelnd. »Ich habe im College die Pegeen in
Playboy of the Western World
gespielt. Ein wunderbares Stück. Kennst du es?«
Dan nickte. »Synge. Als ich in Irland war, auf der Suche nach meinen Wurzeln, habe ich mir die Aran Isles angeschaut.«
»Ich erinnere mich.« Bay war überglücklich gewesen, als er ihr von dort geschrieben hatte.
»Direkt nach meinem Sommer in Hubbard’s Point«, fuhr er fort. »Ich beschloss, mir ein halbes Jahr Auszeit zu gönnen, vor meinem so genannten Eintritt ins Leben. Warst du mal dort?«
»Nein. Das war immer mein Traum.«
»Warum hast du deine Tochter nach dieser Figur benannt? Der Name ist hübsch, aber warum nicht Margaret oder Maggie oder irgendein anderer Allerweltsname?«
Bay antwortete nicht. Die Musik wurde lauter, beschwingter, urwüchsiger. Die Bedienung brachte das Essen, und Dan bestellte zwei weitere Bier. Die Burger waren innen noch blutig und schmeckten köstlich, und da die Musik so laut war, aß Bay schweigend und versuchte gar nicht erst, die Unterhaltung fortzusetzen. Dan erging es genauso. Es reichte aus, an einem Tisch zu sitzen, beieinander zu sein.
Als einem der Banjospieler eine Saite riss und er sie ersetzen musste,
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