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Sommerkussverkauf

Sommerkussverkauf

Titel: Sommerkussverkauf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jill Mansell
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ich
definitiv
einen Drink.«
    Kerr sah seinen Bruder an. Den stand am Fenster, Tränen liefen Den über die Wangen.
    »Sag mir, was passiert ist«, bat Kerr leise, aber Den war unfähig, etwas zu sagen. Er zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf.
    »Wir waren auf Evelyn Pargeters Besäufnis.« Paulines Stimme klang monoton. »Ich hatte ein paar Drinks, fühlte mich aber nüchtern. Als wir die Party verließen, sagte ich zu Den, dass ich durchaus noch fahren könne. Wir kamen nach Ashcombe, und ich fuhr zu schnell um die Kurve, überfuhr das Mädchen – tja, das war’s. Wir konnten nichts mehr für sie tun. Sie war tot. Dann wurde mir klar, was
mir
das antun würde. Ich war Friedensrichterin, das dürft ihr nicht vergessen. Eine Säule der Gemeinde. Ich wusste, ich würde den Alkoholtest nicht bestehen. Ich konnte es nicht ertragen, konnte es einfach nicht ertragen.« Ihr brach die Stimme, erschüttert angesichts der Erinnerung. »Aber Den hatte nichts getrunken, und ich dachte, für ihn würde es nicht so schlimm sein. Er war erst siebzehn und er könnte so viel leichter mit der Strafe leben. Ich stand nach dem Unfall unter Schock. Und das war es dann«, flüsterte Pauline. »Den liebte mich. Wir standen uns immer sehr nahe. Ich wusste, er würde es verstehen. Ich bat ihn auszusagen, dass er gefahren sei. Und das tat er. Es war unser Geheimnis. Ich war nicht stolz auf mich, aber ich konnte den Gedanken nicht ertragen, ins Gefängnis zu müssen. Wegen Alkohol am Steuer ein sechzehnjähriges Mädchen getötet zu haben. Ich dachte, für Den sei es einfacher. Es tut mir leid.« Sie schloss resigniert die Augen. »Ich habe mich geirrt, das weiß ich jetzt. Ich wusste es damals schon, aber ich konnte nicht anders. Und seitdem habe ich mich selbst bestraft. Ich hätte ebenso gut die Schuld auf mich nehmen und mich auf der Stelle töten können. Alles wäre besser gewesen als diese letzten elf Jahre, das kann ich euch versichern. Ihr seht also, ich bin froh, dass ich sterben werde. Ehrlich gesagt kann ich es kaum erwarten.«
    Kerr hatte Mühe, das alles zu begreifen. Er konnte kaum fassen, was er da hörte.
    »Warum hast du mir nie etwas gesagt?«
    »Es war unser Geheimnis, das von Den und mir.« Pauline schüttelte den Kopf. »Du hättest niemals zugelassen, dass Den ins Gefängnis geht.«
    Das stimmte allerdings. Mein Gott, was musste Den durchgemacht haben, nur um seine Mutter zu schützen? Kein Wunder, dass er nach Australien verschwunden war.
    »Ich habe mich geirrt«, platzte es aus Pauline heraus. »Ich hätte das niemals tun sollen. Ich werde bei der Polizei eine Aussage machen.«
    »Du musst bald sterben«, meinte Den schonungslos. »Was sollte das noch bringen?«
    Seine Mutter sah ihn an. »Es würde deinen Namen reinwaschen.«
    »Würde es die Uhr zurückdrehen und mir die Gefängniszeit ersparen? Ansonsten sehe ich darin keinen Sinn.«
    »Ich kann dir nichts mehr ersparen.« Tränen strömten jetzt über Paulines Gesicht. »Ich musste dich einfach nur wiedersehen, dich wissen lassen, wie furchtbar leid es mir tut. Ich habe dich immer so sehr geliebt. Ich nehme nicht an, dass du mich noch liebst, aber ich danke dir, dass du zurückgekommen bist. Das bedeutet mir mehr, als du je ahnen wirst.«
     
    Es war drei Uhr morgens. Im Wohnzimmer von Hillview öffnete Kerr zwei eiskalte Flaschen Beck’s und reichte eine an Den.
    »Ich habe das Gefühl, als sei ein tonnenschweres Gewicht von mir genommen worden«, sagte Den zum fünfzehnten Mal in dieser Nacht. Er schüttelte verwundert den Kopf, streckte sich auf dem Sofa aus und kreuzte die Beine. »Du hast ja keine Ahnung, wie es sich anfühlt, dass endlich jemand anderes Bescheid weiß. Dass du es endlich weißt. Wenn jemand mich gestern gefragt hätte, ob ich meiner Mutter vergeben kann, was sie mir angetan hat, dann hätte ich gesagt, niemals, nicht in einer Million Jahre. Aber jetzt … ich weiß nicht, ich kann es mir jetzt beinahe vorstellen. Weil sie stirbt, und genau das will sie ja auch, nicht wahr? Vergebung.«
    »Vermutlich.« Kerr war überwältigt von der Veränderung, die sich binnen weniger Stunden in seinem Bruder vollzogen hatte. Er konnte den Blick nicht von Den abwenden, dessen Augen jetzt strahlten. Sein ganzer Körper schien lebendiger. »Du hättest es mir sagen sollen. Ich kann nicht glauben, dass du es mir nach dem Unfall nicht gleich gesagt hast.«
    »Nach dem Unfall stand ich unter Schock«, meinte Den. »Es schien alles nicht real.

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