Sommerlicht Bd. 4 Zwischen Schatten und Licht
emotionslosen Tonfall vernahm. »Bin auf dem Weg.«
»Mit Devlin?«, fragte Irial.
»Ja.« Sie sah zu Devlin. »Er ist hier. Möchtest du mit ihm reden?«
»Noch nicht«, antwortete Irial. »Bleib mit ihm zusammen, bis du hier bist. Versprich mir das.«
»Was ist los? Iri?« Ani spürte, dass ihre Hände zu schwitzen begannen. »Rede mit mir.«
»Das werde ich. Ich warte hier auf dich … im Tattoostudio.« Sein Ton war sanft, doch definitiv weniger geschmeidig als sonst. »Komm nach Hause, Ani.«
»Ist alles in Ordnung? Wo sind Tish und Rabbit? Sind sie bei dir?«
Irial zögerte einen Augenblick zu lang, bevor er antwortete: »Rabbit ist hier, und Tish ist in meinem Haus.«
Sie legte auf und rief ihrem Ross zu: Ich muss schneller sein, Barry. Geht das?
Vielleicht ein bisschen . Barry hatte bereits fast die gesamte zurückgelegte Strecke bewältigt, doch mit zwei Insassen Höchstgeschwindigkeit zu erreichen, war nicht so leicht.
Nichts auf dieser Welt ist so schnell wie du, sagte sie zu dem Ross.
In dieser Welt und im Elfenreich, Ani , korrigierte Barry. Dort wäre ich noch schneller .
Wenn ich da hinfahre …
Wenn wir da hinfahren, unterbrach Barry sie. Ich bin dein Ross, Ani. Wir werden immer zusammen sein … selbst wenn das bedeutet, dass ich ihn in Kauf nehmen muss .
Nachdem Barrys Stimme in ihrem Kopf verklungen war, konnte Ani nichts mehr tun, als die Stille durch Musik oder ein Gespräch zu durchbrechen. Laute Musik erschien ihr untypischerweise überhaupt nicht angebracht, und zu reden fühlte sich irgendwie sinnlos an. Alles kam ihr unbedeutend vor.
Devlin griff wieder nach ihrer Hand, und so saßen sie mehrere Stunden schweigend im Wagen.
Irgendwann schlief sie ein.
Das Nächste, was sie Devlin sagen hörte, war: »Wach auf, Ani.«
Gute Idee, bestätigte Barry. Wir sind da .
Sie blinzelte und versuchte, sich auf die Straße vor ihnen zu konzentrieren. Jetzt, wo sie innerhalb der Stadtgrenzen waren, hatte Barry auf ein normales Fahrtempo verlangsamt und wieder seine übliche Barracuda-Gestalt angenommen.
Ich bin erschöpft, Ani.
»Dann ruh dich aus«, murmelte sie und strich sanft über das Armaturenbrett. »Niemand hat ein besseres Ross.«
»Ganz deiner Meinung«, sagte Devlin.
Sie hielten hinter dem Laden. Noch bevor der Motor ausgegangen war, stand Irial an ihrer Tür. Er öffnete sie und nahm ihre Hand. »Komm ins Haus.«
Ani ließ, immer noch etwas verschlafen, zu, dass Irial sie dicht an sich zog. Es fühlte sich seltsam an, jemandem so nah zu sein, der nicht Devlin war.
»Was ist los?«, fragte sie.
»Zuerst gehen wir rein.« Irial sah zu Devlin, der sofort an ihre andere Seite geeilt war.
Ani betrat das Studio. »Du machst mir Angst.«
Alle Lichter waren aus und das GESCHLOSSEN-Schild hing im Fenster. Durch die Scheibe konnte Ani sehen, dass an beiden Enden des Blocks mehrere Hundselfen Wache standen. Devlin kam ebenfalls ins Studio, blieb aber zwischen ihr und der Tür stehen. So musste jeder, dem es gelang, an den Hundselfen draußen vorbeizukommen, erst ihn überwältigen, um an sie heranzukommen. Vor lauter Nervosität erhob sie keinerlei Einwände dagegen, beschützt zu werden, anstatt an seiner Seite zu sein. Er blickte sie kurz an, richtete seine Aufmerksamkeit dann aber wieder auf die Straße, um sie ebenso wie den Laden nach möglichen lauernden Gefahren abzusuchen.
»Iri?«, fragte sie.
»Setz dich.« Irial zog ihr einen Stuhl heran. »Hier können wir reden. Rabbit schläft endlich.«
»Rabbit schläft ?« Sie blickte sich um, lauschte auf die durchdringende Stille im Studio – und bekam es mit der Angst zu tun. »Wo ist Tish? Warum ist sie in deinem Haus?«
»Tut mir leid.« Irial umfasste ruhig ihren Arm, hielt sie und wollte sie zum Stuhl führen.
»Was ist hier los?« Sie riss sich los. »Sind sie verletzt? Wer ist …«
»Es tut mir leid. Ich dachte, sie wären in Sicherheit; ich dachte, sie …« Irial hatte Tränen in den Augen.
Ani wurde panisch. »Bring mich zu Tish!« Sie suchte Blickkontakt zu Devlin und er kam ein Stück näher.
»Ani …«, begann Irial.
»Nein! Wo ist sie?« Sie ging zu der Tür, die vom Laden in den Wohnbereich ihres Zuhauses führte.
»Ani. Sie ist fort.« Irial zog ihre Hand von der Tür weg, indem er jeden Finger einzeln vom Türknauf löste. »Bananach hat Tish getötet. Tish ist t…«
»Nein!« Ani stieß ihn weg. »Sie ist … nein . Tish hat nichts getan. Sie hatte doch gar nichts mit Bananach zu tun.
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