Sommerlicht Bd. 4 Zwischen Schatten und Licht
Sterblichen, der bisher nicht in den Streit involviert gewesen war, eine feine Schnittwunde zu. Auch wenn es keine schwere Verletzung war, waren ihre krallenbewehrten Finger voller Blut. Weder ihre Anwesenheit noch dieser Streit waren Zufall. Devlin war sich noch nicht ganz schlüssig, was sie vorhatte, aber dass sie etwas im Schilde führte, war klar. Ein Krieg mochte in einem Anfall von Wahnsinn begonnen werden, aber ihn weiter aufzuheizen, erforderte Kalkül – und Bananach war die Personifizierung des Krieges.
Ihre periodisch wiederkehrenden Anfälle von Wahnsinn wurden seltener, je mächtiger sie wurde. Und wie stark sie schon war, konnte man an ihren Schattenflügeln ablesen – die inzwischen gar keine Schatten mehr waren. Sie waren vielmehr klar zu erkennen. Bananach zog aus den sich zuspitzenden Konflikten und dem wachsenden Misstrauen zwischen den Höfen neue Kraft. Diese Kraft gab ihr wiederum die Möglichkeit, die Konflikte weiter anzufachen. Es war ein Teufelskreis – einer, von dem er gar nicht wissen wollte, wohin er führen würde. Bananach hatte die Höfe selbst, einzelne Splittergruppen an den Höfen sowie ihre Schwester Sorcha so lange manipuliert, bis sie alle an der Schwelle zu einem Krieg standen. Seit Jahrhunderten beobachtete er sie nun schon bei ihren Machenschaften, aber diesmal, so fürchtete er, würde es eine größere Anzahl an Opfern geben, als er problemlos billigen konnte. Als sie das letzte Mal so effektiv gewesen war, hatte die inzwischen tote Winterkönigin Beira den letzten Sommerkönig Miach umgebracht. Miach war das Gegenstück zu Beira gewesen, außerdem ihr Liebhaber und der Vater ihres Kindes. Die Folgen seines Todes hatten das Gleichgewicht zwischen den Höfen über neun Jahrhunderte hinweg empfindlich gestört.
Devlin rückte seiner Schwester einen Stuhl zurecht. Sobald sie Platz genommen hatte, zog er einen weiteren Stuhl heran und setzte sich neben sie. »Suchst du Streit?«
»Nicht mit dir, mein Lieber.« Sie tätschelte geistesabwesend seine Hand, während sie die sich schlagenden Sterblichen beobachtete. »Wenn der Hof der Finsternis sich von Elfen-Emotionen und denen Sterblicher ernähren könnte … würde das einiges ändern , nicht wahr? Stell dir vor, ich könnte es möglich machen.«
»Das können sie aber nicht. Und du auch nicht«, stellte Devlin klar. In Zeiten der Zwietracht ging es dem Hof der Finsternis zwar ohnehin sehr gut, aber der Zugang zu den Scharen der sie umgebenden Sterblichen und ihren Emotionen war den Dunkelelfen verwehrt.
»Mag sein.« Sie zog mit einem ihrer krallenartigen Finger eine gezackte Linie über ihren Unterarm. »Vielleicht brauche ich aber auch nur die richtige Opfergabe.« Sie streckte den Arm aus und drehte ihn um, so dass das Blut in sein Glas tropfte. »Blut macht Elfen stärker. Sie vergisst das und tut so, als wäre sie nicht wie wir.«
Devlin legte seine Hand um das Glas, in dem sich nun Wein und Blut vermischten. »Sorcha ist nicht wie du – und du«, Devlin hob sein Glas und prostete ihr zu, »bist nicht wie sie.«
Die Kriegselfe stach auf einen vorbeikommenden Sterblichen ein. »Wir sind alle gleich – Elfen, Sterbliche und andere Kreaturen.« Sie stand auf und stach ein zweites Mal zu. »Wir kämpfen. Wir bluten.« Sie sah durch den Raum zu jemandem hin und lächelte. »Und manche von uns werden sterben.« Der Sterbliche presste eine Hand in seine Seite, doch er konnte den Blutfluss nicht stoppen. »Komm bald mal zum Essen vorbei, mein Lieber.« Bananach beugte sich vor und legte ihre blutverschmierte Hand an Devlins Wange. Dann richtete sie sich wieder auf. »Hallo, mein hübsches Lamm.«
Seth kam auf sie zu. Er blickte Bananach wütend an. »Raus hier, sofort !«
Devlin trat vor ihn und blockierte ihm den Weg zu Bananach. Er zeigte auf den Sterblichen am Boden. »Der da ist verletzt.«
Seth reckte die Faust hoch. »Ihretwegen.«
»Du kannst ihm entweder helfen oder eine Diskussion mit dem Krieg anfangen«, sagte Devlin. »Beides auf einmal geht nicht.«
Seth machte ein finsteres Gesicht. »Und du tust weder das eine noch das andere.«
»Das ist nicht meine Aufgabe.« Einen unerwarteten Moment lang war Devlin sich nicht sicher, ob dieser manchmal sterbliche, manchmal zu den Elfen gehörende junge Mann den Kampf mit Bananach aufnehmen oder den Verletzten retten würde. Er hoffte, dass er an diesem Abend nicht versuchen musste, Seth aus Bananachs Klauen zu befreien.
Denkt er so logisch, dass er
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